Seit Eric Roger, seines Zeichens bekannt durch sein Mitwirken bei SOL INVICTUS, der Rezensentin vor vielen Jahren eine CD seines damals neuen Projektes in die Hand drückte und unschuldig nach einer Besprechung fragte, hängt derselbigen das GAË BOLG-Virus an. Will meinen, in der Art von „Und täglich grüßt das Murmeltier“ liegt in unregelmäßigen Zeitabständen eine neue GAË BOLG-Veröffentlichung auf dem Tisch und will angehört, bewertet und auf unbestimmte Zeit weggepackt werden. Denn, ehrlich gesagt, ist die Musik der Franzosen so eigensinnig, dass sie schon einer gewissen Stimmung bedarf – nichts für gereizte Nerven.
Den Spagat zwischen komödiantischen, satirischen Seitenhieben in Musik sowie Text und dem seriösen musikalischen Anspruch wissen die Franzosen von jeher perfekt zu bewältigen, ebenso, sich bei jedem neuen Tonträger selbst zu übertreffen. „La Nef Des Fous I“ ist nun das jüngste Kind aus dem Hause Eric Roger & Co – und vielleicht ist endlich die Zeit gekommen, um die Grenzen der subkulturellen Bekanntheit zu sprengen. Hat an diesem ersten Teil des „Narrenschiffes“ doch ein klassisches Symphonie-Orchester mit über hundert Musikern mitgewirkt, was dem Konzept von GAË BOLG mehr als gut getan hat. Endlich bekommen Bombastik, Dramatik, Hymnik und Dekadenz die Ummantelung, die sie verdient haben. Aufgenommen wurde das Album 2006 und 2008 live während zweier Konzerte in Paris, um daraufhin im Studio bearbeitet zu werden. Das Endergebnis der acht neuen und drei alten Stücke (welche für das Orchester umgearbeitet wurden) kann sich sehen lassen – dank des wiederkehrenden, hypnotischen Themas ist das Album durchwoben von einem roten Faden, der an Filmmusik erinnern lässt, fast kann man sich selbst eine Geschichte zu der Musik erzählen (soviel zu dem Prädikat „original-bombastic-psychiatric-psychedelic-cabaret-operativ-medieval“, welches das französische Label den Damen und Herren per Waschzettel verliehen hat…).
Eigentlich soll es hierbei aber um keine Filmmusik, sondern um eine Interpretation des Gemäldes „Das Narrenschiff“ von Hieronymus Bosch handeln, das sich der biblischen Todsünde der Maßlosigkeit oder auch Völlerei annimmt. Das zumeist instrumental gehaltene Werk soll desweiteren auch auf an einen Comic des Franzosen Turf zu dem Thema Narrenschiff basieren, hierzu ließ sich aber weiter nichts ermitteln. Für GAË BOLG-Fans ein Muss, für Klassik-Liebhaber sicher eine neue Erfahrung (die hoffentlich nicht hinter verschlossenen, gummibeschichteten Türen endet…), wird „La Nef Des Fous I“ sicherlich schon bald kleine, böse schielende Brüder und Schwestern bekommen, denn immerhin wird in Frankreich bereits an Teil II weitergearbeitet.
(F.S.)
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