Änderungen auf Detailebene; und ihre Folgen . „We Are Dust Under The Dying Sun“ ist Album #2 von 3SOA, der Follow-Up des überaus ätherischen “The Flight Of Song”, damals aufgenommen in der St. Theobaldus Kapelle in Gent, dort auch als Release Gig live vorgestellt und als CD und LP veröffentlicht, wobei beide Formate im Gegensatz zur üblichen Vorgehensweise keinerlei Überschneidungen hatten, sondern als ein zusammenhängendes Album zu begreifen waren. Trotz(?) der emotional berührenden Musik also ein stark konzeptuell durchdrungenes Auftreten, das von einem starken Willen zeugt, der Musik weitere starke Elemente zur Seite zu stellen.
Kein Wunder also, dass es auch beim 2. Streich ein derartiges Gerüst gibt; Aufmerksamkeit erzeugende Fixpunkte innerhalb des freien Fluss der Musik: Das fängt schon mit der vorab verteilten (und in Restexemplaren dann aber doch auch zu kaufenden) Promo-7“ an, die mit „Under The Dying Sun“ das (Semi-)Titelstück anbietet ohne dass dieses irgendwo sonst auf dem Album (gemeint ist in diesem Zusammenhang die LP + CD Kombi) auftauchen würde. Das wiederum zweigeteilte Album (3 Stücke auf CD, weitere 2 auf LP, bei identischem Coverartwork), das Cover Artwork (Carl Glover, Aleph Studio) mit seinem former Jazz Appeal plus den Linernotes von Tobias Fischer (Tokafi), das umsonst-Debüt-Konzert zur VÖ des Albums und, nicht zuletzt, das genaue Auswählen und Auflisten der benutzten Instrumente.
Und was, wenn es sie denn gibt, sind denn dann die Unterschiede? Martina Verhoevens Bassspiel hat ja schon auf dem Debüt dafür gesorgt, dass ein gleichermaßen konkretes wie irritierendes Element die Phalanx der Gitarren durchbricht und die Bodenhaftung erhöht (und gleichzeitig selbst in Frage stellt); in der Art der Umsetzung Unikat, mir fällt jedenfalls kein Projekt mit vergleichbaren Charakter ein. Und genau dieser Bass ist in der Abmischung nun noch ein Stück weiter nach vorn gerückt und verwirrt weiterhin mit seinem Paradoxon aus konkreten Sound und unvorhersehbaren Metrum; durch den Wechsel vom bundierten Modell zum Fretless-Bass in seiner Art der unbestimmten Bestimmtheit (oder besser: bestimmten Unbestimmtheit?) auch auf der Ebene des konkreten Tons und der Harmonie weitergeführt.
Ein weiterer Punkt: die Soundästhetik und Abmischung des ganzen. Durch den Wechsel von der hallenden und in diesem Sinne als Rough-Mixer wirkenden Kapelle in die (Heim-)Studiosituation bekommt das weiterhin weite Räume aufbauende Spiel der Gitarren von Dirk Serries und Paul van den Berg eine neue, subtil stärkere Konkretheit, die Trennung der Töne erscheint deutlicher, die Kanten der einzelnen Sounds geschärft. Im Endeffekt klingen die 6 Stücke der CD / LP / 7“ Kombination dadurch ebenso subtil härter (noch verstärkt und betont durch einen deutlicheren Crunch im Gitarrensound) ohne dafür in irgendeiner Form vordergründigere Mittel auspacken zu müssen; das Studio als (Sound-)Werkzeug, obwohl wieder alles live und ohne Overdubs aufgenommen wurde. Und diese neue Facette des 3SOA Sounds setzt sich dann auch live so fort, losgelöst von dem Raum in dem sie aufgenommen wurde.
Dunkler als das Debüt, irgendwie lauernder; das Gefühl, dass die Promo-7“ unwillkürlich und ad hoc vermitteln konnte durchzieht das ganze Album; fast ein Requiem nahezu unendlicher Dauer; passt da nicht auch der Titel hervorragend (wie es auch der des Debüts tat…)?
(N)
Format: 7"/LP/CD |
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