Zu Phillip Boa habe ich ein recht ambivalentes Verhältnis, was darauf zu führen ist, dass ich ihn zu DDR-Zeiten immer recht gern gehört habe und sein Konzert in der Werner Seelenbinder-Halle wenige Wochen vor dem Mauerfall einfach nur Kult war. Nach der sogenannten Wende gab mir seine Musik dann leider nicht mehr sehr viel und vielleicht lag es auch daran, dass sein „Wende“-Album „Hispaniola“ mehr als schwierig war. Danach jedoch auf der Indie-Disco immer für einen sicheren Hit („And Then She Kissed Her“ oder „Love On Sale“) noch gut, konnte er mich im Album-Kontext leider nie mehr so richtig überzeugen. Trotzdem blieb ich ein aufmerksamer Beobachter seiner Höhen bzw. Tiefen und insbesondere die letzten 3 Alben gefielen mir dann wieder recht gut. Ein Konzertbesuch anlässlich seiner 20jährigen Best Of-Tour geriet allerdings zum geschmäcklerischen Desaster meinerseits und alles war wieder mal offen. Nachdem vor einigen Jahren seine Major-Alben „Copperfield“ (1988), „Hair“ (1989) und „Hispanola“ (1990) wieder veröffentlicht wurden, sind jetzt seine kommerziell erfolgreichsten Werke „Helios“ (1991) und „Boaphenia“ (1993) an der Reihe. Jeweils im schicken Hochkant-Digipack, behutsam remastert und mit reichlich Bonus-Tracks versehen, erstrahlen die CDs im neuen Glanz und warten auf eine aktuelle Neuwertung. Überraschend dabei die Zeitlosigkeit der Songs und die Fülle von Details, welche mir damals irgendwie verborgen geblieben sind. Typisch für Phillip Boa ist diese ständige Gratwanderung zwischen Pop-Appeal und Sperrigkeit, welche gerade auf diesen beiden Alben bestens dokumentiert ist. Für mich persönlich sind jene jetzt gereift wie guter Wein und vielleicht geht es ja anderen auch so oder noch besser, jüngere Hörer werden auf den besten „halben Popstar“ aufmerksam, den Deutschland je hatte. Und sind wir doch mal ehrlich – es gibt nichts annähernd vergleichbares zu Phillip Boa und seinem Voodoo Club! Passend zu den Wiederveröffentlichungen läuft aktuell gerade eine Tour von Phillip Boa, auf der exklusiv nur Songs von den beiden Alben gespielt werden und die zum Teil schon ausverkauft waren bzw. sind. (Marco Fiebag)
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