Auf einer Fotografie aus dem Jahr 1967 steht der damals 19-jährige Bobby BeauSoleil auf den Stufen der Russian Embassy, einem viktorianischen Gebäude in San Francisco, in dem er als Untermieter des Filmemachers und Okkultisten Kenneth Anger wohnt. Bekleidet mit Mantel und Zylinder, seiner typischen, bohémienhaften Haight-Ashbury-Uniform, zu der nur noch seine Bouzouki sowie der geliebte Hund Snofox fehlen, schaut er voller Arroganz auf den Betrachter herab. An die Tür hinter ihm hat irgendwer Aleister Crowleys berühmtes Diktum „Do what thou wilt“ geschrieben, und BeauSoleil, seiner musikalischen Begabung sicher, weiß sehr genau, was er will: nämlich die Vision einer neuartigen Rockband als elektrischem Symphonieorchester verwirklichen.
Geboren wurde Robert Kenneth BeauSoleil am 06. November 1947 als ältestes von fünf Kindern in Santa Barbara, wo er in der Geborgenheit einer gutbürgerlichen, katholischen Familie aufwuchs. Erste Schritte im Reich der Musik unternahm BeauSoleil mit einer Kindertrommel, später baute er aus den verschiedensten Materialien eigene Schlaginstrumente. Eine mögliche Karriere als Percussionist verhinderte jedoch die Entdeckung einer Gitarre auf dem großmütterlichen Dachboden; und während seine Altersgenossen ihre Freizeit surfend an den Stränden von Santa Barbara verbrachten, gelte sich BeauSoleil die Haare, hörte Rockabilly, brachte sich selbst das Gitarrespielen bei und traf sich mit anderen Amateurmusikern in einer Musikalienhandlung zu gemeinsamen Jam-Sessions.
Bereits in jungen Jahren nutzte BeauSoleil jede Möglichkeit, um der häuslichen Enge zu entkommen. So richtete er sich in der elterlichen Garage einen kleinen Verschlag ein, der ihm eine gewisse Privatsphäre bot – musste er sich doch mit einem Bruder das Zimmer teilen. Später zog er für eine Weile zu seiner krebskranken Großmutter nach El Monte, wo er sich weiterhin der Musik widmete und eine internatsähnliche Knabenschule besuchte, die sich vor allem durch paramilitärischen Drill auszeichnete. Nach Santa Barbara zurückgekehrt, konnte sich BeauSoleil nie wieder richtig in das Leben der Surferstadt eingliedern. Kaum 16 Jahre alt, lebte er für einige Monate mit einer fast fünf Jahre älteren Frau zusammen und zog schließlich zu einem Cousin und dessen Familie nach Sunland. Frühreif wie er war, begann mit der Frau seines Cousins eine Affäre, die aber sehr bald aufflog. Um dem zu erwartenden Familienskandal zu entgehen, warf BeauSoleil ein paar persönliche Sachen in sein Auto, fuhr nach Los Angeles und tauchte ein in die sich gerade entwickelnde Jugendsubkultur. Dort verliebte er sich in ein Mädchen namens Bridget, die ihn in die dortige Szene einführte und mit Drogen in Berührung brachte, insbesondere mit dem damals noch exotischen LSD. Seinen ersten Trip beschrieb BeauSoleil später als eine augenöffnende, schöne Erfahrung, und nach seiner zweiten Einnahme von Acid vor einem Konzert der Byrds hatte er ein musikalisches Schlüsselerlebnis: als er Jim McGuinn auf einer zwölfsaitigen E-Gitarre spielen hörte, wurden ihm schlagartig die Möglichkeiten elektrisch erzeugter Musik bewusst.
Vorgruppe der Byrds waren The Grass Roots, die von dem charismatischen Sänger Arthur Lee angeführt wurden und sich dadurch von anderen Gruppen abhoben, dass weiße und schwarze Musiker gemeinsam Rock spielten. Es gelang BeauSoleil, der seit seiner Ankunft in Los Angeles auf der Suche nach einer Band war, bei The Grass Roots als Rhythmusgitarrist einzusteigen. Für mehrere Wochen trat er mit ihnen regelmäßig im in der Nähe des Sunset Strip gelegenen Schwulenclub Brave New World auf, wo sie sich eine stetig wachsende Zuhörerschaft erspielten. Mehr durch Zufall wirkte BeauSoleil im Sommer 1965 auch als Backgroundsänger bei den Aufnahmen zu Freak Out mit, dem Debütalbum von Frank Zappa and The Mothers of Invention, und brüllte Songzeilen wie „Help, I’m a rock!“ oder „We are the brain police!“ in ein Mikrophon.
Aufgrund seines guten Aussehens und seiner anziehenden Wirkung auf Frauen erwarb sich BeauSoleil in jenen Wochen den Spitznamen Cupido – ein mehr als passender Nom de Guerre für den Summer of Love, dessen Vorboten damals bereits in der Luft lagen.
Wegen des Umzugs in ein größeres Gebäude musste das „Brave New World“ für eine Weile schließen, und BeauSoleil nutzte die konzertfreie Zeit zu einem Trip nach San Francisco. Gemeinsam mit Snofox, Bridget und einem ihrer Freunde fuhr er in einem Ford Thunderbird entlang der Pazifikküste Richtung Norden, zur Musik Ravi Shankars und Marihuana rauchend. Bei einem Zwischenstopp in Big Sur, damals schon ein symbolträchtiges Zentrum der Gegenkultur, wo Kultautoren wie Henry Miller oder Jack Kerouac gelebt hatten, begegnete BeauSoleil den ersten Langhaarigen als Vorhut der gerade aufblühenden Hippiekultur. San Francisco selbst war für ihn, im Gegensatz zum oberflächlichen Los Angeles, wie eine Brise frischer, gehaltvoller Luft, und er inhalierte die sehr europäische, etwas altmodische Atmosphäre der Stadt, mit dem Auf und Ab ihrer Straßen und den schmalen viktorianischen Holzhäusern. BeauSoleil hatte die Gelegenheit, Auftritte von Jefferson Airplane oder Janis Joplin and Big Brother and The Holding Company zu erleben, Künstler, die allesamt noch am Anfang ihrer Karrieren standen und auf den großen Durchbruch warteten.
Zurück in Los Angeles, erfuhr BeauSoleil, dass die Grass Roots ihn durch den Gitarristen Brian MacLean ersetzt hatten. Begründet wurde der Rauswurf zum einen mit seiner geringen Erfahrung als Musiker, zum anderen mit seinem Alter, da er noch nicht volljährig und daher zu jung für Konzerte in Nachtclubs war. So konnte BeauSoleil nur noch aus der Entfernung miterleben, wie die Band um Arthur Lee unter dem neuen, von seinem Spitznamen Cupido inspirierten Namen Love einige Erfolge einfuhr und mit Forever Changes ein Album einspielte, das wenige Jahre nach Auflösung der Band Kultstatus erlangen sollte.
Da ihn nun nichts mehr in Los Angeles hielt, sammelte BeauSoleil seine Habseligkeiten zusammen und machte sich, den treuen Snofox an der Seite, auf den Weg zurück nach San Francisco, hatte er sich doch in die Bay Area mit ihrem besonderen Flair verliebt. Zuerst vagabundierte er durch Sausalito und Berkeley, ohne recht zu wissen, was er mit sich anfangen sollte, um sich im Herbst 1965, kurz nach seinem achtzehnten Geburtstag, in Haight Ashbury niederzulassen. Damals war der Haight noch ein verschlafener Stadtteil am Rande des Golden Gate Parks, mit billigen Mieten für oftmals baufällige Häuser. Aufstrebende Musiker und Künstler lebten dort und Bands wie die Grateful Dead und The Charlatans hatten da ihr Hauptquartier aufgeschlagen: Sein Aufstieg zum Sehnsuchtsort der Hippies und der Verfall zur Touristenattraktion sollten erst noch kommen
Nachdem er eine Unterkunft gefunden hatte, machte BeauSoleil sich auf die Suche nach einer neuen Band, und stieß nach wenigen Tagen auf The Outfit, die einen neuen Leadgitarristen brauchten. BeauSoleil fand sich zum Vorspielen im Straight Theatre ein, einem ehemaligen Kino, wo The Outfit probten. Obwohl er bisher nur über Erfahrung als Rhythmusgitarrist verfügte, wurde BeauSoleil engagiert und absolvierte in den folgenden Monaten zahllose Auftritte, bei denen er seine Fähigkeiten vervollkommnen konnte und eine Vorliebe für Improvisationen entwickelte. Außerhalb der Band experimentierte er mit anderen Saiteninstrumenten, vor allem Sitar und Bouzouki, wobei letztere zu seinem Lieblingsinstrument avancierte. Auch begann BeauSoleil, sein musikgeschichtliches Wissen zu vertiefen: neben zeitgenössischer Rockmusik hörte er verstärkt die Werke klassischer Komponisten wie Mozart, Vivaldi oder Wagner, außerdem saugte er Blues und Jazz in all ihren Spielarten in sich auf.
Die Suche nach neuen musikalischen Wegen führte bald zu Konflikten mit den anderen Mitgliedern von The Outfit, die die Pfade des klassischen Rock ’n Roll nicht verlassen wollten, und so wuchs in BeauSoleil der Wunsch nach einer eigenen Band, um mit ihr seine musikalischen Visionen realisieren zu können. Er verfolgte das Konzept eines Elektrischen Symphonieorchesters, das die Strukturen einer klassischen Rockband sprengen sollte, um in neue Dimensionen des Klangs vorzudringen. Mit Aushängen in einschlägigen Szenelokalen und Läden warb BeauSoleil um Mitstreiter für sein Projekt und fand als erstes den Sänger und klassisch ausgebildeten Violinisten David LaFlamme. Stand LaFlamme dem gleichermaßen jungen wie ambitionierten Visionär anfangs noch skeptisch gegenüber, widmete er in der Folgezeit seine gesamte Energie dem zunächst noch namenlosen Unterfangen. BeauSoleil und LaFlamme – kurioserweise haben ihre französischen Familiennamen beide mit Hitze und Feuer zu tun – mieteten eine Lagerhalle und begannen, in zahlreichen Vorspielen und Proben die weiteren Bandmitglieder zu rekrutieren. Es dauerte einige Monate, bis sie in einem quasi-alchimistischen Prozess aus dem Strom von Musikern eine feste Band herausdestilliert hatten, zu denen, neben BeauSoleil und LaFlamme, Jaime Leopold am Bass, der Holzbläser Henry Rasof und Terry Wilson am Schlagzeug gehörten. Nannte sich die Gruppe anfangs noch The Electric Chamber Orchestra, verkürzten sie den Bandnamen nach ihrem ersten Auftritt auf The Orkustra. Ihre Musik war, dem Wunsch BeauSoleils entsprechend, instrumental und verfolgte das Ziel, einen geistigen Raum zu erzeugen, in dem sich eine reine, nonverbale Kommunikation entfalten konnte. Die Band verstand sich als eine „Ligthshow for the Blind“, die ihrem Publikum ein musikalisches Amalgam aus Rock, klassischen Elementen und östlichen Einflüssen präsentieren wollte, wobei sie sich durchaus ungewöhnlicher Instrumente bediente.
Bis Mitte 1967 erspielte sich The Orkustra durch Auftritte in San Francisco und der Bay Area, auch als Vorband für schon bekanntere Bands von außerhalb, ein gewisses Renommee, brachte es aber nie zum Headliner. Allerdings bekam The Orkustra mehrfach Gelegenheit zu Studioaufnahmen und konnte diverse Demotapes einspielen. BeauSoleil glaubte diese Bänder viele Jahre verschollen, tatsächlich lagerten sie aber im Haus von David LaFlamme, der sie erst Jahrzehnte später zufällig wiederentdeckte. So konnte 2006 ein Schweizer Label in enger Zusammenarbeit mit BeauSoleil eine limitierte, mittlerweile vergriffene LP mit Aufnahmen von The Orkustra veröffentlichen. BeauSoleil brachte dieses Material 2009 auf seinem eigenen Label erneut heraus.
Auf dem Höhepunkt des Summer of Love brach The Orkustra dann auseinander, vor allem, weil BeauSoleil mittlerweile eine Zusammenarbeit mit dem Filmemacher Kenneth Anger begonnen hatte. In der Folge ging jedes der Bandmitglieder eigene musikalische Wege: Jamie Leopold und Terry Wilson wandten sich dem Jazz zu, während David LaFlamme gemeinsam mit seiner Frau Linda It’s A Beautiful Day gründete, die mit ihrem gleichnamigen Debütalbum einen Klassiker der psychedelischen Musik schufen. Auf dem Album findet sich neben White Bird, dem einzigen Hit der Band, auch Bombay Calling, das vollständig auf einen Song von The Orkustra basiert.
Kennengelernt hatten sich BeauSoleil und Anger bereits im Februar 1967 am Rande des Invisible Circus, ein auf drei Tage angelegtes Kulturfestival mit Konzerten, Theateraufführungen, Dichterlesungen und freier Liebe nicht nur in den Pausen, in dessen Rahmen auch The Orkustra einen Auftritt absolvierten. Veranstaltungsort war das Kirchengebäude einer recht unorthodoxen Methodistengemeinde. Der homosexuelle Anger – ein glühender Anhänger Aleister Crowleys, Mitglied in dessen Ordo Templi Orientis und enger Freund des ebenfalls in San Francisco ansässigen Anton LaVey – war zu dieser Zeit schon ein namhafter Avantgarderegisseur, dessen Ruf vor allem auf seinem Kurzfilm Scorpio Rising basierte. Nun steckte er mitten in den Vorbereitungen zu seinem neuesten Projekt Lucifer Rising. Anger hatte den Auftritt von The Orkustra zur Eröffnung des Invisible Circus gesehen und war insbesondere von der Darbietung BeauSoleils so begeistet, dass er ihm umgehend nach dem Konzert, mit den Worten „Du bist Lucifer“, die Titelrolle anbot. BeauSoleil zögerte zunächst, stimmte dann jedoch unter der Bedingung zu, dass The Orkustra die Filmmusik schreiben und einspielen sollte – mit dem Namen „Schöne Sonne“ schien er ja dazu prädestiniert, die Gestalt des Lichtbringers zu verkörpern. Da die anderen Mitglieder von The Orkustra BeauSoleils Begeisterung für Anger und dessen Projekt allerdings nicht teilten, kam es, wie bereits erwähnt, zur Trennung. BeauSoleil zog in die Russian Embassy, einem dreistöckigen viktorianischen Gebäude, das Anger gemietet hatte, und richtete sich im ehemaligen Ballsaal ein. Für die Einspielung des Soundtracks formierte BeauSoleil eine neue Band, die er The Magick Powerhouse Of Oz taufte, und für die er überwiegend Straßenmusiker verpflichtete. Ihren ersten Auftritt sollte die Truppe während eines Konzertabends im Straight Theatre haben. Mit dieser Veranstaltung wurden die Herbstäquinoktien begangen, und neben Powerhouse sollten noch The Congress of Wonders und The Charlatans spielen. Ferner waren eine psychedelische Lighthow, die Aufführung von Ausschnitten der Wizard of Oz-Verfilmung von 1939 sowie bereits gedrehten Szenen von Lucifer Rising geplant. Außerdem sollte Anger ein Ritual Aleister Crowleys zelebrieren. Während die Konzerte – trotz der Absage der Charlatans – reibungslos verliefen, geriet Angers Zeremonie zu einem Fiasko. Unter dem Einfluss von LSD verpatze er seine Einsätze zum Playback, verlor die Orientierung und verletzte schließlich noch einen Journalisten. Im weiteren Verlauf des Abends verschwanden die Filmrollen von Lucifer Rising spurlos, und Anger bezichtigte BeauSoleil des Diebstahls, wie er ihm überhaupt für das gesamte Desaster die Verantwortung gab – der Lichtbringer war zum Sündenbock geworden.
BeauSoleil hat stets bestritten, Angers Filmrollen gestohlen zu haben, zumal es zum damaligen Zeitpunkt außer einigen Probeaufnahmen noch kein nennenswertes Material des Films gab. Er wertete den Bruch mit Anger als Signal San Francisco zu verlassen, war ihm das mittlerweile zur Hippiehochburg gewordene Haight Ashbury doch schon längst zuwider geworden. Der Sommer der Liebe war dem Herbst gewichen und die Schattenseiten der Gegenkultur wurden zunehmend manifest: Die Drogenkriminalität nahm stetig zu, es kam vermehrt zu Einbrüchen und Überfällen, viele Hippiemädchen wurden Opfer von Vergewaltigungen. Das vermeintlich antibürgerliche Leben weckte das Interesse der Presse und die Medienberichte lockten neugierige Besucher in den Bezirk – der Traum von einem freieren Leben verkam zur Touristenattraktion. BeauSoleil, der sich selbst als Bohemien betrachte, hatte dem Hippiephänomen immer reserviert gegenübergestanden und auf entsprechende Nachfragen geantwortet, er sei kein Hippie, sondern ein Barbar.
Um seine spärlichen Besitztümer einzusammeln, begab sich BeauSoleil kurz nach den Ereignissen im Straight Theatre zur Russian Embassy, wo ihn jedoch einige böse Überraschungen erwarteten. So hatte Anger vom Wagen seines Protegés die Reifen abmontiert und den Motor manipuliert, im Haus selbst waren die Schlösser aller Türen ausgetauscht worden. Kurzerhand brach BeauSoleil die Tür zu seinem Zimmer auf, wo er die fehlenden Teile seines Wagens fand. Die Wände des Zimmers waren frisch gestrichen, als hätte Anger eine Art Reinigungsritual durchgeführt, um alle Spuren BeauSoleils zu tilgen – möglicherweise war hier auch die Enttäuschung des zurückgewiesenen Liebhabers Antriebskraft des Handelns. In einer benachbarten Werkstatt ließ BeauSoleil seinen Wagen reparieren und kehrte dann, nachdem er noch einige Tage ziellos durch San Francisco getingelt war, nach Los Angeles zurück, ohne Anger noch einmal begegnet zu sein. Bis BeauSoleil die Arbeit am Lucifer-Rising-Soundtrack wieder aufnehmen und zu einem Abschluss bringen konnte, sollten fast zehn Jahre vergehen.
Während BeauSoleils Abwesenheit hatte sich die Szene in Los Angeles gewandelt. Der Geist des Protestes lag über allem, die Bürgerrechtsbewegung und die Gegner des Vietnamkriegs begannen, sich zu radikalisieren, und es herrschte eine gespannte Atmosphäre, die sich jederzeit in gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Staatsmacht und revoltierender Jugend entladen konnte. BeauSoleil ließ sich etwas außerhalb der Stadt im Topanga Canyon nieder, verzichtete auf die neuerliche Gründung einer Band und hielt sich stattdessen als Gelegenheitsgitarrist und Studiomusiker über Wasser. Auf einer Party in Malibu traf er zum erstem Mal auf Charles Manson und sein überwiegend weibliches Gefolge. Manson saß in der Mitte des Raums und spielte einige seiner Songs. Kurzerhand nahm BeauSoleil eine Melodika und begann, Manson zu begleiten. Einen besonderen Eindruck hatte diese Begegnung bei BeauSoleil nicht hinterlassen. Mansons Anhang hingegen nahm mit Verblüffung zur Kenntnis, dass ein völlig Fremder in der Lage war, ohne große Vorbereitung mit ihrem Anführer musikalisch zu harmonieren.
Wenig später wirkte BeauSoleil als Kulissenbauer und Laiendarsteller an der Produktion von Ramrodder mit, einem albernen Indianerfilm mit Soft-Porno-Elementen, dem kein Platz in der Ruhmeshalle der Filmgeschichte eingeräumt werden sollte. Mit einem Aushang in einem Café bot er seine Dienste als Gitarrist an und wurde von einer Band namens The Milky Way für ein Konzert gebucht. Zu seiner großen Überraschung war Charles Manson der Sänger der Gruppe, die sich nach ihrem einzigen Konzert in einer Kneipe in Topanga jedoch schon wieder auflöste. Musikalisch konnte The Milky Way BeauSoleil nicht überzeugen, allerdings faszinierten ihn Mansons Songtexte, und daraufhin bemühte er sich, wenn auch vergeblich, Manson zu Studioaufnahmen zu verhelfen.
Da auch andere seiner Vorhaben nicht fruchteten, führte BeauSoleil Ende 1967 ein Wanderleben zwischen Los Angeles und der Bay Area. Mit seinem Truck fuhr er die Küste auf und ab, lebte an den verschiedensten Orten und bei den unterschiedlichsten Leuten, meist in Begleitung mehrerer junger Frauen, die er unterwegs aufgegabelt hatte. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich mit Auftritten in Kneipen und Clubs, wo er Gitarre oder Bouzouki spielte, während die Mädchen mit dem Hut durchs Publikum gingen und Geld einsammelten. Ein Ort, an dem er in Los Angeles Unterschlupf finden konnte, war die Kommune von Charles Manson, die in regelmäßig wechselnden Stadtteilen hauste oder mit ihrem berühmt-berüchtigten Black Bus (für dessen Rückspiegel BeauSoleil später einen Bock-von-Mendes-Anhänger stiftete) unterwegs war, bevor sie sich 1968 auf der Spahn Movie Ranch einmietete.
In dieser abenteuerlichen Zeit machte er auch die Bekanntschaft von Dennis Wilson, dem Schlagzeuger der Beach Boys. Wilson lebte ebenfalls in Topanga, jenseits der Glitzerwelt des Musikbusiness, nachdem er seine Villa am Sunset Boulevard aufgegeben hatte. Diese war für Wochen von der Manson-Family besetzt und mehr oder weniger unbewohnbar gemacht worden. Es gelang BeauSoleil schließlich, Manson Probeaufnahmen zu verschaffen, allerdings verlief die Arbeit im Studio unter so unprofessionellen Umständen, dass Manson nicht den Grundstein für eine Karriere im Musikbusiness legen konnte. Fürs Erste beendete BeauSoleil das unstete Wanderleben und tauschte seine beiden Trucks gegen eine Yacht ein, die im Hafen von Santa Barbara vor Anker lag. BeauSoleil lebte auf dem Boot und träumte davon, nach Jamaika zu segeln. Aber, wie bei allen seinen ambitionierten Projekten zuvor, scheiterte er auch hier. BeauSoleil fand sich, aller Illusionen beraubt und selbst der Musik müde, in einer Sackgasse wieder. In dieser aussichtslosen Phase seines Lebens wandte er sich der Rockerszene zu, seiner idealisierenden Auffassung nach die einzige Gruppierung innerhalb der Gegenkultur, die wahre Freiheit repräsentierte und durch ihr barbarisches Auftreten im krassen Gegensatz stand zu den sanftmütig-bekifften Hippies. Auf der Spahn Movie Ranch kam BeauSoleil in Kontakt mit zwei Rockergruppen, den Straight Satans und den Satan’s Slaves, die vor allem durch die Aussicht auf schnellen Sex mit den willigen Mädchen der Manson-Family angelockt wurden.
Im Juli 1969 planten die Straight Satans eine Party und BeauSoleil bot sich an, ihnen LSD oder Meskalin zu besorgen. Die Straight Satans nahmen sein Angebot an, und BeauSoleil wandte sich an Gary Hinman, einen befreundeten Musiklehrer, bei dem er vorübergehend gewohnt hatte, und der sich auch als Dealer verdingte. BeauSoleil erhielt von den Rockern 1000 Dollar, für die er bei Hinman Meskalin erwarb. Die Übergabe des Stoffs geschah auf der Spahn Movie Ranch, allerdings in Abwesenheit BeauSoleils. Am nächsten Tag, dem 26. Juli 1969, erschien eine reichlich erboste Abordnung der Straight Satans auf der Ranch und verlangte ihr Geld zurück, da das gelieferte Meskalin angeblich wirkungslos gewesen sei. BeauSoleils Versuch, sich mit Ausreden aus der Affäre zu ziehen, wurde durch den Einsatz sanfter, aber dennoch überzeugender Gewalt unterbunden. Ein Mitglied der Straight Satans, Danny de Carlo, der später im Prozess gegen BeauSoleil aussagte, drückte ihm einen Revolver in die Hand, und in Begleitung zweier Mädchen aus der Family, Mary Brunner und Susan Atkins, machte sich BeauSoleil auf den Weg zur Wohnung Hinmans. Dort angekommen, konfrontierte BeauSoleil Hinman mit den Vorwürfen und forderte die 1000 Dollar zurück. Hinman teilte ihm jedoch mit, dass er das Geld nicht mehr habe. Plötzlich außer sich, begann BeauSoleil, mit dem Revolver auf Hinman einzuschlagen. Irgendwann ließ er von seinen Opfer ab und gab Susan Atkins den Revolver mit der Aufforderung, Hinman augenblicklich zu erschießen, sollte dieser einen Fluchtversuch unternehmen. BeauSoleil selbst durchsuchte unterdessen die Wohnung nach Wertgegenständen. Es gelang Hinman aber, Susan Atkins den Revolver zu entwenden. Von Atkins Schreien alarmiert, eilte BeauSoleil zurück in die Küche und begann, mit Hinman um die Waffe zu ringen bis sich ein Schuss löste, der jedoch niemanden verletzte. Für einen Moment zur Vernunft gebracht, schlug BeauSoleil vor, die beiden Autos, die Hinman besaß, zu übernehmen, um sie zu Geld zu machen. Hinman stimmte zu und überschreib BeauSoleil die Fahrzeuge, einen Fiat sowie einen zerbeulten VW-Bus. Dank dieses Tauschhandels hätte die Affäre ohne weitere Komplikationen bereinigt sein können, wenn nicht eines der Mädchen auf der Spahn Movie Ranch angerufen und mitgeteilt hätte, dass es Probleme gäbe. So stand kurze Zeit später unvermittelt Charles Manson in Begleitung seines Stellvertreters Bruce Davis vor der Tür. Da Hinman selbst öffnete, glaubte Manson, dass seine Leute überwältigt seien und fügte dem Musiklehrer ohne Vorwarnung mit einem Kurzschwert stark blutende Verletzungen am Kopf zu. In der Wohnung musste Manson aber erkennen, dass er die Lage falsch eingeschätzt hatte und es völlig überflüssig gewesen war, Hinman zu attackieren; er raunte BeauSoleil etwas wie “So ist es, ein Mann zu sein” zu und verschwand kaum fünf Minuten nach seiner Ankunft wieder.
Zurück blieben die Mädchen und ein zunehmend in Panik verfallender BeauSoleil. Hinman wollte unbedingt in ein Krankenhaus, was BeauSoleil aus Angst vor der Polizei ablehnte; stattdessen versuchte er, Hinman zu beruhigen und dessen Wunde notdürftig zu versorgen. Doch aus Furcht vor einer Entzündung und dem Zurückbleiben von Narben bestand Hinman darauf, professionelle medizinische Hilfe hinzuzuziehen. Um zu verhindern, dass Hinman die Polizei einschaltete, beschloss das Trio, in der Wohnung zu übernachten. Als seine Peiniger schliefen, unternahm Hinman einen Fluchtversuch, der jedoch von BeauSoleil vereitelt werden konnte.
Am nächsten Morgen, einem Samstag, war die Lage unverändert. Der praktizierende Buddhist Hinman versuchte, sich durch Mantra-Rezitationen zu beruhigen, wobei seine Gemütslage zwischen Hoffnung auf Hilfe und purer Verzweiflung schwankte. Diese Situation zog sich bis zum Sonntagabend hin. Besorgte Freunde von Hinman, die sich telefonisch nach seinem Verbleiben erkundigten, wurden mit dem Hinweis abgewimmelt, er sei kurzfristig nach Colorado gefahren, da seine Eltern einen Unfall gehabt hätten. In seiner Hilflosigkeit rief BeauSoleil schließlich selbst auf der Spahn Movie Ranch an, um Manson aufzufordern, seinerseits die Situation zu bereinigen, die durch dessen unüberlegte Schwertattacke entstanden war. Manson blieb von BeauSoleils Vorwürfen völlig unbeeindruckt, als er ihm erwiderte: „Du weißt genauso, was Du tun musst, wie ich es wusste.” Im späteren Prozess nutzte die Anklage diesen Anruf als Beweis dafür, dass der Hinman-Mord, ebenso wie die Tate-LaBianca-Morde, auf Geheiß Mansons ausgeführt worden waren. BeauSoleil wägte die Situation ab und tat, was ihm als der einzige Ausweg erschien: er erstach Hinman mit zwei Messerstichen.
Obwohl BeauSoleil mit den Mädchen noch versuchte, in der Wohnung Hinmans falsche Spuren zu legen, indem sie vermeintlich politische Parolen wie „Political Piggies“ an die Wände schrieben, wurde er bereits am 6. August verhaftet. Nur drei Tage danach verübten Mitglieder der Familiy die Tate-LaBianca-Morde, die nicht nur sieben Menschen das Leben kosteten, sondern die gesamte Jugendkultur der sechziger Jahre desavouierten – das am darauffolgenden Wochenende stattfindende Woodstock-Festival war nur noch der Schwanengesang einer Bewegung, die ihre Unschuld längst verloren hatte. Manche Kommentatoren vertraten die Ansicht, Manson hätte die Blutnächte angeordnet, um BeauSoleil zu befreien. Indem an den Tatorten ähnliche Parolen hinterlassen wurden, wie in der Wohnung Gary Hinmans, sollte der Eindruck erweckt werden, die wirklichen Mörder seien noch auf freiem Fuß. BeauSoleil selbst hält dies für abwegig, da er in keiner derart engen Beziehung zur Familiy stand, die Verbrechen dieser Größenordnung gerechtfertigt hätte. Ebenso hält er die „Helter Skelter“-Theorie des Staatsanwalts Vincent Bugliosi, nach der die originelle Interpretation gewisser Beatles-Songs Manson angetrieben hätte, für ausgemachten Unsinn.
In einem ersten Prozess gegen BeauSoleil kam die Jury zu keinem klaren Urteil. Im Wiederaufnahmeverfahren wurde er schließlich zum Tode verurteilt; 1972 schaffte der Staat Kalifornien die Todesstrafe ab und das Urteil wurde in eine lebenslange Haft umgewandelt. Die ersten drei Jahre seiner Strafe, inklusive seiner Zeit im Todestrakt, verbüßte BeauSoleil im Gefängnis von San Quentin. Am eigenen Leib erlebte er den brutalen Alltag hinter Gittern: er geriet in Konflikt mit diversen Gangs, darunter der neonazistischen Aryan Brotherhood, und spätestens nach seiner Verlegung in den normalen Vollzug gab es Zeiten, wo er stets ein Messer bei sich trug, immer bereit, dieses im Falle einer Attacke auch einzusetzen.
1976, mittlerweile in das Dueul Correctional Institute in Tracy verlegt, einem Gefängnis, dessen Alltag noch mehr von Gewalt geprägt war als San Quentin, erfuhr BeauSoleil, dass Kenneth Anger Lucifer Rising zwar immer noch nicht fertiggestellt, aber Jimmy Page, den Gitarristen von Led Zeppelin und einem manischen Sammler von Crowleyana, mit der Komposition des Soundtracks beauftragt hatte. Da BeauSoleil der Ansicht war, diese Filmmusik sei eigentlich „sein“ unvollendetes Werk, bat er Anger in einem Brief, das Projekt erneut übernehmen zu dürfen. Anger signalisierte Interesse, zumal Page mit seiner Arbeit nicht recht voran kam. In der gewaltgetränkten Atmosphäre von Tracy begann BeauSoleil so wieder als Musiker zu arbeiten. Von der Gefängnisverwaltung erhielt er die Genehmigung, in Tracy ein Musikprojekt aufzubauen und bildete mit Gefangenen eine Band, die er das Freedom Orchestra nannte. Anger schickte einen Rohschnitt des Films an BeauSoleil, der ihn in der Gefängniskapelle zur Aufführung brachte. Während seine Mitinsassen in dem Werk nur eine willkürliche Aneinanderreihung irritierender Szenen sahen, wurde der Film für BeauSoleil zu einer Offenbarung: die Geschichte des gefallenen Engels Luzifer, der zur Strafe von allem getrennt wurde, was er liebte, interpretierte er als die seine. Mit dem Freedom Orchestra spielte BeauSoleil ein Demotape mit dem Titel Even Fallen Angels Get The Blues ein, das er an Anger schickte, der davon so begeistert war, dass er Jimmy Page feuerte und BeauSoleil das Projekt endgültig übertrug.
Die Vollendung des Soundtracks wurde für BeauSoleil zu einer Frage des Überlebens; die kreative Arbeit als Komponist zu einem Weg, sich gegen die barbarische Welt des Gefängnisalltags zu behaupten. In seiner Vorstellung entwickelte BeauSoleil eine komplexe elektronische Symphonie, die den Hörer durch Orte voller Qualen, Dunkelheit und Einsamkeit führte. Am Ende erklingt nur ein kleiner Hoffnungsschimmer mit der Ahnung eines neu heraufziehenden Zeitalters. Natürlich verfügte man in Tracy nicht über das musikalische Equipment, das BeauSoleil für seine Arbeit benötigte. Er war daher gezwungen, zunächst die nötigen Aufnahmegeräte, Mischpulte, Verstärker und Mikrofone zu kaufen, wofür ihm Anger 3000 Dollar zur Verfügung stellte. Ferner begann er mit der Entwicklung und dem Bau eigener Keyboards und Synthesizer; im Zuge dieser Arbeit erfand er sogar einen analogen Gitarrensynthesizer, den er später zu seiner digitalen Syntar weiterentwickelte. Was BeauSoleil hier aus der hinter Gefängnismauern herrschenden Not heraus an Pionierarbeit leistete, unterschied sich kaum von den Experimenten anderer Künstler seiner Generation, die ihrerseits, mit dem Lötkolben bewaffnet, eigene Instrumentarien schufen, um in neue elektronische Klangdimensionen vorzustoßen. Stellvertretend seien hier nur Bands wie Kraftwerk, Tangerine Dream oder Throbbing Gristle genannt.
Die Aufnahmen für Lucifer Rising dauerten von 1977 bis 1979; ein Grund für die Verzögerung waren die ständigen Umbesetzungen im Freedom Orchestra, da immer wieder Gefangene aus der Haft entlassen wurden und durch Neuankömmlinge ersetzt werden mussten. Den entgültigen Mix sowie den Schnitt der Mastertapes fertigte BeauSoleil in seiner Zelle an, in der er die dazu notwendigen Gerätschaften aufstellen durfte.
Lucifer Rising erlebte schließlich 1980, versehen mit dem fertiggestellten Soundtrack, in New York seine Welturaufführung. Der nach einer langen Odyssee endlich zum Abschluss gebrachte Film führte allerdings nicht zu einer erneuten Annäherung zwischen BeauSoleil und Anger; letzterer behauptete auch weiterhin, dass BeauSoleil die ursprüngliche Fassung des Films gestohlen und in der kalifornischen Wüste vergraben habe.
Kurz nachdem BeauSoleil durch die Messerattacke eines Mithäftlings beinahe ums Leben gekommen wäre, heiratete er im Dezember 1981 Barbara Ellen Baston. Die am 31. März 1947 geborene Tochter eines Marineoffiziers hatte mit BeauSoleil Kontakt aufgenommen, nachdem sie einen Fernsehbericht über sein Musikprojekt in Tracy gesehen hatte. Dem Briefwechsel folgten Telefonate und Besuche und die beiden verliebten sich ineinander. Barbara hatte in Boston ein Kunststudium absolviert und begann früh sich mit Mythologie zu beschäftigen, wobei ihr besonderes Interesse dem Kult der Großen Mutter gilt. Des Weiteren studierte sie Tänze des mittleren Ostens, war Mitglied in diversen Tanzgruppen und gründete 1992 ihr eigenes Ensemble Raks Sarama, mit dem sie bis heute auftritt. Ferner arbeitet die vierfache Mutter als Malerin und Tanzlehrerin und ist für ihren Mann kreative Partnerin und die unverzichtbare Verbindung in die Welt außerhalb der Gefängnismauern.
Nach der Fertigstellung von Lucifer Rising erhielt BeauSoleil noch mehrfach die Möglichkeit neue Musik aufzunehmen. Er kreiert weite musikalische Landschaften und Architekturen aus Klang, gleichsam die Begleitmusik für Reisen in den inneren Raum, mit der es BeauSoleil gelingt, die ihn umgebenden Mauern zu überwinden. Aus den Aufnahmen resultieren die CD-Veröffentlichungen Running With The Wolf (1997), Mantra: Soundscapes for Meditation (1998), Orb (2000) und Dreamways Of The Mystic (2005); bei letzterer handelt es sich um ein ambitioniertes Doppelalbum mit Musik aus den Jahren 1997-2004, das von Robert Ferbrache gemastert wurde und neben einem Interview mit BeauSoleil auch Linernotes von Michael Moynihan enthält. Vertrieben werden die Tonträger BeauSoleils via Internet über sein eigenes Label White Dog Music, das auch MP3-Downloads ermöglicht.
Neben seiner Arbeit als Musiker hat BeauSoleil sich in den 1990er Jahren wieder verstärkt der Malerei zugewandt. Hier widmet er sich vornehmlich mystisch-religiösen Themen, die sowohl dem westlichen Heidentum als auch der östlichen Tradition entstammen. Neuere Bilder befassen sich aber auch mit Autobiographischem, etwa in der Darstellung einer Probe von The Orkustra. Wie seine Musik vertreibt BeauSoleil auch seine Malerei über das Internet. Momentan arbeitet er auch an seinen Memoiren, deren Veröffentlichungstermin aber noch offen ist. Im Jahr 2010 wirkte BeauSoleil als Gastmusiker auf der jüngsten CD von Blood Axis, Born Again, mit – für ihn gleichermaßen die Wiedergeburt als Musiker im Kreis von Künstlern, die in Freiheit arbeiten.
Ob es BeauSoleil jemals vergönnt sein wird, als freier Mann das Gefängnis zu verlassen, ist mehr als fraglich. Seine bisherigen Gnadengesuche wurden allesamt abgelehnt, zeichnen sich die zuständigen Justizbehörden doch insbesondere bei Häftlingen, die in Zusammenhang mit den Taten von Charles Manson und seinen Anhängern stehen, durch besondere Unnachgiebigkeit aus: so wurde auch der unheilbar an Krebs erkrankten Susan Atkins, Mörderin von Sharon Tate, keine Begnadigung zuteil, so dass sie im September 2009 im Gefängnis verstarb. Es scheint, dass das US-amerikanische Rechtssystem überhaupt eher vom alttestamentarischen Racheprinzip, als vom christlichen Leitgedanken der Vergebung geprägt ist. Da kommt es BeauSoleil auch nicht zu Gute, dass er von unabhängigen Gutachtern als vorbildlicher Häftling eingestuft wird, der gänzlich mit seiner Vergangenheit gebrochen hat, ohne die Schuld an der Ermordung Gary Hinmans jemals zu relativieren oder Dritten die Verantwortung hierfür zu geben. Auch sein soziales Engagement innerhalb des Gefängnisses – neben seinem Musikprojekt in Tracy zeichnet er sich auch für die Gründung einer Videogruppe verantwortlich – vermag das Misstrauen nicht aufzulösen, mit dem offizielle Stellen BeauSoleil noch immer entgegentreten. Und eine Veröffentlichung wie der Lucifer Rising-Soundtrack, der den oberflächlichen Betrachter an Teufelsanbetung denken lässt, befeuert dieses nur noch.
Wie kaum ein Anderer seiner Generation verkörpert BeauSoleil die zwei Seiten der Gegenkultur der 1960er Jahre: als Musiker steht er für den künstlerischen Aufbruch, die Suche nach neuen musikalischen Ausdrucksformen und das Erproben neuer Lebensstile. Als verurteilter Mörder hingegen verkörpert er die Finsternis, den bleiernen Winter, der auf den von Freiheit trunkenen Sommer der Liebe folgte: Die irrationalen Gewaltexzesse der Manson-Family stehen hier in einer Linie mit den terroristischen Aktivitäten der RAF und ähnlicher Gruppierungen.
Aus dem hochmütigen jungen Mann, der im Sommer 1967 von den Stufen der Russian Embassy auf den Rest der Welt herabblickte, ist ein geläuterter Mann voller Demut geworden, der nur noch für seine Kunst lebt und durch diese überlebt. Während BeauSoleil versuchte, sich gegen die brutalen Verhältnisse des Gefängnisalltags zu behaupten, setzten andere seine musikalischen Visionen um: Bands wie King Crimson, Van der Graaf Generator, Soft Machine und andere Vertreter des Progressive Rock, ebenso die deutschen Krautrock-Combos, bewegten sich klanggewaltig auf jenen Pfaden, auf die auch der junge BeauSoleil erste Schritte gesetzt hatte. Man kann allerdings spekulieren, ob er ohne seinen mörderischen Fehler vom Juli 1969 überhaupt zu einem Musiker und Komponisten von Rang gereift wäre, stand er doch zum Zeitpunkt der Ermordung Gary Hinmans vor den Trümmern seiner ambitionierten Träume und konnte nur auf gescheiterte Projekte zurückblicken. Vielleicht musste BeauSoleil erst das Fegefeuer des amerikanischen Gefängnissystems durchschreiten, um, durch Leid gereinigt, in einem alchimistischen Prozess zum begnadeten Künstler veredelt zu werden.
Der ungezügelte Cupido von einst hat die wahre Liebe, an deren Seite er nun aus dem Abgrund emporsteigt, gefunden.
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Bobby BeauSoleil – Zehn Fragen
? Vom 30. Januar bis zum 26. April 2009 zeigte die Kunsthalle Hamburg die Ausstellung „Man Son 1969“, die der Beschäftigung zeitgenössischer Künstler mit der Gegenkultur der späten 1960er Jahre gewidmet war, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf den Aktivitäten von Charles Manson und seiner Family lag. Im Katalog zur Ausstellung findet sich auch eine Neuausgabe des berüchtigten Interviews, das Truman Capote mit Dir geführt hat, meines Wissens eine der wenigen deutschsprachigen Veröffentlichungen über Dich. Bekommst Du irgendeine Form der Unterstützung und Zuwendung von Personen oder Organisationen aus Deutschland und Europa?
Es ist unerfreulich, dass einer der wenigen mir zugeschriebenen Texte, die in die deutsche Sprache übersetzt wurden, fast komplett Erfindung ist. In der Dialogue Section meiner Internetseite beschreibe ich detailliert, wie Mr. Capote dieses „Interview“ in den frühen 1980er Jahren verfälscht hat, vermutlich in seiner Erinnerung an ein Interview, das gut zehn Jahre vorher stattgefunden hatte. Dieses Interview sagt weit mehr über Truman Capote aus, als es jemals über mich hätte sagen können. Ich habe das den Kuratoren, der von Dir erwähnten Ausstellung, sorgfältig erklärt, als sie mich vor der Eröffnung der Schau im Januar 2009 kontaktierten. Sie verwendeten den Capote-Text dennoch und deuteten an, dass es eher ihre Intention gewesen sei, eine Kultfigur zu benutzen, anstatt authentisches Material vorzulegen. Das war eine Enttäuschung, aber keine, an die ich nicht gewöhnt wäre. Nebenbei bemerkt, eine kurze Passage des Interviews, das Michael Moynihan mit mir für das Seconds Magazine gemacht hat, erschien auch in dem Ausstellungskatalog. Wenigstens dieser Auszug stammt aus einem authentischen Interview.
Ich erhalte aus keinem Land Zuwendungen von Organisationen oder Personen. Ich erhalte jedoch von Menschen aus vielen Ländern, einschließlich deutschsprachigen, ausdrückliche Unterstützung. Die meisten Zuschriften, die ich bekomme, sind freundlich und zeigen oft Wertschätzung für meine Kunst und Musik.
? Im Januar 2010 wurde dem früheren Mitglied der Family, Bruce Davis, die Bewährung in Aussicht gestellt (Arnold Schwarzenegger, der Gouverneur von Kalifornien, hat die Freilassung von Davis mittlerweile abgelehnt). Hast Du immer noch die Hoffnung, eines Tages das Gefängnis als freier Mann verlassen zu können?
Die Regierung des U.S.-Staates Kalifornien, einschließlich ihres Bewährungsausschusses, konkurriert mit dem Allmächtigen darum, wessen Wege mysteriöser sind. Es ist unmöglich vorherzusehen, wie der Bewährungsausschuss im Einzelfall entscheidet. Ich komme seit 1976 für eine Berufung in Frage und ich bin viele Male durch die Tortur einer Berufungsanhörung gegangen. Die Bewährungsrichtlinien scheinen sich mit der schwachen Wirtschaftslage zu ändern, ob aber das, was im Fall Bruce Davis vorgefallen ist auch für mich gilt oder nicht, kann man nur raten. Ich stehe immer an der Schwelle eines neuen Tages.
? Hast Du bereits Pläne für neue musikalische Projekte und siehst Du Möglichkeiten für weitere Kollaborationen mit anderen Musikern, wie jüngst mit Blood Axis?
Im Moment arbeite ich an neuer Musik für ein Album, das ich Voodoo Shivaya nenne. Es ist insofern eine Abkehr von meinen früheren Alben, da ich singe und der Schwerpunkt hier stärker auf gitarrenerzeugtem Sound liegt als bei allem, was ich seit Lucifer Rising gemacht habe. Natürlich freue ich mich darauf, mit anderen Musikern zusammenzuarbeiten, von denen viele ihr Interesse bekundet haben, mit mir zu spielen, aufzutreten und Musik aufzunehmen. Ich habe über so viele Jahre meist allein Musik gemacht; und das kann sehr einschränkend sein, verglichen mit dem, was passieren kann wenn Musiker zusammen spielen. Die Technik hat es möglich gemacht, das auf der ganzen Welt zu tun, ohne je sein Haus zu verlassen! Ich freue mich darauf, diese Möglichkeiten zu erforschen.
? 2006 veröffentlichte ein Schweizer Label alte Aufnahmen von The Orkustra auf Vinyl, die Du 2009 auf Deinem Label White Dog Music abermals herausgebracht hast. Maßgeblichen Anteil daran hatte Dein ehemaliger Orkustra-Mitstreiter David LaFlamme. Stehst Du immer noch in Kontakt mit LaFlamme, und siehst Du eine Möglichkeit, mal wieder mit ihm zusammenzuarbeiten? (nebenbei, hast Du jemals bemerkt, dass Child in Time von Deep Purple in weiten Teilen wie der Orkustra-Song Bombay Calling klingt?) ?
Es ist David LaFlamme zu verdanken, dass überhaupt einige Aufnahmen von The Orkustra die Jahrzehnte überlebt haben, das gilt auch für die Aufnahme der 1967er Version des Lucifer Rising-Soundtracks von The Magick Powerhouse of Oz. Wie auch immer, außer meine Kiste mit Tapes für mich aufzubewahren, hatte David keinen Anteil daran, die Veröffentlichung eines Albums der Orkustra-Aufnahmen zu arrangieren. Beide, sowohl das 2006er Orkustra-Album beim europäischen Label wie auch das jüngst in den USA veröffentlichte Doppelalbum mit Orkustra-Aufnahmen, wurden als Zusammenarbeit von mir, White Dog Music und den zwei jeweiligen LP-Labels produziert. Die Möglichkeit noch einmal mit David Musik zu machen wäre eine Freude. Traurigerweise ist seine Frau offenkundig nicht damit einverstanden, dass er irgendeine Art von Verbindung zu mir hat. Bombay Calling wurde von David komponiert lange bevor Deep Purple an Child in Time auch nur dachten – irgendeine Ähnlichkeit ist auf jeden Fall reinzufällig.
? In gewisser Weise wurdest Du während der siebziger Jahre zu einem Pionier der elektronischen Musik. Hattest Du jemals die Möglichkeit, die Werke anderer Künstler kennen zu lernen, die mit elektronischen Klängen arbeiteten, wie z.B. der deutsche Avantgardekomponist Karlheinz Stockhausen oder Bands und Musiker wie Throbbing Gristle, Coil, Monte Cazazza oder NON ?
Meine Faszination für elektronisch erzeugte Klänge und Musik hat nie nachgelassen, aber während meiner 42jährigen Gefangenschaft gab es nur selten Gelegenheit zu experimentieren und dieses Medium zu erkunden. Ich schätze mich glücklich, überhaupt die Möglichkeit bekommen und ein klein wenig zur Weiterentwicklung dieses aufregenden Genres beigetragen zu haben.
In meiner Lage war die Entdeckung dessen, was andere Elektro-Musiker gemacht haben, reine Glückssache, denn hier drinnen habe ich keinen Zugang zu Schallplattensammlungen oder Online-Musikbibliotheken. Elektronisch erzeugte Avantgarde-Musik findet sich nur spärlich im U.S.-Radio, aber manchmal hatte ich einfach Glück. Von den meisten der Künstler, die Du genannt hast, habe ich wenigstens etwas an Musik gehört. Ich hoffe, noch viel mehr zu hören.
? Kamst Du während Deiner Zeit in San Francisco, Mitte der 1960er Jahre, in engeren Kontakt mit dem Satanismus, insbesondere Anton LaVey und seinem Kreis, oder anderen Arten des Okkultismus (einmal abgesehen von Kenneth Anger und seinem Crowley-Kult)? Würdest Du Dich heute als einen religiösen Menschen bezeichnen (wenn ja, in welcher Weise) ?
Der Satanismus ist eine Farce, ein Werkzeug, erfunden von der Kirche im Mittelalter zur Rechtfertigung von Völkermord und der Unterjochung der Bevölkerung. Zeitweilig galt er unter einigen Gruppierungen als schick, als ein Ausdruck der Rebellion gegen erdrückende Dogmen. Aber was ist Satanismus, mal ehrlich? Genauer betrachtet, kann man darin schnell eine ziemlich alberne Form der Verspottung erkennen, als stünde der Katholizismus Kopf und spielte die Rolle des Narren.
Was sagt uns das also über Anton LaVey, den selbsternannten Hohepriester des Satanismus? Ja, ich traf ihn `67, als Kenneth ihn eines Nachmittags in sein Appartement einlud. Damals hielt ich ihn, wie ich es auch jetzt noch tue, für einen Scharlatan, der einen Weg gefunden hat, für sein Auskommen zu sorgen, indem er die Fantasien einer Gruppe von Leuten bedient, die ihm bereitwillig seine besondere Marke von Schlangengift abkaufen.
Über meine persönliche spirituelle Orientierung würde ich sagen, dass ich dazu neige, ein Mystiker zu sein, nicht so sehr ein Okkultist. Meine Praktik wurzelt in den alten vedischen und tantrischen Traditionen – denselben Traditionen übrigens, bei denen Crowley sich so freimütig bediente bei seinem Versuch, eine neue Religion zu formen. Diese Traditionen wissen es in ihrem Inneren zu würdigen, dass es viele gültige Wege zu Gott gibt, den ich als die göttliche Ursache des Seins oder als reines, unmanifestiertes Bewusstsein definiere.
? Im Moment schreibst Du an Deinen Memoiren. Kannst Du abschätzen, wann das Buch fertig sein wird? In welcher Form wird es veröffentlicht werden?
Das Schreiben an meinen Memoiren ist, genauso wie mein Leben, eine ewig fortschreitende Arbeit. Dennoch mache ich dabei auch Fortschritte. Wenn das Buch fertig ist, habe ich vor, es in traditioneller Form zu veröffentlichen und als E-Book. Ich habe auch daran gedacht, es als Audio-Book zu veröffentlichen, von mir gelesen, mit selbstproduzierter Musik im Hintergrund.
? Eins Deiner Bilder, das ich überaus mag, ist The Green Man. Bitte erzähle mir etwas über Deine Malerei und die Ideen und Inspirationen hinter den Gemälden.
Das Bild Green Man ist natürlich meine Interpretation des Gottes der Natur aus der europäischen Mythologie. In diesem Gemälde schaut Gott aus der Natur zu uns zurück, obwohl Gott nicht von dieser Natur ist und nur als eine Reflexion in ihr herumtollt.
Alle meine Gemälde, wie auch meine Musikkompositionen, sind lediglich Gesänge an den göttlichen Funken, der in jedem von uns besteht. Ich würde es vorziehen zu vermeiden, sie mit Bedeutung zu überladen.
? Hast Du ein Lieblingsbuch oder -schriftsteller, und inwiefern beeinflussen sie Deine Arbeit als Musiker?
Viele Jahre lang habe ich es genossen, mich in Büchern zu verlieren, Werke der reinen Imagination – je fantasievoller desto besser. Jetzt, da ich die Titel der ungefähr zwanzig Bücher, die mich in meiner Zelle umgeben, überfliege, erkenne ich, etwas überrascht, dass sich fast alle von ihnen, auf die eine oder andere Weise, mit der Selbsterkenntnis beschäftigen. Die Reise ins Innere, so scheint es, hat das Imaginative durchbrochen.
? Könntest Du bitte einen normalen Tag Deines Lebens hinter Gittern beschreiben?
Es gibt keinen normalen Tag hinter Gittern. Hier im Gefängnis wetteifert eine hirnlose, brutale Routine mit dem Unerwarteten und Unvorhersagbaren um die Vorherrschaft. Ich arbeite hart an dem Versuch es zu vermeiden, mitten zwischen diesen unintelligenten Kräften gefangen zu sein. Das ist eine Art Balanceakt und die Ausführung ist niemals ganz perfekt. Es scheint am besten zu funktionieren, wenn ich meine Energie auf irgendeine Form von Kreativität konzentriere. Das führt dazu, dass ich der Neigung nicht nachgebe, mich entweder in Routine oder blindem Chaos zu verlieren, die einem durch bedeutungslose Zerstreuung drohen.
? Vielen, vielen Dank dafür, dass Du Dir soviel Zeit genommen hast meine Zehn Fragen zu beantworten. Viele Grüße aus Deutschland und alles Gute!
(M.Boss)
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Photo Credit und Quelle über Leben und Werk Bobby BeauSoleils: www. beausoleil. net.
Die deutsche Übersetzung Michael Moynihans Aufsatz über die Entstehung der Musik zu Lucifer Rising findet sich in: Alexander Nym (Hrsg): Schillerndes Dunkel. Geschichte, Entwicklung und Themen der Gothic-Szene, o.O. 2010, S. 26-33.
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