Diese Band aus der Schweiz polarisiert schon lange die Goth-Szene. Die einen lehnen TILO WOLFF und sein Projekt, das 1990 gegründet wurde, einfach komplett ab und die anderen wiederum lieben LACRIMOSA über alles, dessen Name sich übrigens auf eine Zeile in MOZARTS „Requiem“ bezieht und übersetzt sowas wie Tränenreich“ bedeutet. Ich selbst hatte das Projekt damals auf einem Zillo-Sampler mit dem Song „Ich bin der brennende Komet“ entdeckt und war durchaus nicht abgeneigt diese voluminösen, klassischen Klangwelten zu entdecken. Vom ersten Demotape „Clamor“ wurden 1990 übrigens schon 100 Stück veröffentlicht. Die neue Platte mit 10 Tracks bildet nun den Abschluss einer Triologie , die 2017 mit „Testimonium“ begonnen hatte und 2021 mit der Veröffentlichung „Leidenschaft“ weitergeführt wurde. Nun erscheint also der würdige Abschluss mit „Lament“ und wieder werden die Sound-Landschaften im so typischen LACRIMOSA-Sound zwischen orchestralen Bombast, klassischen Goth Rock Sounds und brachialen Metal-Riffs kreiert, dazu die markant, tragende Stimme des Meisters mit deutschen Texten sowie die opulenten Keyboard-Sound-Teppiche von ANNE NURMI, die nun auch schon seit 1994 an TILOS Seite musiziert. Und schon die Vorab-Single „Avalon“ brillierte mit orchestralen und metallastigen Sound-Landschaften auf der ultimativen Suche nach dem allseits bekannten mystischen Landstrich aus der großartigen König Artus Sage. Auch das stimmungsvolle, fast wagnerische Video zum Song kann audiovisuell begeistern. Gesangs technisch wird der Track von beiden Protagonisten im Wechsel intoniert und hier hört man, das ANNE auch mit der Stimme verführerisch umgehen kann und TILO seine Stimme ganz tief in den Song mit einbringt. Das elegische Video samt Track zu „Dark Is The Night“ ist dagegen eher als zurückhaltend zu bezeichnen, aber nicht weniger kreativ umgesetzt, ebenso wie auch das epische Lied incl. Video „Du bist alles was ich will“. Diese drei Tracks und Videos empfehle ich uneingeschränkt jedem Goth Liebhaber, um sich einen ersten Überblick zur künstlerischen Seite von LACRIMOSA und dem neuen Werk zu verschaffen. Überhaupt fand ich die Synergy aus Rock, Sinfonie und Metal schon immer sehr reizvoll und faszinierend und höre daher auch gerne Gruppen wie NIGHTWISH, WITHIN TEMPTATION, THE GATHERING oder ANATHEMA, LACUNA COIL und andere aus der Richtung, diese Kombination aus Härte und Emotionen sowie Kraft und Gefühl oder Dunkel und Licht kann in der richtigen Zusammensetzung sehr emotional wirken. Das auffallend schwere und düstere Cover des Albums rundet den Gesamteindruck der Veröffentlichung noch einmal komplett ab, denn das Artwork gehört von Anfang an zum gesamten LACRIMOSA Stil. Man könnte meinen das TILO auch als Maler a la CASPAR DAVID FRIEDRICH hätte enden können. Die Platte an sich sollte der geneigte Hörer am Besten am Stück unter Kopfhörer und bei Kerzenschein sowie mit einem Rotwein „bewaffnet“ zu sich nehmen und „inhalieren“ und das im wahrsten Sinne des Wortes. TILO ist sich auch hier wieder wie all die Jahre zuvor, selbst absolut treu geblieben und hat ein einheitliches Gesamtbild und somit die geradezu perfekte Symbiose aus Atmosphäre, gehaltvollen Texten und Klassik/Rock/Metal Klängen geschaffen. Große musikalische Kunst, Kino für Geist und Seele, das in dieser Richtung wohl aktuell seinesgleichen sucht.
(S.Erichsen)
Format: CD / LP |