THE LEGENDARY PINK DOTS – So Lonely In Heaven (CD / LP)

Ein neues Album dieser schon als Urgestein geltenden psychodelischen Rock & Wave Formation hat das Licht der Welt erblickt. Und auch wenn Gründungsmitglied Phil Knight vor gut 2 Jahren die Segel gestrichen hat und damit seinem langjährigen Gefährten Edward Ka-Spel allein das Feld überlassen hat, wirkt sich dieser Knick in der Biographie der 4-köpfigen Band musikalisch nicht nachteilig aus.

Schon das Titelstück huldigt als Eröffnung dem Psychedelic Rock und versteckt viele schöne Samples in seinen Klängen, die einem erst unter Kopfhörern wirklich auffallen. Lieder wie „Sleight of Hand“ geben einem verrauchte Bar-Vibes aus denen man dann aber schnell wieder durch treibende Synthie-Sequenzer, wie bei „Choose Premium: First Prize“, herausgeholt wird. Dann wirkt das Album  eher wie ein Dauerlauf aus der Bar nach Hause oder ins Ungewisse. Stark an Pink Floyd erinnernde aber auch Kraut-Rock-Elemente sind oft zu finden, obwohl die Instrumentierung nahezu ausschließlich elektrisch ist. So kommt es, dass irgendwann ein Tele-Spiel auf eine Hammond-Orgel trifft. „Darkest Night“ folgt dem Rhythmus des Herzschlags zu dem Edward Ka-Spel in dem für ihn typischen gedehnten und oft knarzigen Gesang problematische Dilemmata beschreibt. In anderen Liedern stellt er Fragen, die sich unter anderem damit beschäftigen, wie viele Finger sich im Nebel befinden oder er bittet in die Sprechstunde des „Dr. Bliss“, der zwar heilen könnte aber sich letztendlich dazu entscheidet, es doch nicht zu tun. Das klingt schon alles ziemlich schräg, wird musikalisch aber abwechslungsreich und eingängig untermalt.

Auch das skurrile Artwork der Platte schreit nach einem Kauf. Ein schöne Dame scheint gerade ihr Antlitz abgenommen zu haben. Ihr verführerischer Blick trifft den Hörer noch, während sie, umgeben von blauem Nebeldunst, das Universum begleitet von zwei Feuerbällen aus ihrem Kopf sausen lässt. In ihrem Kinn sitzt noch jemand, den Wind in den Haaren und schaut hinaus ins All.

Edward Ka-Spel schildert seine Gedanken zum Album wie folgt: Damals in den frühen Tagen habe er für gewöhnlich viel über das ,begrenzte Kaleidoskop‘ gesprochen, ein Konzept, welches den zerbrechlichen Planeten auf dem wir leben mit einem ertrinkenden Menschen vergleicht, vor dessen Augen sich sein Leben nochmal blitzartig abspielt. Dabei werden die Bilder kontinuierlich schneller. Nun im Jahr 2024 sei das Konzept nur noch eine Seifenoper, in der wir die Darsteller sind. Wir sollen aber dranbleiben!

Okay, wir geben uns Mühe. An eine Seifenoper erinnert das im Januar veröffentlichte Album allerding selten. Wo ich dies schreibe, läuft gerade Lied Nummer 10, „Blood Money“. Das könnte ich mir gut als Begleitung einer Stummfilmvorlage vorstellen, gern auch als Seifenoper aber ansonsten erreichen solide elektronische, und auf vielen Längen tanzbare Klänge die Ohren. Oft auch, wie bspw. bei „Wired High“, dominieren die Saiteninstrumente, namentlich Gitarre und Bass. „Everything Under The Moon“ als letztes Lied der Platte, entlässt einen dann sogar mit jazzigen Arrangements.

Die Ideen für dieses zweite Album der Pink Dots seit der Pandemie (die davor möchte man gar nicht mehr zählen) entstanden, den Umständen geschuldet, über einen monatelangen Austausch im Cyberspace, während die Musiker auf drei Länder und zwei Kontinente verteilt waren. Man beichtet, dass am Ende doch einige Flugmeilen draufgegangen sind, um das Ergebnis der Ideen im kleinen Kämmerlein einzuspielen, während das Tape lief, um den Zauber einzufangen.

Wenn man irgendwann mal ganz einsam im Himmel hocken sollte, dann hat man mit dieser Scheibe immerhin einen sehr guten Begleiter, um sich die Zeit angenehmer zu machen. Und so auch hier auf Erden… (MW)

Format: CD / LP
Vertrieb: METROPOLIS
Mailorder: Going Underground
 

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