Artaud Seth (ex-Garden of Delight) hat mit seiner aktuellen Reinkarnation unter dem Namen Merciful Nuns seit Jahren die zweite Lunge. Die letzten Alben waren alle durchgehend qualitativ hochwertiger okkulter Goth Rock, wie man es seit knapp 35 Jahren vom Mastermind gewohnt ist. „Oneironauts“ bietet wieder alles an Zutaten, die mysteriösen Reisen in ferne Mysterien, zu uralten Menschfernen Gottheiten und okkulten Sphären. Kraftvoll produziert, wie immer manisch bis gefühlvoll vom getriebenen Fronter in Szene gesetzt, ist von sphärisch verträumt bis fast metallisch Goth-Rockend alles am Start. Die Konzept-Lastigkeit der späten psychedelischen Fields of the Nephilim, der rockige Einfluss straighter Sisters of Mercy ist natürlich das musikalische Salz in der Suppe. Nur wer denkt, hier wird reines Epigonentum betreiben, dem ziehe ich gerne jeden Zahn einzeln. Artaud und seine Mannen erkennt man mittlerweile sofort unter Hundertschaften, der Mann hat längst seine eigenen Trademarks definiert. Bereits der Opener und fast 15-minütige Titelsong ist ein sich auftürmendes Monster, generiert sehr individuelle düstere Stimmungen, taucht ein in Atmosphären, lässt metallische Riffs mit vielen psychedelischen Synth-Klangfarben kollidieren. Artaud thront wie immer über diesem Fundament, erzählt traumwandlerisch und mit besessener Leidenschaft seine okkulten Geschichten. ‚Requiem for the Departed‘ ist ein eher schleppend kürzeres Intermezzo, dafür rockt ‚Baal`Gor‘ um so kraftvoller. Wie präsent die drückenden metallischen Riffs zu den düsteren Nebelschwaden-Sounds harmonisieren und schwebend melodische Athmo-Parts ordentlich in dunkle Kammern hinabsteigen, ist einfach nur schwer unterhaltsam. Artaud selbst legt noch gesanglich ordentlich Inbrunst in den Topf und dürfte jeden Freund dunkler rockiger Klänge vollständig im Sack haben. Erzählerisch und fast Pink Floyd-affin funktioniert das schwebende ‚Summoning of the Fallen Host‘. Auch hier brechen inmitten des Songs kraftvolle Riffs über die bis dato schwebend ätherischen Parts hinein. Die Epik, die auch diesen Song in ungeahnte Höhen hievt, ist mächtig ohne Ende. Das ist eine dieser Stärken bereits aus längst vergangenen GOD Tagen. Tolle Gitarren-Motive, ausufernde ätherisch rockende Parts – bärenstark. ‚Souvenirs De Kvltan‘ zieht nochmal alle Register, ambiente Sounds, mystisch verklärt und dann ein Step b Step Szenario in eine Wall of Sound – Gesang und Atmosphäre einfach nur transzendent. Was Artaud und Co. seit Jahren an Qualität in Regelmäßigkeit auf den Plattenteller zaubern, zollt Respekt und zeigt das man anno 2024 mit düsteren Goth Rock, der die alten Helden nicht verleugnet, einen komplett eigenen Film zaubern kann.
(R.Bärs)
Format: CD, Digital |
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