Henryk Gericke – Tanz den Kommunismus (BUCH)

Henryk Gericke ist Autor, Herausgeber, Galerist, DJ (Nic Sleazy) und gerade der Mann der Stunde, wenn es um den Punk in der DDR geht. Neben seiner Mitarbeit an Film, Buch, Compilation und Ausstellung „Ostpunk – Too Much Future“, kuratiert er seit einigen Jahren die vorbildlich editierte Vinyl-Editions-Reihe „Tapetopia“, welche sich der Kassettenkultur im Untergrund der DDR widmet. Nun hat er auch endlich mit „Tanz den Kommunismus“ ein eigenes Buch über den Punkrock in der „Zone“ geschrieben, welches zwar recht spät kommt, aber dafür gleich absolute Gültigkeit erlangt! „Tanz den Kommunismus“ porträtiert vordergründig ostdeutschen Punkbands, welche ohne staatliche Genehmigung (Einstufung) aktiv waren und gibt aber gleichzeitig einen fachkundigen wie fast poetischen Blick auf die inhomogene Szene preis. Das liegt zum einen daran, das Henryk Gericke damals hautnah mit dabei war und zum anderen ist er halt ein absolut sympathischer, immer gut gekleideter korrekter Typ. Sympathisch, weil er nicht in den weitverbreiteten Kanon der weinerlichen Opferrolle anderer Zeitgenossen (Geralf Pochop) einstimmt und trotzdem mit lyrisch-gespitzter Feder die Stasi-Spitzeln in den eigenen Reihen auf ihre jämmerlichen Verräter-Plätze in der Geschichte verweist. Neben den bekannten Gruppen SCHLEIM-KEIM, PLANLOS, NAMENLOS, GEFAHRENZONE, ROSA EXTRA, L’ATTENTAT und WUTANFALL finden auf den 280 Seiten des Buches jede Menge weitere Formationen ihre Aufmerksamkeit, von denen zum Teil selbst Szenekenner noch nie was gehört haben. Das Ganze natürlich ohne Gewähr auf Vollständigkeit und das dabei die späteren und bekannteren sogenannten „anderen Bands“ der DDR (wie FEELING B, DIE SKEPTIKER, SANDOW, DIE ART etc.) hier nicht mit eigenen Kapiteln vertreten sind, liegt alleine schon durch deren Einstufung begründet und natürlich der subjektiven Entscheidung des Autors. Das gut in der Hand liegende Buch liest sich mit einer amüsanten Leichtigkeit,  die bei näherer Betrachtung ebenso in die Tiefe geht und ganz ohne diese verbitterte „Biermann“-Kotze auskommt. Letztendlich lässt „Tanz den Kommunismus“ selbst völlig ohne Ostalgie die DDR gar nicht mal so grau & trist erscheinen, wie manche es gerne hätten. Man kann das Buch dabei ganz normal von vorn, aber eben auch locker quer lesen und ist aber immer mittendrin im anarchistischen Geschehen. Das alleine ist ja schon rhetorisches Geschick und der im Buch enthaltene Download mittels QR-Code für den passenden Lesesoundtrack mit 44 DDR-Punk-Titel + selten bis nie zuvor gesehenes Fotomaterial sind locker die dafür aufgerufenen 20 Euro wert! (Marco Fiebag)

Format: BUCH
Vertrieb: Verbrecher Verlag
 

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