Günther Fischer ist ja so etwas wie der Klaus Doldinger des Ostens und gerade 80 Jahre alt geworden, aber immer noch fit und musikalisch aktiv wie eh und je! Zeit für eine Autobiografie war da eigentlich nicht vorgesehen, jedoch ließ sein alter DEFA-Kollege Eberhard Görner nicht locker und nötigte Günther Fischer letztendlich, sein Leben in Worte zu fassen. Nun ist ja Günther Fischer ein bescheidener und zurückhaltender Mensch, weshalb seine Autobiografie eher nüchtern ausfällt, obwohl seine internationale Karriere zwischen DDR und Hollywood weiß Gott das Zeug zum reißerischen Blockbuster hätte! Günther Fischer arbeitet dagegen völlig unaufgeregt im einfachen Schreibstil die jeweiligen Stationen seines Lebens ab, das anfangs vom Jazz in der noch jungen DDR bestimmt war, er dort einige Orchester- und Band-Erfahrungen durchlief, um schließlich zusammen mit dem Schauspieler Manfred Krug vier äußerst erfolgreiche und bis heute gefeierte Platten veröffentlichte. Die Ausreise von Manfred Krug in die BRD beendete jedoch diese fruchtbare Zusammenarbeit, aber da hatte sich Günther Fischer längst auch einen Namen als Filmmusik-Komponist gemacht. Seine funktionale (zum Teil auch etwas beliebige) kompositorische Fähigkeit, wie sein markantes Saxophon-Spiel führten ihn schon zu Zeiten des sogenannten „Eisernen Vorhangs“ ins nichtsozialistische Ausland und dort sogar bis nach Hollywood! Auf Grund dieser Referenzen konnte er nach dem Mauerfall problemlos weiter arbeiten, was vielen seiner Ost-Musiker-Kollegen erst einmal nicht vergönnt war. Allerdings erfolgte nach der Wende auch das Zerwürfnis mit Manfred Krug, welcher seinem Freund Günther Fischer auf üble Art und Weise nicht belegbare Vorwürfe machte, ein Stasi-Spitzel gewesen zu sein. Allerdings geht Günther Fischer hier in diesem Buch überhaupt nicht auf diese Vorwürfe ein und selbst die langjährige Zusammenarbeit mit Manfred Krug ist eher nur eine Randnotiz in seiner Autobiografie. Wäre doch gerade dieses Kapitel seines Lebens spannend gewesen, da mich (und sicher auch die anderen Leser) seine Sicht der Dinge wirklich interessiert hätten. Bis auf ein paar ironisch-versteckte Seitenhiebe und Spitzen in karge Nebensätze auf seinen ehemaligen Freund erfährt man daher leider nicht viel darüber. Wesentlich aufschlussreicher dagegen der zweite Teil des Buches, wo Kollegen, Freunde, Weg- und Zeitgenossen von Günther Fischer im Interview über ihn berichten. Diese sind neben erwartbaren Ost-Kollegen wie unter anderem Henry Hübchen, Gojko Mitic, Uschi Brüning oder Uwe Steimle, auch die Weltstars Armin Müller-Stahl und Klaus Maria Brandauer! Von Rainer Oleak zum Beispiel erfährt man da wesentlich mehr über den Sachverhalt mit Manfred Krug und ansonsten gibt gerade diese zweite Hälfte der Biografie einen sehr guten Blick auf den Menschen Günther Fischer frei, der inzwischen in Irland lebt. Neben jeder Menge Lob, Ansehen und Verehrung findet DDR-Jazz-Legende Günther „Baby“ Sommer sogar einige kritische Worte über ihn, was diese Autobiografie noch natürlicher und sympathischer erscheinen lässt. Ansonsten liegt das Buch mit rund 300 Seiten im Hardcover gut in der Hand, ist großzügig bebildert und deshalb der Preis von 28 Euro absolut angemessen. (Marco Fiebag)
Format: BUCH |
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