Reinhold Friedl ist Komponist und Pianist, der Direktor des Ensembles Zeitkratzer, das sich an Interpretationen einiger Größen des Experimentellen versucht hat, die durchaus beeindruckend genannt werden können. Darunter Lou Reeds Metal Machine Music, die frühen Kraftwerk, Whitehouse und Column One. Das wiederum mit einem klassisch akustischen Instrumentarium, welches selbst höchst synthetische Klänge verblüffend echt nachbilden kann. Friedl war Gastprofessor an einigen europäischen Universitäten und ist Spezialist in Sachen Iannis Xenakis. Wie diesem geht es Friedl um die Musik und um die Erweiterung dieser und ihres Begriffs. Dafür geht er auch immer wieder noch einen Schritt weiter.
Dieses Mal traf er auf Martin Siewert. Auch ein umtriebiger Mensch, der mit vielen Projekten unterwegs ist und damit von sich hören macht. Am bekanntesten dürfte hier wohl die Band Radian sein. Eine der wenigen wirklich spannenden Rockbands, die seit dem Jahr 2000 über die Genregrenzen hinaus Ungewöhnliches produziert. Auch Siewert spielte schon mit einigen Größen der Experimental- und Improvisationsmusik. Und nun spielen beide zusammen. Friedl das Piano und Siewert Gitarre nebst flächenspannender Elektronik.
Das Resultat der Zusammenarbeit heißt Lichtung. Ein aus drei Stücken bestehendes Album mit einer Spielzeit von mehr als 45 Minuten, das zunächst mit einem infernalischen Girtarrendröhnen beginnt und sich, gebrochen von Klaviertönen, folgend durch die Stücke schleppt. Im Verlauf ist oft nicht deutlich zu unterscheiden, ob nun das präparierte Klavier oder die ebenso effektvolle Gitarre zum Einsatz kommt. Grad der beindruckend weite Dynamikbereich gibt hier zu denken. Etwa dass es mittlerweile unüblich geworden ist, in der Musik auf nahezu stille Stellen zu setzen. Womöglich aus Furcht vor dem Weiterklicken zum nächsten Titel. Nach dahin, wo mehr los, alles auf Anschlag gestellt ist und jedes noch so kleine Instrument den hörbaren Frequenzbereich vollständig ausfüllt.
Auf dieser Lichtung muss genau hingehört werden. Da ist dann ein Schaben, sind Kontakttöne, stehende Flächen, die fragmentiert zu Erdschollen werden. Da verwischen die Grenzen. Die zwei Saiteninstrumente laufen manchmal sogar ineinander. Da schrammt oder fiept mal das Klavier, mal die Gitarre. Mal spielt das eine Instrument Einzeltöne, wobei das andere die Fläche dazu unterlegt, mal ist es andersherum. Das Ganze ist manchmal Jazz und Avantgarde, mal Musique Concrete und mal sind Anleihen an den frühen Krautrock zu hören. Insgesamt also ein Album, das es in sich hat. (awk)
Format: CD |