Seit gut 8 Jahren arbeiten sich nun schon Daniel und Sebastian Selke als Neo Klassik-Duo mittels der experimentellen Kombination von Cello und Klavier an ihrer Herkunft aus Ostdeutschland ab. Mit den drei Alben „Concrete Fields“, „Waende“ und „Hiddensee“ haben sie unter dem etwas sperrigen Namen CEEYS eine äußerst interessante und empfehlenswerte Trilogie über ihre Kindheit und Jugend im „real existierenden Sozialismus“ zwischen Plattenbau und Ostseeküste veröffentlicht. 2022 erfolgte mit dem Album „Marienborn“ der Wechsel zum einprägsameren Namen BRUEDER SELKE und mit dem aktuellen Werk verlassen sie nun auch das Gebiet der ehemaligen DDR. Man bleibt jedoch der kommunistischen Ära verhaftet, denn „Belka & Strelka“ ist ein Konzept-Album über die sowjetische Raumfahrt bzw. deren Versuche mit Tieren, bevor der erste bemannte Weltraumflug mit Juri Gagarin erfolgte. Belka und Strelka waren die ersten Hunde, welche damals lebend wieder aus dem Weltall zurück gekehrt waren. Die wesentlich bekanntere Hündin Laika hatte zuvor dieses Glück leider nicht, diente dafür aber schon als Vorlage für einige Rock Band-Namen. Jetzt haben die BRUEDER SELKE den beiden anderen „Space Dogs“ ebenso ein musikalisches Denkmal gesetzt. Das Album wurde dafür 2022 kurz nach Ende der Corona-Pandemie Live in Dresden im Jazzclub Tonne eingespielt, übrigens einer der schönsten Veranstaltungsorte der Fürstenstadt! Ich hatte das Glück, damals vor Ort zu sein und diesen intimen wie intensiv-berauschen Konzert beizuwohnen. Die BRUEDER SELKE bedienten sich an jenem Abend deutlich mehr ihrer analogen Vintage Elektronik aus dem Hause Vermona und Soma und kombinierten die nervös flackernden Sounds mit mal sperrig-dissonant gezupften, wie warm brummenden gestrichenen Cello-Klängen. Als äußerst angenehm bei den beiden Brüdern empfinde ich immer schon den völligen Verzicht auf Pathetik und solistischer Show und so auch wieder bei diesem ganz besonderem Konzert. „Belka & Strelka“ changiert irgendwo im Niemandsland zwischen Schwere und Leichtigkeit, klingt melancholisch versonnen, verträumt und verspielt. Man schwebt förmlich aus der tiefen Vergangenheit in eine ungewisse Zukunft, jedoch mit dem Wissen um die Geschichte von Belka und Strelka. Strelka bekam nach dem Flug 6 Welpen, wovon Nikita Chruschtschow eine Hündin der Tochter von John F. Kennedy schenkte und diese sich dann wiederum mit dem Kennedy-Hund Charlie paarte. Dieser Wurf hatte weite 4 Welpen zur Folge, welche von JFK als Pupniks (Mischung aus Puppy und Sputnik) betitelt wurden – vielleicht gibt es ja doch noch Hoffnung für diese Welt?! Erst einmal bleibt aber dieses wunderbare Album, welches sehr audiophil klingt und ich deshalb besonders die Vinyl-Ausgabe ans Herz legen möchte. Bei jener kommt, abgesehen von der hervorragenden Pressung, das schöne Cover-Artwork natürlich am besten zur Geltung und neben einem Beiblatt und gefütterter Innenhülle, ist auch noch ein Download-Code enthalten. „Belka & Strelka“ ist mein persönliches Konzept-Album des Jahres 2023! (Marco Fiebag)
Format: LP/CD |
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