DEPECHE MODE sind ja gerade wieder in aller Munde, aber es sind nicht etwa die Songs des aktuellen Albums „Memento Mori“, sondern die tragischen Umstände, unter denen es veröffentlicht wurde. Andy „Fletch“ Fletcher war völlig überraschend mit nur 60 Jahren gestorben und obwohl er musikalisch schon seit Jahrzehnten für DEPECHE MODE nicht mehr relevant war, brachte sein unerwarteter Tod das fragile Bandgefüge arg ins wanken. Doch statt diesen traurigen Umstand als Anlass zu nehmen, das Thema DEPECHE MODE in die wohlverdiente Rente zu schicken, muss die Kuh bzw. die Fans weiter mit völlig überteuerten Tonträgern, Merchandise und Konzerttickets gemolken werden. Klar, der Cashflow darf nicht stoppen, denn das sonnige Leben in den Staaten der beiden übrig gebliebenen Mitglieder und insbesondere der alberne Boutique-Fummel von Teilzeit-Queer-Role-Model Martin Gore wollen finanziert sein. Die jeweiligen Album-Veröffentlichungen seit dem Jahrtausend-Wechsel waren ja auch nur Alibis, um auf Tour zu gehen bzw. abzukassieren und keines davon schaffte es nur annähernd eine solche Nachhaltigkeit zu erzeugen, wie ihre Alben bis 1993. DEPECHE MODE waren schon immer die Summe ihrer Teile und am besten hatte das damals 1990 beim Album „Violator“ funktioniert, womit wir endlich auch beim eigentlichen Thema wären. Dieses Album gilt gemeinhin als das perfekteste und erfolgreichste Werk der Band. Das vorliegende Buch seziert jetzt fast minutiös die Zeit um die Entstehung dieses Meisterwerks. Obwohl DEPECHE MODE die Mitarbeit daran abgelehnt haben, ist trotzdem (oder gerade deshalb) „Halo“ ein hoch interessantes und faszinierendes Protokoll rund um „Violator“ geworden! Neben Zitaten der einzelnen DEPECHE MODE-Mitglieder kommen hier vor allem die Macher des Albums aus der „zweiten Reihe“ zu Wort, ohne die es „Violator“ in der letztendlich runden Endversion nie gegeben hätte. Es waren nämlich die verschiedenen Produzenten, Mixer, Mischer, Ton-Ingenieure, Techniker, Assistenten und Studio-Musiker, welche das Album erst zu dem gemacht haben, was es dann schließlich war. Ohne das damals noch großartige Songwriting von Martin Gore und die fantastische Gesangs-Leistung von Dave Gahan in Frage zu stellen, waren es Produzent Flood und der exzellente Studio-Tüftler Alan Wilder, die das Ganze in die geschmeidige Form gebracht haben. Was mich an den meisten Musiker-Biografien bisher immer gestört hat, welche ich in den letzten Jahren gelesen habe, ist das fehlen von detaillierten Informationen und Schilderungen über die Aufnahme-Prozesse im Studio. „Halo“ ist davon das komplette Gegenteil, denn es bildet kurzweilig wie abwechslungsreich die „trockene“ Studio-Arbeit und dem Drumherum ab. Studio-Insider wie Francoise Kevorkian, Steve Lyon, Paul Kendall, Gareth Jones, Pino Pischetola, Phil Legg, David Brown und Roberto Baldi geben Einblick hinter die Kulissen der Entstehung von „Violator“. Hochinteressant die Erinnerungen von Studio-Musiker Nils Tuxen, der erst viele Jahre später erfahren sollte, in welchem Sample sein Pedal Steel-Gitarre-Beitrag verarbeitet wurde. Ebenso die traumatisierenden Erfahrungen der Sängerin Billie Ray Martin, die mit ihrer Band ELECTRIBE 101 Vorgruppe von DEPECHE MODE auf der „World Violator Tour“ war. Des weiteren kommen dann noch Video-Produzenten, Video-Darsteller, Manager, Promoter und Fans zu Wort. Und wenn sich noch jemand fragen sollte, was eigentlich Fletch in dieser Zeit gemacht hat, gibt auch „Halo“ eine Antwort dazu: Er hat sich um die Autogrammkarten gekümmert… „Halo“ ist, ähnlich dem „Monument“-Band von Dennis Burmeister & Sascha Lange, ein absolutes Muss für die Fans von DEPECHE MODE, wenn auch der Bildanteil darin etwas zu wünschen übrig lässt, dafür gibt es aber genügend andere Bücher zu diesem Thema. Knapp 250 fesselnde Seiten, die ich fast in einem Rutsch verschlungen habe und ich auch in Zukunft noch öfters nachschlagen werde. Dafür sind die aufgerufenen 25 Euro mehr als gerechtfertigt und man wird danach zwar das Album „Violator“ nicht mit anderen Augen sehen, jedoch mit anderen Ohren hören! (Marco Fiebag)
Format: Buch |
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