TENHI – Valkama (CD / LP)

Ich hab dieses Album herbei gesehnt, fühlte intuitiv, es wird ein kleines Pflaster auf so manche Wunde. Der Opener „Saattue“ nimmt ein mit wundervollen warmen Akustik-Gitarren an die Hand, stille Streicher im Hintergrund bauen Step by Step ein tief schürfendes Panorama auf, es ist wie ein Übergang in eine ätherische, waldige Welt, ganz weit außerhalb vom Hier. „Valkama“ steht für Hafen und vielleicht steht dieser Sound, das In sich kehren für genau diesen eigenen Hafen, den es gilt zu finden, der ein beruhigt, in dem man sich sicher fühlt, frei von Belastung, Angriffen, vom oft nicht friedvollen Außen. Ich hab die Platte in späten Abendstunden zuletzt immer wieder gelebt, wenn etwas frische Luft vom Walde her in die Zimmer zog, das letzte Rest Tageslicht verschwand. In genau diesem Moment fühlst du diese nordische Musik, welche mich nach wenigen Takten zum Weinen bringt, es ist einfach Schönklang, tief romantisch, melancholisch und wer Of The Wand and the Moon, Sigur Ros und Solstafir fühlt, wird auch diese Zerbrechlichkeit im Sound wahrnehmen und es wahlweise im Hintergrund wie einen stillen Wasserfall weit oben im Nirgendwo rauschen lassen oder den direkten Zugang durchs unmittelbare Wahrnehmen jeder der feinen, nuancierten Melodien in sich aufsaugend. „Kesävihanta“ mit Geisterhaften, lieblichen Female-Backings und dem erzählerischen finnischen Bariton ist für den driftenden Blick in die Tiefe der Stille, es inspiriert unweigerlich zur Innenschau, es berührt, so man Entschleunigung zulassen kann. Der Titelsong ist mächtig, umarmt in einer Größe, Anmut, zum Heulen schön, wenn die Finnen orchestral den Song in die Wipfel tragen, mit einer wunderschönen Melodie versehen, die mal wieder irgendwie außerweltlich erscheint und das braucht man in Zeiten wie diesen um so mehr. Wie mit Hall auf Stimme und Instrumenten eine wirksame Weite, Tiefe in Sachen Stimmung und Atmosphäre erschaffen wird, die wieder sehr an die frühen Werke der Finnen erinnert, und wie sehr sich auch dabei zeigt, das die Finnen auf manch ihrer Vorgänger zu sehr in experimentellen Collagen verloren, ist der Fokus auf den über episch, ausladenden 70 Minuten ausschliesslich auf prägnanten Songs, voller eingängiger Melodien, klarer Strukturen mit viel Atmosphäre. „Rintamaan“ oder das kraftvoll folkige „Sydämes on Tiel“ gemahnen an die Dänen Of The Wand and The Moon, lässt die Nähe zum nordischen Neo-Folk mit vollen akustischen und Flötenklängen ganz klar diese Verbundenheit erkennen. Entrückte, mit erzählerischen Gesang, Orgel-ähnlichen Sounds, führen mal wieder tief ins waldige Versteck. Mit einigen herausragenden, sehr hymnischen Momenten und der Reife im Sound nach mittlerweile über 25 Jahren Bandgeschichte schließt man ein wenig den Kreis zu den Natur-Romantik inspirierten Frühwerken, welche mit klaren Drums, tröpfelnden Piano und diesen sehr speziellen Akustik-Gitarren Motiven, den mehrstimmig nordischen Chören eine fantastische, sehr berührende Allianz finden, die weit hinaus trägt („Hele“). Die Rückkehr der Finnen ist auf den Punkt, trotz der epischen Länge des Albums. Im Gegenteil, es wird eingeladen zu verweilen, abzutauchen, für einen kurzen, entrückten Moment in diese nordisch, mythische Geisterwelt zu entschwinden. Nach den zuletzt beeindruckenden Alben von Isafjord, Ofdrykkja, Jonathan Hulten erneut ein heilsames, tröstendes Beispiel nordischer Kunst. Man geht auf die Reise und ich bin erneut verliebt.  (R.Bärs)

Format: CD / LP
Vertrieb: SOULFOOD / PROPHECY
Mailorder: Going Underground
 

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