Stummfilm und Ambient, zwei meiner Vorlieben treffen hier aufeinander. Bei „In The Nursery“ durfte ich erstmals erleben, wie sich schwarze Musik ungemein gut mit stummen Bildern (beim Kabinett des Dr. Caligari) verträgt. Ich konnte also um Vortex‘ mittlerweile 7. Album gar nicht herumkommen, zumal es sich hierbei bereits um das zweite Rendezvous dieser Musiker mit einem Stummfilm handelt. Bereits vor 8 Jahren begleiteten sie musikalisch den Stummfilm“ Vampyr“. Als physischer Tonträger ist dieser künstlerische Ausflug leider nie erschienen, war aber als Download zu haben.
Anders verhält es sich mit Häxan. Nach Auftritten, u.a. beim International Film Festival in Braunschweig und beim Exground Filmfest in Wiesbaden, haben Oliver Freund und Marcus Stiglegger ihre Arbeit auf Vinyl und CD pressen lassen. Zwar ist die Auflage mit 300 Exemplaren recht klein aber selten habe ich ein visuell so ausgezeichnet mit dem musikalischen Inhalt abgestimmtes Layout bei einem Tonträger gesehen. Das Gatefold-Cover wurde mit Zeichnungen von Nadine En Noir versehen, die auf Standbildern des Stummfilms basieren. Beim Aufschlagen des Gatefolds findet sich die beigefügte CD zentral auf dem Karton (zur Linken) angebracht. Ein kleiner Präsentierteller, der es in sich hat. Denn die Musik auf der CD weicht deutlich von der auf der LP ab. Die Platte trägt mehr die Live-Ästhetik der Stummfilmbegleitung auf, die sich durch einen doomigen Gitarrennebel und sich da hindurch quälende Pauken auszeichnet und eine rauhe, ähnlich einem Demo, weniger stark bearbeitete Fassung zu Gehör bringt. Auf der CD findet sich ein mehr differenzierender, abstufender Ambient-Mix. Macht man sich vom Gedanken frei, dass es ein Stummfilm-Soundtrack ist, wird man die CD wahrscheinlich öfter hören als die Platte. Die Stimmung des Films trifft die Platte aus meiner Sicht aber besser. Davon will ich mich gern auf dem WGT im Leipziger Schauspielhaus überzeugen.
Mit diesem neuen Album haben Vortex einmal mehr bewiesen, dass sie eine feste und in Sachen Qualität zuverlässig tragende Säule im Dark Ambient sind, wo man ja gerne auch erstmal gen Norden schaut. Vor der Haustür findet sich aber eben auch oft gutes Zeug für den Plattenteller. Das beweisen die Herren nebenbei auch im Dark Folk-Bereich mit ihrem zweiten musikalischen Standbein „Mars“. Der vielleicht schon leicht ergrauten Leserschaft wird Herr Stiglegger vielleicht auch noch vom Ritualfolk-Projekt :Golgatha: ein Begriff sein, welches er seinerzeit mit Gernot Musch und Birte K. betrieb.
Mit Tipp: Zugreifen, bevor es zu spät ist, denn letztendlich erhalten Sie hier gleich zwei Ambient-Scheiben, die Ihnen angenehm kalte Klänge zu Gehör bringen werden. Und der heiße Sommer kommt bestimmt! (MK)
Format: LP&CD |
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