KASTRIERTE PHILOSOPHEN = sperriger Name, wie spröde herbe Musik und das schon seit 1981. Na ja, nicht ganz, denn Mitte der 90er war eigentlich Schluss mit der Hamburger Band, weil Matthias Arfmann ab da als Produzent und Manager für u.a. ABSOLUTE BEGINNER, Jan Delay, FISCHMOB, SEEED und COMMERCIAL BREAKUP völlig ausgelastet war. Musikalisch saß das Duo Katrin Achinger und Arfmann von Anbeginn zwischen allen Genre-Stühlen, denn man pendelte permanent irgendwo zwischen Dark Wave, Indie Rock, Folk Chanson, Dub und Reggae hin & her und dann auch noch mehrsprachig. Damit war man zwar Kritiker-Liebling bei SPEX & Co, aber kommerziell gesehen eher unter dem Radar der Indie-Szene und das trotz eines Andrew Eldritch-Remix für die „Toilet Queen“-Single. Mein erster Kontakt mit der Band war 1990 die „Leipzig D.C.“-Platte, welche ich mir auf Grund einer guten Kritik in der NM! und dem interessanten Cover zugelegt hatte. Allerdings konnte ich mit der Musik + Gesang damals dann nicht viel anfangen und zu dieser Zeit waren auch noch andere Platten wichtiger, denn es gab ja nach dem Mauerfall viel nachzuholen. Im Laufe der Jahre wuchs meine KASTRIERTE PHILOSOPHEN-Sammlung doch stetig weiter, da die Platten Second Hand relativ günstig zu bekommen waren und ich irgendwie das Gefühl hatte, diese später noch schätzen zu wissen. Ich sollte damit Recht behalten, denn inzwischen sind die Platten nicht mehr so einfach zu finden bzw. kann ich dem schon recht seltsam eigenen Sound der KASTRIERTEN PHILOSOPHEN deutlich mehr abgewinnen, als noch 1990. Außerdem klingt zum Beispiel das Vinyl von „Leipzig D.C.“ absolut phantastisch bis fast schon audiophil und deshalb finde ich es äußerst verwunderlich, das kein Song dieses Albums auf der aktuelle Best Of berücksichtigt wurde?! Ansonsten gibt „Jahre // 1981-2021 + 1“ mit 15 Titeln einen wirklich repräsentativen Überblick auf die verschiedenen Schaffensphasen der KASTRIERTEN PHILOSOPHEN. Dabei sind die einzelnen Songs nicht einmal chronologisch angeordnet, sondern bunt durcheinander gemischt und ergeben trotzdem ein überraschend homogenes Klangbild. Natürlich wurde das alte Material dafür dezent aufgefrischt und gemastert, wie um zwei brandneue Songs ergänzt. „Time“ und „Jahre“ bilden dabei den Anfang und das Ende dieser empfehlenswerten Best Of-Compilation und machen definitiv Lust auf mehr! Nicht auszuschließen und auch begrüßenswert, wenn da in Zukunft wieder was kommen würde. Digital wird jetzt jedenfalls nach und nach der komplette Backkatalog neu veröffentlicht bzw. erstmals als Download und im Streaming verfügbar sein. Wer allerdings etwas richtiges in der Hand haben möchte und sich (noch) nicht auf die Suche nach den Originalen machen will, der ist mit „Jahre // 1981-2021 + 1“ bestens beraten! (Marco Fiebag)
Format: 2LP/CD |
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