Definitiv schon mal der beste Album-Name des Jahres! Ohne in zu viel Nostalgie und verklärende Romantisierung zu verfallen, gab es diese Zeiten ca. Mitte bis Ende der 90s, in denen fast wöchentlich sehr wertige Platten durch Label wie Cold Meat Industry, World Serpent und auch Projekt Records den Markt fluteten. Diese meist im Spannungsfeld von Neo-Folk,Dark Ambient und atmosphärischen Wave-Klängen. Die Franzosen von Dawn+Dusk Entwined hinterließen damals mit ihrem zwischen Dark-Ambient und sakralen Wave pendelnden Debüt-Album auf World Serpent eine kleine, aber feine Spur im mittlerweile sehr verwehten Sand der Zeit. Was darf man anno 2022 also erwarten? Eine Platte zwischen viel sphärischen Dark Wave, welcher mich an die besten Momente der Italiener von Runes Order oder auch die früheren Jahre von Kirlian Camera gemahnen, bevor diese die Tanzflächen entdeckten. Eine Platte die im Vergleich zu den ganz frühen Werken der Franzosen wesentlich offener, poppiger und tanzbarer ist. Analoge Keyboards, viele Soundtrack-artige John Carpenter-Einflüsse werden mit Schnipseln aus Ambient, klassischem Dark Wave und PostPunk pointiert, das auf sehr hohen Niveau über knapp 44 Minuten. Spannende Gast-Beiträge wie die eines Patrick Leagas von Sixth Comm im wunderschön elegischen, aber auch thematisch sehr düsteren, zwischen Neo-Klassik und minimalen PostPunk treibenden „Promises to Keep“, während Helene Carpentier „The Earth is my Church“ und „Brumes“ veredeln dürfte. David S., der Kopf hinter dem Projekt, hat eine angenehm dunkle, unaufgeregte Stimme, welche in Songs wie den sehr an Runes Order oder Trisomie 21 erinnernden „She came from the East“ seine volle Wirkung entfaltet. Minimale Strukturen, Drum-Patterns, welche sich mit dichten, sehr melodiösen Synthie Flächen harmonisieren, lassen diese alten Zeiten aufleben, ohne irgendwas gestrig wirken zu lassen. „Le Lointain..“ ist ein eher Dark-Ambient orientiertes Instrumental/Zwischenstück, welches mit dem von H.Carpentier eingesungenen sehr sakral atmosphärischen „Brumes“ ein Highlight der Platte folgt. Im späteren Verlauf der CD gefallen das sehr nächtlich elegische, von melancholisch, sphärischen Keyboards getragene „A La Faveur De La Nuit“ (Voice David S.), während das im Duett mit H.Carpentier gesungene „The Earth is my Church“ mit erneut sehr fragilen, schwebenden Atmosphären und Gewitter-Samples tief in den Sternenhimmel blicken lässt. Der winterlich anmutende Rausschmeißer “ Never Learn“ fasst mit klassischen entrückten Dark Wave Beats diese Platte nochmal perfekt zusammen und führt sie auf den Punkt! Das dystopische, sehr aktuelle Video ist zusätzlich sehr zu empfehlen. Eine nostalgische Abfahrt, welche mit den wichtigsten Referenzen die besten Jahre dieser Stilistik musikalisch zusammen führt und Freunde solch seinerzeit sehr kreativen Bands wie Runes Order, die frühen Kirlian Camera, Frozen Autumn oder auch den Cold Wave früherer Lycia oder Morthem Vlade Art geliebt hat, wird mit all den analogen elektronischen Sounds und romantisch wehmütigen Atmosphären seine Freude haben. Dark Wave, wie es ihn so heute eigentlich kaum noch zu hören gibt und somit klare Empfehlung-ein schönes Album für die dunkle Jahreszeit..
(R.Bärs)
Format: CD |
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