ISAFJORD – Hjartastjaki (CD,Vinyl)

Hilfe..das ich hier kurz vor Jahresende noch so eine DNA-Platte zu hören bekomme, Wahnsinn! Das Projekt um Solstafir´s Frontmann Addi nebst Pain of Salvation´s  Ragnar Zolberg zwingt mich bereits allein in ihren beiden hochwertigen Video-Clips in die Knie, schafft die visuelle Umsetzung in S/W Optik (fantastische Island-Aufnahmen) eine tief greifende Symbiose zu den hoch emotionalen Klängen. Über knapp 50 Minuten die komplette Hypnose, da haben sich 2 gefunden, wundervolle Vereinigung der wie immer typisch kauzigen, schwer leidenden Vocals von Addi, dazu die jugendlich, zerbrechliche Emo-Stimme Ragnar´s. Die Musik skelettiert mich vom ersten Hören an blank bis auf die Knochen, die Schwere, die nordische Melancholie, mit viel Effekten auf den Gitarren, Echos aus hymnischen Postrock, der Entrücktheit der wundervollen Sigur Ros sehr nahestehend, den innehaltenden Momenten manch großer Solstafir-Momente natürlich nicht unähnlich. Man lässt den Songs viel Raum, Dichte durch Statik, vorwiegend langsame Tempi, Enthaltsamkeit bei gleichzeitig zerreißender Emotionalität, wenn die Dynamik sich gern im Verlauf der Tracks zu einem isländischen Gletscher auftürmt. Lässt man sich darauf komplett ein, läuft man phasenweise Gefahr, unter diesen Lawinen komplett in einem Meer aus Tränen verschütt zu gehen. Die beiden wissen es perfekt, aus simplen Rhythmen, wahnsinnig dichten Sound-Strukturen im Aufbau und Steigerung eine Intensität Schicht um Schicht zu stapeln, das wirklich kein Auge trocken bleiben muss („Heidin“). Songs wie das fragile in englisch gesungene Duett „Fjord of Hope“ und vor allem das nur traurige „Min Svarta Hlid“ sind wunderschön, aber kaum auszuhalten in ihrer Zerbrechlichkeit und sehnsuchtsvollen Intonation. Eher selten, wie im sich entwickelnden „Kuldaro“ gibt es sogar vorsichtige härtere Gitarrenspuren. Wenn Musiker nur ihrem Gefühl folgen, Genre-Zugehörigkeiten keine Rolle spielen, kommen einfach immer die schönsten Perlen an die Oberfläche (siehe Kauan, Seigmen,This Empty Flow, Shamrain, Les Discrets). Die Bass-Lastigen, dronigen Solstafir-affinen Gitarren Effekte, der in die isländische Weite, mit viel Hall unterlegte Gesamtsound kitzelt das Kopfkino allumfassend, die Atmosphäre bleibt die komplette Zeit getränkt in tiefer Melancholie, man spürt die isländische Einsamkeit in jeder Faser, jedem Akkord, jeder Melodie. Den beiden gelingt es auf so wundervolle Weise, ihre doch so unterschiedlichen Stimmlagen in schaurig schönen Einklang zu bringen, ob getrennt voneinander oder zusammen im Duett. Isafjord geizen nicht mit Gefühl und Kraft, tiefer schwerer Melancholie, ein stetiges Aufbäumen, ein immer wiederkehrendes Innehalten, die manchmal grausame und zugleich kaum auszuhaltende Schönheit ihrer Heimat tief im musikalischen Habitus verankert. Songs wie der unglaublich berührende Titelsong, das epische, sehr düstere, an meine ewigen norwegischen Helden Seigmen erinnernde „Andvök“ oder das sich mit letzter stoischer Kraft ins Ziel rockende „Njalssaga“ wohnt eine Aura inne, welches hier kurz vor Jahresabschluss nach der schon sehr intensiven Holy Fawn einen weiteren Kracher in Sachen hoch emotioneller Nischenmusik zwischen Postrock, Doom und Alternative bietet, die meine Jahres Top 10 nochmal neu durchmischt. Jenseits von Sparte, Kalkulation, Genre Definition gelingt den beiden ein einfach nur in die Seele blickendes, sehr emotionales Album, welches tief berührt! Für die Stille, für die Weite, fürs Innehalten und natürlich die dunkle Jahreszeit!

(R.Bärs)

Format: CD,Vinyl
Vertrieb: Svart Rec.
 

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