Diese junge Berliner Band legt mit „Calls from Afar Shores“ ein wahrlich ausgewogenes Debüt-Album vor. Irgendwo im weiten Spannungsfeld von Alternative,Post und modernen ProgRock wird mit viel Gespür für Dynamik, Atmosphäre in Stimmungsbildern variiert und Bands wie Dredg, Muse, Karnivool, die eher ruhige Seite von Oceansize sind positive Referenzen, die man ohne Name-Dropping zu betreiben, einfach mal als positives Wiedererkennungsmerkmal stehen lassen darf. Im eigenen Studio reifte dieses feine Stück modernen Artrocks zu einer wirklich sehr kurzweiligen Angelegenheit. Es wirkt überhaupt nichts bemüht, die Einflüsse sind wie o.g. erkennbar, aber allein durch die doch individuelle Stimmlage des Sängers, welcher auch mal in kurzen Überschwang-Momenten ins Muse´sche Falsett abdriftet, atmet die Platte ihr eigenes Charisma. In vielen Momenten steht der verspielte, sehr atmosphärisch ausgelegte Gitarrensound für die gute Zeit einer der ganz großen Dredg-Momente zu „El-Cielo“ oder „Catch without Arms“-Zeiten, wenn auch die allumfassende, umarmende Größe eben dieser Platten natürlich noch nicht erreicht wird. Arionce gelingt es Dank der ausgewogenen Produktion (wundervoll in Szene gesetzte Bassläufe, feine differenzierte Gitarren, dynamisches Drumming) die Musik in Stimmungsbilder zu verwandeln. Viele sehnsüchtige, hymnische Parts begleiten den Hörer vom kraftvollen, leider viel zu kurzen Opener „Dawn(cfas), über das treibende, aufwühlende „Leucosia“ weiter zu melancholisch entrückten, immer etwas vertrackt inszenierten Mini-Hits wie „Your Spell“ oder das gesanglich sympathisch an Talk Talk oder eben auch erneut an Dredg erinnernde „Hunted by Illusions“. Das entschleunigte, im weiteren Verlauf mit kraftvollen Schwung belebte „Manticore“ wirkt in Nuancen nicht ganz Formvollendet, dafür begeistert das darauffolgende schmerzhaft, traurige „Conversation“ wieder um so mehr. Atmosphäre pur-die Norweger von Gazpacho grüßen aus dem hohen Norden. Die Berliner wissen stetig im richtigen Moment die Dynamik-Kurve nach oben aufzubrechen, aber natürlich gibts auch noch Luft nach oben für kommende Alben. Inhaltlich geht um die Aufarbeitung persönlicher Verlust-Erfahrungen, den Umgang mit Krankheits-Bildern Nahestehender, sowie die Suche nach Kraft in Isolationszeiten wie diesen zuletzt. Wer im Spannungsfeld von progressiven Alternative-Rock Strukturen seine Vorlieben sieht, darf sich diesem hoffnungsvollen Newcomer gerne widmen, die Platte lebt von vielen tollen Gitarren, ist hymnisch beseelt mit vielen melancholisch euphorischen Song-Strukturen. Manch gute Idee hätte aus meiner Sicht ruhig in längeren Songs verewigt werden können, da ist doch Dank der progressiven, dynamischen Ausrichtung der Band etwas Potenzial verschenkt worden. Trotzdem ein riesiges Kompliment für eine Veröffentlichung, die über weite Strecken eine spannende junge Alternative Rock Band präsentiert, die Lust auf Kommendes macht.
(R.Bärs)
Format: CD / LP |
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