„Ich werde mir nicht den Klassizismus versauen lassen!“ – Interview mit dem Maler MAX RENNEISEN

Mit seinen von den Alten Meistern inspirierten Gemälden besetzt der 1977 in Hamburg geborene, mittlerweile in Berlin lebende Max Renneisen in der deutschen Kunstszene eine Außenseiterposition – noch jedenfalls. Aber da auf dem internationalen Kunstmarkt zunehmend Künstlerinnen und Künstler Aufmerksamkeit erregen, die in klassischer Manier arbeiten, wird vielleicht auch Max Renneisen bald in den Fokus eines breiteren Publikums rücken. BLACK hat den Maler zu den Hintergründen seines Schaffens befragt.

 

?Wie bist Du zur Malerei gekommen?

 

Ich habe mir nie gesagt: Jetzt werde ich Maler oder Künstler. Es war letzten Endes ein schleichender Prozess. Nach der Schule wollte ich zunächst Architektur studieren und habe mich kurzfristig an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart beworben, wo man zur Aufnahme eine Mappe einreichen und einen Eignungstest ablegen musste. Daraus wurde aber nichts. Während eines neunmonatigen handwerklichen Praktikums in einer Zimmerei und beim Metallbau habe ich dann einen Vorbereitungskurs besucht und wurde bei der zweiten Bewerbung in Stuttgart angenommen. Das machte mich aber skeptisch, da es offenbar nicht um die künstlerische Eignung ging, sondern darum zu lernen, was für die Prüfer das Entscheidende ist, also um die Bestätigung ihres Systems. Ich habe nichts gegen die Bestätigung eines Systems, aber dann muss ich mich mit diesem identifizieren, und das konnte ich nicht. Ich habe mich daher für ein Architekturstudium an der Bauhaus-Universität Weimar entschieden. Ich dachte, das wäre technischer und neutraler, war es aber nicht, sondern das Gleiche nur ohne Aufnahmetest. Hast du etwas Eigenes gemacht, gab es bestenfalls eine 2, hast du die Erwartungen der Professoren und Dozenten erfüllt, gab es eine 1. Das war leicht, hat mich aber abgeschreckt und frustriert. Ich habe dann sehr viel Zeit in der gut sortierten Universitätsbibliothek verbracht und bin irgendwann in der Abteilung Malerei gelandet, wo ich immer ganz alleine war. Dort habe ich Frans Hals und andere Alte Meister entdeckt. So zu malen, das wollte ich dann unbedingt lernen, wusste aber nicht wie und wo. Ich habe mich daraufhin an den Akademien in Hamburg, Berlin und Wien umgesehen und musste erkennen: Die Akademien sind nichts für dich, da wirst du nie das lernen, was du lernen willst. Also habe ich mit Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität in Berlin angefangen und die Bilder in den Kunstsammlungen studiert.

 

?In welcher malerischen Tradition würdest Du Dich verorten, wer sind Deine Vorbilder?

 

Auf zwei Maler komme ich immer wieder zurück: Velázquez und Courbet. Aber das heißt nicht, dass andere für mich weniger großartig sind, ich habe nur persönlich am meisten von ihnen gelernt. Beide haben bestens verstanden, wie das menschliche Auge funktioniert, und jeder hatte auf seine einzigartige Weise die Fähigkeit, visuelle Effekte mit rein malerischen Mitteln zusammenzufassen. Das war jedoch kein oberflächlicher Prozess, denn als „echte“ Künstler nutzten sie ihre geniale Auffassungsgabe, um Abbilder einer intensiv und eindringlich erlebten Wirklichkeit zu schaffen. Für mich sind in dieser Hinsicht vielleicht nur noch Rembrandt und Lucian Freud vom gleichen Kaliber.

 

?Seit mehreren Jahren arbeitest Du an dem Zyklus Menagerie. Was war die Initialzündung, mit dieser immer noch wachsenden Gruppe von Tierbildern zu beginnen, und welche Intentionen verfolgst Du mit dieser Werkgruppe?

 

Beim Besuch des Staatlichen Museums Schwerin vor einigen Jahren entdeckte ich die lebensgroßen Tierdarstellungen von Jean-Baptiste Oudry, sein berühmtestes Werk ist wohl die Nashorn-Dame Clara. Mich beeindruckte, dass die Gemälde, obwohl sie keineswegs anatomisch korrekt waren, ein viel essentielleres und lebendigeres Abbild von Tieren vermittelten, als ich es zuvor auf Photographien gesehen hatte. Schließlich zeigt ein Photo ein Tier immer in einem bestimmten Augenblick und aus einem bestimmten Blickwinkel, der Photograph hat keinen Einfluss auf Hintergrund oder Pose. Die Malerei hingegen kann konstruieren, verdichten und weglassen. Über Oudry kam ich dann auf die anderen Maler, welche die Tiere in der Versailler Menagerie studiert haben: Pieter Boel, Nicasius Bernaerts und François Desportes, die in ihren Tierbildern etwas vorwegnahmen, was die Naturwissenschaft uns in den letzten 20 Jahren immer mehr bestätigt: nämlich dass Tiere keine Reiz-Reaktions-Maschinen sind, sondern wie wir Menschen Lebewesen mit Gefühlen und kognitiven Fähigkeiten. Da waren also Bilder, die 300 Jahre alt waren und doch so aktuell wie nie zuvor. Es lag in der Luft, dort mit den heutigen Möglichkeiten und Erkenntnissen anzuknüpfen und Fragen aufzuwerfen. Fragen, welche die Menschheit seit Jahrhunderten beschäftigen, und solche, die sich heute im Zeitalter des Klimawandels und Artensterbens auftun: Was unterscheidet uns von Tieren, und was macht uns zum Menschen? Was machen wir mit der Erkenntnis, dass viele Arten nicht grundlegend anders sind als wir? Worauf beruht unsere angenommene Überlegenheit? Auf unserer Zivilisation? Oder doch nur auf unserem Spitzenplatz in der Nahrungskette?

 

?Eine zweite Werkgruppe ist der Zyklus Paradise Lost. In diesem kombinierst Du Photographien aus alten FKK-Magazinen mit Landschaften, die Du vor allem der Barockmalerei entliehen hast. Was hat Dich dazu bewegt, Dich diesem Sujet zuzuwenden?

 

Ich hatte ursprünglich vor, zwei nackte Exemplare des Homo sapiens als Spezies in die Menagerie aufzunehmen, doch ich realisierte schnell, dass es schwierig werden würde. Zunächst musste ich feststellen, dass die ganze Vorstellung, dass der    Mensch in seinem Urzustand nackt sei, ein Mythos ist. Schließlich gehören geringe Körperbehaarung und Kleidung seit 300.000 Jahren zum Erscheinungsbild des anpassungsfähigen Homo sapiens. Des Weiteren wäre es unmöglich gewesen, eine Art universellen Prototypen zu finden. Welche Ethnie sollte ich nehmen? Europäisch, asiatisch, afrikanisch? Welches Alter? Selbst der Körperbau und die Frisur sind Ausdruck einer individuellen Sozialisierung. Und schließlich ist der nackte Mensch in der Natur eines der dominantesten Themen der Kunstgeschichte mit einer ganz eigenen Ikonographie, mit einem Tierbild hätte das nichts mehr zu tun gehabt. Mit anderen Worten: Ich hatte eine neue Werkgruppe gefunden.

 

?Paradise Lost ist ja vor allem ein heiter-ironisches Spiel mit der Kunstgeschichte und gewissen Ikonographien. Könntest Du die Regeln für dieses Spiel beschreiben und den Entstehungsprozess eines Bildes näher skizzieren?

 

Mit Paradise Lost verbinde ich zwei Bilderwelten, die für mich auf unterschiedlichen Ebenen zusammenhängen: die der FKK-Magazine und die der klassischen Tradition. Egal, ob es religiöse Themen sind wie Adam und Eva oder Bathseba im Bade, mythologische Themen wie Venus und Adonis oder Diana und ihre Nymphen oder literarische Themen wie Rinaldo und Armida: In der großen klassischen Tradition wird die menschliche Existenz immer auf das Wesentliche reduziert und gleichzeitig überhöht. Aber diese Geschichten spielen in der heutigen Bilderwelt keine Rolle mehr, und ihre Ikonographien könnten gar nicht mehr entschlüsselt werden. Heute ist alles viel banaler, was wohl auch eher der menschlichen Realität entspricht, und die FKK-Ästhetik ist gewissermaßen eine Entzauberung dieser Paradiese und Idealvorstellungen. Dort kommen zwar nur gesunde und überwiegend junge Körper vor, aber anstelle von Helden und Göttinnen sehen wir doch nur normale ballspielende und frisbeewerfende Wohlstandsmenschen. Ist das also alles, was wir vom Paradies erwarten können?

Die Bilder entwickle ich meist langsam im Kopf. Ich habe eine Mappe mit den vielversprechendsten Vorlagen aus meinem Archiv, die ich mir immer wieder ansehe. Ich muss in diesen Bildern etwas Universelles entdecken: Steht diese Figur nicht im perfekten Kontrapost? Könnte dies eine mythologische Gestalt sein? Die Landschaft erschließt sich im Idealfall selbst, d. h. die Entscheidung, ob eine Frau dann eher eine Courbet-Badende oder eine Poussin-Arkadierin wird. Das Problem ist immer, das richtige Gleichgewicht zu finden zwischen Ideal und banaler Realität. Zu viel Überhöhung und Verinnerlichung führt zu Naturkitsch, bei zu viel Ironie macht man sich über die dargestellten Figuren lustig, das will ich auch nicht.

 

?Angesichts der vor allem weiblichen Akte in Paradise Lost haben Kritiker Dir eine Nähe zur Malerei des Dritten Reichs unterstellt, überhaupt stehen weibliche Akte zumindest in bestimmten Kreisen schnell unter dem Verdacht, angeblich diskriminierend und sexistisch zu sein. Was entgegnest Du dieser Kritik?

 

Ich bin überrascht, dass Nacktheit in der Kunst heute automatisch mit Sex und Erotik gleichgesetzt wird. Gewiss lässt sich die Frage stellen, ob wir durch unsere biologische Determination den menschlichen Körper überhaupt geschlechtsneutral betrachten können. Aber ich sehe die Problematik vor allem in der Art und Weise, wie der Körper dargestellt wird. Wir leben in einer Welt, wo der nackte bzw. wenig bekleidete Körper hauptsächlich im Kontext von Kommerz oder Pornografie gezeigt wird. John Currin hat darüber seinen Weg zu den Alten Meistern gefunden. Ich wollte jedoch einen anderen Weg gehen, denn in der Kunstgeschichte hat der menschliche Körper eine viel komplexere Dimension, er verkörpert in zahlreichen Allegorien moralische Werte und sogar ganze Staatsgebilde. Und wer denkt beim Anblick von Berninis Raub der Proserpina an Sex, obwohl letzten Endes der Augenblick vor einer Vergewaltigung dargestellt wird? Mit der Verbindung von klassischer Tradition und FKK-Thematik wollte ich hieran anknüpfen und wollte zeigen, dass der Körper auch ganz ohne Sex und Kommerz dargestellt werden kann. Das Faszinierende an FKK-Photos ist ja, dass die Menschen tatsächlich so agieren und posieren, als ob sie angezogen wären. Aber natürlich findet die Wahrnehmung am Ende im Kopf des Betrachters statt, darauf habe ich keinen Einfluss.

 

?Maler wie Neo Rauch oder Jonathan Meese thematisieren in ihrem Werk vielfach ihre Obsessionen und Steckenpferde oder verarbeiten Biographisches. Bei Deinen Arbeiten hingegen habe ich den Eindruck, dass Deine Person vollkommen im Hintergrund steht, ja dass sie fast abgelöst von Deinem Ich entstehen. Auch fehlt Deinen Bildern jegliche Form einer expressiven Pinselführung. Würdest Du Dich als Vertreter eines, nennen wir es mal Neuen Objektivismus sehen?

 

Schwierige Frage. Durch meine Ausbildung und Vorliebe für das 17. Jahrhundert steht bei mir das Denken in Diskursen und Bildgattungen im Vordergrund. Ich hatte auch nie das Bedürfnis, meine Person und mein Leben zu thematisieren, dafür halte ich mich für zu banal. Ich hoffe, meine Persönlichkeit kommt in der Art und Weise, wie ich ein Thema interpretiere, zum Ausdruck. Eine expressive Pinselführung ist für mich eigentlich erstrebenswert, nur kann man eine solche nicht erzwingen, sondern muss sie durch Erfahrung entwickeln. Lucian Freud ist dafür ein gutes Beispiel, wirklich großartig und individuell wurde sein Farbauftrag erst, als er um die 50 war. Wenn man meint, sowas schon mit 30 erreicht zu haben, dann ist es meistens sehr gewollt und affichiert. Also keine Ahnung, wohin die Reise geht.

 

?Der eigentliche Skandal Deiner Arbeiten, wenn man überhaupt von einem Skandal sprechen mag, liegt meiner Meinung nach nicht in der Darstellung von nackten Menschen, sondern im Verzicht auf jegliche Form von Abstraktion. Dieser Umstand hat manchen Kritiker dazu veranlasst, Dich in die Nähe zur Malerei des Nationalsozialismus zu rücken. Wie gehst Du mit dieser ja fast schon rufschädigen Kritik um?

 

Diese Verbindung der Darstellung des nackten Menschen in der Natur mit dem Dritten Reich gibt es eigentlich nur in Deutschland. Wenn mir jemand damit ankommt, frage ich mich jedes Mal: Woher haben die ihr Wissen? Sind das alles Kunstexperten für das Dritte Reich? Bin ich vielleicht naiv oder schlecht informiert? Wenn ich dann aber nachfrage, an welchen Malern oder welchen Bildern ich mich denn orientiert haben soll, kann mir keiner konkrete Namen oder Werke nennen. Nur einmal verwies jemand abwertend auf Adolf Ziegler, den „Schamhaar-Ziegler“, den habe ich dann gegoogelt, der hat zwar auch nackte Frauen gemalt, aber ich konnte keine davon in der Natur entdecken. Die Logik war also: nackte Frau mit Schamhaaren = Schamhaar-Ziegler = Nazikunst. Dabei interessiere ich mich gar nicht für die Malerei, die im Dritten Reich entstanden ist, einfach weil alles, was ich bisher gesehen habe, für mich künstlerisch durchschnittlich und wenig ergiebig ist. Persönlich finde ich auch das Verhältnis von Kunst und Ideologie immer schwierig zu beurteilen. Eine Säule wird als demokratisch gesehen, wenn man sie mit der Römischen Republik in Verbindung bringt, die gleiche Säule kann jedoch auch als absolutistisch gelten, wenn man sie auf das Römische Kaiserreich zurückführt. Übrigens hat auch Mies van der Rohe seine Entwürfe für Staatsausschreibungen mit Hakenkreuzfahnen geschmückt, nur konnte er sich nicht durchsetzen. Am Ende ist also alles eine Frage der Etikettierung, und verständlicherweise waren die Nazis in Deutschland aus historischen Gründen besonders prägend darin. Ich werde mir aber nicht den Klassizismus oder Wagner versauen lassen, nur weil die Nazis ihren Stempel auf diese gedrückt haben.

 

?In der Malerei lässt sich seit einigen Jahren eine Rückbesinnung auf die Techniken und Ideale der Alten Meister beobachten, stellvertretend für andere seien hier nur der schon erwähnte John Currin der „Papstmaler“ Michael Triegel, der Schotte Paul Reid mit seinen mythologischen Gemälden sowie Walton Ford mit seinen großformatigen Tieraquarellen genannt. Man kann sicher noch nicht von einer Bewegung sprechen, einer Art Avantgarde für das 21. Jahrhundert. Aber es scheint doch, dass der Siegeszug eines entfesselten Modernismus mit seiner Lust zum Hässlichen langsam erlahmt. Wo siehst Du Deine eigene Position in der gegenwärtigen internationalen Malerei?

 

Es ist in der Tat unglaublich, was heute alles wieder möglich ist. Ich glaube, das Prinzip der Avantgardekunst hat sich einfach totgelaufen. Die Avantgarde ist ja auch nichts anderes als eine Etikettierung. Man macht etwas fundamental anders und deklariert sich als zukunftsweisend, und jeder, der es nicht tut, klebt an der Vergangenheit. Das führte im 20. Jahrhundert zu einer wahren Explosion von Kreativität, zu einem Wettbewerb der Ideen, aber die Frage war nie, ob das, was man tut, auch aufgeht und Bestand hat. Mit Beginn des 21. Jahrhunderts musste man wohl einsehen, dass im Prinzip alles schon da gewesen ist. Dann noch an alten Denkverboten und Regeln festzuhalten, was als progressiv und was als reaktionär einzuordnen ist, wäre kontraproduktiv. Mich hat sowas aber nie tangiert. Ein Bild aus dem 17. Jahrhundert war für mich nie etwas Totes, was seine Aussagekraft verloren hat, dann bräuchten wir die teuren Museen ja auch gar nicht. Dass die Werke von Lucian Freud, John Currin oder Walton Ford so hoch im Kurs sind, freut mich natürlich, auch wenn ich glaube, dass dies vor allem im angelsächsischen Raum der Fall ist. Wo ich am Ende selbst landen werde, weiß ich nicht, dafür bin ich nicht lange genug dabei.

 

?Steht Du im Austausch mit anderen bildenden Künstlerinnen und Künstlern?

 

Natürlich, aber zumeist geht es nur am Rande um künstlerische Fragen oder Technik, sondern eher darum, wer was macht oder was gerade passiert. Das ist gut so, man kann nicht immer über Kunst nachdenken und sprechen.

 

?Deine Partnerin Katharina ist Photographin. Gibt es Überschneidungen bei Eurer Arbeit im Sinne gegenseitiger Beeinflussung?

 

Absolut, wir hängen zusammen, unsere Ateliers liegen nebeneinander und alles, was Katharina tut, hat einen Einfluss auf mich und umgekehrt. Wir besprechen alles und müssen immer gegenseitig absegnen, was wir tun. Es ist auch dieser Dialog von Malerei und Photographie, der uns interessiert. Ich arbeite ja ständig mit Photographien, die ich in Malerei verwandle, und Katharina koloriert viele ihrer Photographien und greift dabei ganz direkt klassische Techniken der Ölmalerei auf.

 

?Man sieht es Deinen Gemälden und Zeichnungen auf den ersten Blick vielleicht nicht an, aber inwieweit spielen Einflüsse aus Literatur und Musik für Deine Arbeit eine Rolle?

 

Arbeit und Musik gehören für mich zusammen. Ich mache selten einen Strich, ohne Musik zu hören. Man weiß nie, warum welche Musik zu einem spricht und welche nicht, aber die Kunstform der Oper finde ich so großartig wie Malerei. Die Oper als Gesamtkunstwerk ist eine unschlagbare Einheit von Musik, Wort und visuellem Ausdruck, jedenfalls wenn alle Teile auf der absoluten Höhe sind und ineinandergreifen, was leider heute recht selten der Fall ist und weshalb ich dem derzeitigen Opernbetrieb nur bedingt etwas abgewinnen kann. Es gibt historisch ja auch die direkte Verbindung von Literatur, Oper und Malerei, welche bis ins 19. Jahrhundert die gleiche Gattungsstilistik und die gleichen Topoi teilten. Wenn ich eine Oper wie Bellinis Il Pirata höre, muss ich an Landschaften von Salvator Rosa denken, seine I Puritani sind das feinste Van-Dyck-Setting, und seine Norma, ebenso wie Cherubinis Medea, ist reinster Klassizismus. Also alles meine Referenzen.

 

?Mit Katharina betreibst Du einen eigenen Verlag. Wie sieht dessen Programm aus, und welche Veröffentlichungen hast Du geplant?

 

Ich würde es eher eine Plattform nennen, um Bücher zu veröffentlichen und zu vertreiben, ein Verlag im Sinne eines gewerblichen Betriebes ist es nicht. Wir wollen einfach Bücher über Themen machen, die uns interessieren, und dabei alle Entscheidungen selbst treffen können. Bei einem etablierten Verlag redet dir immer jemand rein, und du zahlst am Ende meistens drauf. Unsere nächste Publikation wird um Maria Callas in Bildtelegrammen und Pressephotographien gehen, von denen wir eine kleine Sammlung haben. Ein spannendes Thema, gerade im Instagram-Zeitalter.

 

?Wie sehen Deine Pläne für die Zukunft aus, hast Du schon Ideen für neue Projekte?

 

Neben weiteren Arbeiten zur Menagerie und zu Paradise Lost würde ich gerne mit Landschaften anfangen, aber das ist noch Zukunftsmusik. Eine neue Werkgruppe zu entwickeln erfordert immer sehr viel Zeit und Energie, und man weiß lange nicht, ob man auf etwas Fruchtbares gestoßen ist.

 

Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen und alles Gute für die Zukunft! ( Fragen: M. Boss )

 

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