POSTCARDS – After The Fire, Before The End (CD / LP)

Der dritte Longplayer dieser wunderbaren Shoegaze-Band aus dem Libanon ist bereits Mitte Oktober erschienen.

Ihr neues Album steht ganz im Zeichen der Katastrophe, die ihre Heimat letztes Jahr ereilt hat. Wir alle haben sicherlich noch die Bilder im Kopf, die zeigten, wie eine riesige Explosion im Hafen von Beirut die ganze Umgebung auslöschte und auch viele Teile der großartigen Altstadt und unzählige ihrer Bewohner mit in den Abgrund riss. Dieses Trauma merkt man den Liedern auf „After The Fire, Before The End“ an, die zu den bisher traurigsten und zerbrechlichsten gehören, die die Band aus meiner Sicht bisher veröffentlicht hat.Ganz nebenbei erfuhr ich im Radio, dass es ein neues Lebenszeichen von ihnen gibt. Irgendwie passt das, denn ich habe Postcards überhaupt erst durch diesen gleichen Berlin-Brandenburger Radiosender kennengelernt und sie sind noch immer ein Geheimtipp und bekommen nur in außergewöhnlichen Radiostationen Airplay.

Ihr Dream Pop und der Albumtitel zeugen von der existenziellen Schwere des o.g. Ereignisses. Es ist ein Abgesang auf das was war und eine Analyse des gegenwärtigen Zustands. Das Eröffnungsstück, „Mother Tongue“, ist quasi ein Steckbrief Beiruts seit der Katastrophe. Die Wahrnehmung des aktuellen Heimatortes kommt auch im nächsten Lied „Home Is So Sad“ nicht in eine bessere Stimmung. Eine treibende Snare-Drum zeigt hier deutlich die Wut auf das Geschehene und die Gegenwart.  „Sea Change“ und „Summer“ sind Lieder, die man nicht wagt zu unterbrechen oder zu beenden, bevor sie zu Ende sind. Gerade in „Summer“ klingt Sängerin Julia Sabra, begleitet von einer Bass-Drum wie ein Herzschlag, genauso zart und fern wie Julee Cruise beim Twin Peaks Titelthema. Das anschließende „Bruise“ ist das einzige Lied, das eher nach Aufbruch und Zerstreuung klingt. Man könnte es für eine Fahrt die Küste entlang ins Autoradio schieben.

Es gibt kein Lied, das auf dieser LP überflüssig oder unpassend wirkt. Kurz vor Schluss überwältigt einen sogar noch „January“, bevor Gewissheit wird: Das einzige Licht scheint wirklich nur noch die Sonne zu sein, in deren Licht man dann letztendlich auch begraben sein möchte, wenn man den Lyrics des letzten Liedes auf dem Album, „If I Die“, Glauben schenken möchte.

Für mich ist diese Platte eines der besten Alben des Jahres und damit meine unbedingte Kaufempfehlung. (M.W.)

Format: CD / LP
Vertrieb: T3 RECORDS
 

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