Nun ist die zweite Werkschau von Nick Cave und den Bad Seeds erschienen. 27 Tracks B-Seiten und Rares verteilt auf 2 CDs bzw. LPs. Die Zeitspanne dieser Stücke umspannt eine Dekade von 2008, als „Dig, Lazaraus, Dig“ erschien, bis zum letzten Album „Ghosteen“ aus dem Jahre 2019. Im Vergleich zum ersten Teil, der 2005 noch mit 56 Liedern erschien, fällt Part II recht bescheiden aus.Beginnend mit „Hey Little Firing Squad“ startet diese Compilation sehr fröhlich und man denkt, ja, so haben die Bad Seeds mal geklungen. Kein Sprechgesang wie auf den letzten Alben, sondern ein locker, flockiger fast wie Country anmutender Stil mit zwar klagender Stimme aber eben richtig gesungen. Das wird auf den folgenden Stücken (Fleeting Love & Accidents Will Happen) fortgeführt. Man fühlt sich teilweise sogar an Bruce Springsteens Album „Western Stars“ erinnert, was Gesang und Arrangement betrifft. Aber der Boss muss wohl eher von Nick Cave und seinem Gefolge inspiriert worden sein, schließlich ist das hier gehörte vor besagtem Album erschienen. Meine Höhepunkte auf der 1. LP bzw. CD sind ohne Zweifel das Duett mit Debbie Harry, eine sehr schöne Folkballade namens „Free To Walk“, und die Coverversion des Leonard Cohen Songs „Avalanche“, welches im Rahmen des Soundtracks zur TV Serie „Black Sails“ entstanden ist. Gänzlich unveröffentlicht war bisher „Vortex“. So ein Lied einfach in den Katakomben schmoren zu lassen, können sich nur wenige Künstler leisten.
Es folgen zwei Stücke, die bisher nur auf einer 7“ in der Deluxe-Edition des Albums „Push The Sky Away“ erschienen sind. „Needle Boy“ – der Titel sagt schon alles. Ein Lied wie eine Nadel im Arm, unbehaglich, bedrohlich. Gleiches gilt für die B-Seite der 7“ „Lightning Balls“. Für mich entbehrlich und im Fluss der anderen Lieder auf LP 1 eher störend. Einen sehr schönen Ausklang der ersten Hälfte bietet eine mit dem Melbourne Symphony Orchestra eingespielte Live-Version von „Push The Sky Away“.
LP 2 enthält in erster Linie Outtakes und frühe Versionen von Liedern der Alben Skeleton Tree und Ghosteen. Ich bin mit diesen Alben bis heute nicht wirklich warm geworden. Aus meiner Sicht ging Nick Cave hier mit dem zweifellos genialen Warren Ellis eher in die esoterische Richtung mit Sprechgesang gepaart mit einem Rückzug von Seiten Caves mit Verlass auf die Kreativität von Warren Ellis. Die Bad Seeds spielen hier kaum mehr eine Rolle. Ellis und Cave sind hier nahezu schon als Duo aktiv.
Das trifft auch auf die Stücke auf dieser LP zu. Lobte ich zuvor noch den Schwung der Lieder auf LP 1, ist hier nichts mehr davon übrig. Man könnte meinen in vielen der kurzen bisher unveröffentlichten Stücke, trifft man nur auf Nick Cave als Solo-Künstler. Das zwar schön melancholisch aber – wie ich finde – ein wenig zu sehr schmerzvernebelt. Die Lieder hätten die jeweiligen Alben, aus deren Sessions sie stammen, als Bonus EPs gut ergänzt. Mir wäre hier ein Fokus auf die „Dig, Lazarus, Dig“ oder „Push The Sky Away“ – Überbleibsel lieber gewesen.
Die erste LP wird mit Sicherheit keinen Staub ansetzen. Bei LP 2 bin ich mir da noch nicht so sicher. Man sollte sich aber je nach Stimmung lieber für eine der Scheiben pro Abend entscheiden. (M.W.)
Format: 2CD / 2LP |
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