CLEMENS CHRISTIAN POETZSCH auf der Suche nach der Seele der Dinge

Clemens Christian Poetzsch ist einer dieser „jungen wilden“ Pianisten, die dem eigentlich der Klassik zugewandten Genre einen modernen Anstrich verpasst haben und deren Sound inzwischen ein recht breites Publikum anspricht. Mich persönlich haben seine bisherigen drei Solo-Alben jedes Mal begeistert wie berührt und eventuell trägt folgendes Interview dazu bei, den Funken auch auf andere geneigte Hörer überspringen zu lassen:

? Clemens, Dein aktuelles Album „The Soul Of Things“ entstand im Corona-Lockdown und überrascht dafür mit einer deutlich üppigeren Instrumentierung, als noch der direkte Vorgänger „Remember Tomorrow“ oder Deine Sven Helbig-Interpretationen. Gerade im Home Office-Modus hätte man da eher ein minimalistisches Werk erwartet, wie es ja auch Dein Kollege Martin Kohlstedt veröffentlicht hat und daher meine Frage, was für Deine Entscheidung genau in die andere Richtung den Ausschlag gegeben hat?

Als ich begonnen hatte zu komponieren, sind viele Ideen auf dem Klavier entstanden. Zu Beginn hatte ich auch die Vorstellung, ein reines Klavieralbum zu schreiben. Nun war die Zeit zuhause im Lockdown aber relativ lang, es gab keine Treffen, keinen wirklichen direkten Austausch. Ich denke, irgendwann gab genau das den Ausschlag für die Suche nach anderen Einflüssen, neuen Farben in der Musik und den Klang-Kosmos des Soloklaviers zu bereichern. Es war irgendwann etwas viel des „Alleinseins“. Ich hatte schon lange den Wunsch, das Instrument Harfe mit dem Klavier zu verbinden – bis dato war mein Berührungspunkt mit der Harfe immer bei Konzerten mit Orchestern. Ich liebe den Klang der Harfe, dieses fluide, glanzvolle, edle – es ist dem Flügelklang, den ich so liebe, sehr nah. Also habe ich begonnen, neben Kompositionen für Soloklavier auch Stücke für Harfe, Cello, Klavier und Electronics in verschiedenen Konstellationen zu schreiben. Bei meiner Suche nach den richtigen Musikern habe ich dann Babett Niclas und Moritz Brümmer kennengelernt, die das Album unwahrscheinlich bereichert haben. Ich denke, irgendwann wurde es für mich wichtig, in der Zeit des Rückzuges etwas Gemeinsamkeit, Austausch und Zusammenspiel in meine neue Musik zu bringen – deshalb ist „The Soul Of Things“ kein pures Klavieralbum geworden.

? „The Soul Of Things“ beschäftigt sich mit 12 alltäglichen Gegenständen und Dingen, welche Dich seit Jahren umgeben und von denen Du Dich aus unerfindlichen Gründen nicht trennen kannst – wie bist Du auf diese Idee gekommen?

Ein Album zu schreiben, ist eine persönliche Sache – Für mich fühlt es sich immer richtig an, Inspiration in Sachen zu suchen, die mich umgeben. Bei den letzten Alben kam das eher durch das ‚Unterwegs sein’, in Bewegung bleiben. Man trifft Menschen, lernt neue Orte kennen, kommt in verschiedene Situationen – genau das liebe ich am Musikerberuf – und aus dieser Mischung kam die Inspiration für meine letzten Alben. Für mich hat das Unterwegs sein auch immer mit einer Durchlässigkeit zu tun. Selbst wenn man im Zug unterwegs ist und aus dem Fenster schaut, sind dort so viele Eindrücke. Auch wenn man die Landschaft an sich vorbeifliegen lässt, hat das was hypnotisches – das sind kleine Situation, in denen Ideen zu mir kommen. Jetzt war es aber eher die Zeit des „Zuhause Bleibens“, es hat sich ja auch schnell angedeutet, dass die Situation länger andauern wird. Sonst sitze ich als Musiker oft auf gepackten Koffern, diesmal war das nicht so – ich war zu Hause und habe dann irgendwann angefangen, eine gründliche Bestandsaufnahme zu machen, Aufzuräumen und Dinge zu sortieren. Dabei ist mir wieder bewusst geworden, wie viel Gegenstände doppelt und dreifach im Haushalt sind – vor allem, wie sehr man sich daran gewöhnt, Sachen schnell auszutauschen. Manche technische Geräte sind zum Beispiel gar nicht wirklich zu reparieren – es entwickelt sich dahin, dass man einfach etwas neu kauft. Der Bezug geht verloren – vieles wird austauschbar, von Nachhaltigkeit oft gar keine Spur. Mir ist im Zuge dieser Bestandsaufnahme auch noch bewusst geworden, dass der Kreis der Dinge, die auf dem Stapel landen, welcher den Haushalt nicht verlässt, dann doch sehr klein ist. Dinge, die man gern anschaut, die man gern berührt, die oft zum Teil gar keinen materiellen Wert haben, aber für einen selbst eine Ausstrahlung entfalten. Es sind dann auf den ersten Blick zum Teil ganz profane Sachen – ein Stift, mit dem ich oft schreibe, ein bestimmtes Kleidungsstück, ein Instrument, ein Möbelstück, ein Radio, eine Vase. Die Sachen in meinen Fokus zu rücken, darüber nachzudenken, wie es passiert, dass man Dinge und Gegenstände mit einer Art Energie auflädt und die dann diese Energie zurückgeben – das war für mich ein spannender Gedanke. Woher diese Sachen kommen, warum man sie behält, was ihre Geschichte ist, warum sie zu einer Projektionsfläche werden.

? Hast Du durch die Arbeit an dem Album dann den Grund gefunden, warum Du Dich von diesen Dingen nicht trennen kannst?

Ich denke, es gibt eine ganz pragmatische Seite – ich habe zum Beispiel einen alten Stift, mit dem ich komponiere. Der schreibt einfach unglaublich gut – der Stift war das Vorbild zu „Indigo Feder“. Er gibt mir das Gefühl, Gedanken in Echtzeit aufschreiben zu können – das ist für mich wichtig, weil es mir eine Verbindung zur Improvisation gibt. Ein tolles Handwerksstück. Irgendwie verbinde ich damit einen kreativen Prozess – wenn ich diesen Stift benutze, ist das nie vertane Zeit. Allein deswegen würde ich diesen Stift nie weggeben. Aber wenn man alle pragmatischen Punkte wegnimmt und nur etwas übrig bleibt, was man nicht in Worte fassen kann – ist man eigentlich schon bei einem abstrakten Punkt. Warum fährt man immer wieder zu besonderen Orten, wieso hat man mit bestimmen Menschen die genau richtige Chemie. Es ist halt diese bestimme Ausstrahlung, die sich schwer bis gar nicht erklären lässt. Wenn man auf eine Anziehung trifft, kann man versuchen raus zu finden, worauf sie beruht und woher sie kommt. Ich komme da oft nicht weit, ich bin überzeugt, dass sich das nie ganz aufklären wird. Ehrlich gesagt, versagt bei mir an einem bestimmten Punkt dann auch etwas die Motivation, endlos weiter zu suchen, um die ultimative Erklärung zu finden. Es gibt da für mich Parallelen zum Komponieren – wäre es besser zu wissen, dass die Ideen immer an einem bestimmen Ort, zu einer bestimmen Zeit kämen? Für mich wäre das öde. Wenn ich von etwas fasziniert und inspiriert bin, versuche ich es in Musik zu transformieren – zu konservieren, manchmal zu verstärken – eher im Klang weiter zu suchen.

? Bei der Coverartwork-Collage sind alle diese 12 Gegenstände zu sehen bzw. kunstvoll angeordnet und ich war schon etwas erstaunt, als Du bei Deinem ersten Live-Konzert nach dem Lockdown erzählt hast, dass dies gar nicht Deine Originale sind, sondern jene von der litauischen Künstlerin Jolita Valkute selbst organisiert wurden – erzähl bitte mehr Hintergründe zu dieser Cover-Installation?

Jolita Vaitkute ist eine großartige Installationskünstlerin – wir hatten uns während der Albumentstehungg kennengelernt und ich bin sehr glücklich, dass sie an diesem Projekt mitwirken wollte. In ihren Installation arbeitet sie oft mit Alltagsgegenständen und erzählt dadurch Geschichten. Es hat sich sehr natürlich angefühlt, mit Ihr über dieses Projekt und die Idee dahinter zu sprechen – da wir beide eine sehr ähnliche Sicht auf diese Gegenstände und deren Zusammenstellungen haben. Der ursprüngliche Plan war, Jolita an ihrem Lebens und Arbeitspunkt in Vilnius zu treffen, mit meinen Gegenständen im Gepäck, um dann zusammen an dieser Installation zu arbeiten. Das konnte dann leider auf Grund der Corona-Lage in beiden Ländern nicht stattfinden, eine Reise war schlichtweg nicht möglich. Wir haben uns dann entschieden, dass Jolita mit der Musik und meinen Beschreibungen der Gegenstände selber auf die Suche geht und ihre eigene Interpretation auf Basis der Musik und unserer Gespräche kreiert. Die ganze Zusammenarbeit hat in dieser Zeit gezwungenermaßen etwas Improvisatives bekommen, darauf haben wir uns dann eingelassen. Sie hat ein Klavier in Ihr Studio gebracht und mir dann nach einiger Zeit einige Entwürfe geschickt. Das hat mich begeistert, manche Gegenstände sahen tatsächlich aus wie die Originalen, manche waren leicht abgewandelt. Es war vor allem die Zusammenstellung, ihre Art mit Farben, Formen umzugehen – Dinge neu anzuordnen und dadurch Perspektiven zu schaffen, die mich überrascht haben – Ich liebe diese Installation sehr.

? Ich hatte ja gerade Dein erstes Live-Konzert nach langer Pause angesprochen, welches im Jazzclub Tonne in Dresden stattgefunden hat, wo ironischerweise auch eines Deiner letzten Konzerte vor dem Shutdown zusammen mit Sven Helbig über die Bühne ging – was waren Deine Eindrücke und Gefühle, nach so langer Zeit wieder vor Publikum aufzutreten?

Es wird dann auf einmal schlagartig klar, wie sich Musik anfühlt, wenn man sie teilt. Zusammen in einem Raum, in Echtzeit. Vor allem, wie lange genau das gefehlt hat. Es war ein großartiges Gefühl – durch die Situation, in der wir uns derzeit befinden, mit allen Vorsichtsmaßnahmen, auch sehr zerbrechlich und kostbar.

? Und wo wir gerade bei Sven Helbig sind – für Dein letztes Projekt hast Du meist sehr elegischen wie dichten Stücke von ihm neu bzw. recht spöde-spartanisch am Klavier interpretiert und erzähl mal bitte die Geschichte hinter dieser persönlichen Hommage an Sven Helbig?

Mit Sven Helbig verbindet mich eine lange Geschichte – wir kennen uns aus Dresden, haben vor zehn Jahren schon in verschiedenen Kontexten zusammen Musik gemacht. Sven hat 2013 angefangen, Alben mit seiner eigenen Musik zu veröffentlichen, wir hatten dann nur ab und zu sporadisch in Projekten zusammen gearbeitet. Wir hatten uns nie aus den Augen verloren, ich habe seine Musik weiterverfolgt – erst sein Orchesterwerk „Pocket Symphonies“, welches auf der deutschen Grammophon erschien – dann „I Eat The Sun And Drink The Rain“ – ein fantastisches Album, welches Chormusik und elektronische Musik verbindet. Ich finde seine Musik großartig. Sie hat etwas Allumfassendes und Verbindendes, findet oft in unterschiedlichen musikalischen Besetzungen statt – trotzdem hört man immer sofort seine Handschrift. Das Wechselspiel aus dunklen und hellen Moment und die Verbindung dieser finde ich einzigartig und berührend. Immer wieder. Dadurch, dass seine Musik so verschiedene musikalische Farben und Elemente verbindet, gleichermaßen Tradition wie Moderne atmet, klingt sie immer aktuell, völlig einzigartig. Faszinierend. Seit 2019 habe ich begonnen, wie Sven auf dem Berliner Label ‚Neue Meister‘ meine Alben zu veröffentlichen und das war für uns beide ein Punkt, den gemeinsamen musikalischen Faden wieder aufzunehmen. Sven hatte mich nach meinem Album „Remember Tomorrow“ gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, seine Musik auf dem Klavier zu interpretieren. Dadurch, dass mir seine Musik emotional sehr nah ist und ich mich komplett auf meine Rolle als Pianist konzentrieren konnte, habe ich sofort zugesagt. Es war eine wunderbare gemeinsame Arbeit. Ich habe als Pianist großes Vertrauen und Freiheit bekommen, seine Kompositionen zu interpretieren.

? Ist eventuell auch mal ein Projekt mit umgekehrter Rollenverteilung geplant?

Wir haben kürzlich wieder in einem Projekt für den Dirigenten Kristjan Järvi zusammengearbeitet. Unter dem Dirigat von Kristjan Järvi wurden einige meiner Lieblingsaufnahmen von Steve Reich, Arvo Pärt und Max Richter eingespielt – 2020 hat er ein großartiges Album mit eigenen Kompositionen herausgebracht. Sven Helbig und ich haben das Stück „Frozen Tears“ von Kristjans Album „Nordic Escapes“ in einer neubearbeiteten Form veröffentlicht und dort unsere gemeinsame Klangsprache weiterentwickelt. Wir werden sicherlich wieder zusammenarbeiten – in welcher Rollenverteilung das stattfindet, wird die Zukunft zeigen.

? Findest Du es eigentlich auch schade, das Euer gemeinsamer Live-Mitschnitt namens „Redux“ nur digital und nicht auch physisch (z.B. im passenden 10“-Format) veröffentlicht wurde?

Das „Redux“ Album ist ein Live-Mitschnitt, entstanden im Januar 2020. Wir hatten ein gemeinsames Konzert im kleinen Rahmen bei unserem Label Neue Meister in Berlin gespielt – vor Freunden, Wegbegleitern, Journalisten und Leuten, die an dem Projekt mitgearbeitet haben. Das Konzert wurde dann relativ zeitnah in Kombination mit allen Videos als Digital-Release veröffentlicht, was aber nicht ausschließt, dass es nicht auch noch in Zukunft physisch erscheinen wird.

? Felix Räuber (Ex-POLARKEIS 18-Sänger) hat auf „Remember Tomorrow“ einige Deiner Tracks co-produziert und im Gegenzug hast Du ihn auf seinen aktuellen Solo-Sachen unterstützt – woher kennt ihr euch, wie war die Zusammenarbeit und wird es da eventuell noch eine größere Kollaboration geben?

Felix und ich sind beide in Dresden aufgewachsen – daher kommt auch unsere Verbindung. Im Zuge seiner ersten Solo-EP hatten wir das erste mal zusammen an Musik gearbeitet und es hat sich sofort wunderbar ergänzt. Felix kommt aus der Welt der elektronischen Musik, ich komme vom Klavier, aus der Klassik und Jazz, das ergibt dann eine besondere Mischung – zu hören zum Beispiel in der Trio-Version des Stückes „Wall“ zusammen mit Daniel Hope. Kürzlich haben wir wieder ein Version seines Songs „Colors (Piano Rework)“ veröffentlicht und gemeinsam den musikalischen Faden wieder aufgenommen.

? Du hast ja auch zusammen mit ihm RAMMSTEIN-Songs klassisch interpretiert, welche unter dem Titel „XXI Klavier“ von der Band selbst veröffentlicht wurden und diese hochwertige Ausgabe inzwischen wohl eine gesuchte Rarität ist, wie sogar ein Part daraus im langen Abspann des spektakulären „Deutschland“-Videoclips verwendet wurde! Wie kam es denn zu dieser ungewöhnlichen Zusammenarbeit und wie gefällt Dir diese kontroverse Band überhaupt persönlich?

Die Zusammenarbeit kam auch über Sven Helbig, der schon oft für RAMMSTEIN arrangiert hat. Das Projekt hat mich sehr gereizt, da das klassische Soloklavier ja nicht auf dem ersten Blick im RAMMSTEIN-Kosmos stattfindet. Außerdem mag ich die bestechende Klarheit in der Musik von RAMMSTEIN, ebenso die großartigen Melodien in den elegischen Stücken. Es gab erst das Vorhaben, die Songs für ein Notenbuch auf das Klavier zu übersetzen, später wurden die Klavierstücke dann auch im Studio aufgenommen und sind jetzt bei den Stadionshows von RAMMSTEIN, ebenso auch im Video zu „Deutschland“ zu hören. Es war eine spannende gemeinsame Arbeit zwischen Gitarrist Paul Landers, Sven und mir – wir haben uns einige Male getroffen, sind alle Songs der Band auf dem Klavier durchgegangen und haben dort eine Auswahl für „XXI Klavier“ getroffen. Ich kann mich erinnern, dass die Version von „Sonne“ relativ spontan im Studio innerhalb von Minuten entstanden ist – umso schöner, dass sie dann Teil dieses spektakulären Videos wurde. Ich freue mich natürlich sehr, dass dieses Album so eine große Verbreitung gefunden hat und diese Bearbeitung in allen möglichen Formen um die Welt geht.

? Ich war jetzt völlig überrascht, das Du zusammen mit Reentko Dirks den Soundtracks für den tschechischen Film „Nationalstraße“ geschrieben hast – wie ist es dazu gekommen und fandest Du den Film und wirst Du weiterhin auf diesen Gebiet tätig sein?

Der Film „Nationalstraße“ ist 2018/2019 entstanden – Reentko Dirks und ich haben noch während der Dreharbeiten den Regisseur Štěpán Altrichter kennengelernt, der gerade das Buch von Jaroslav Rudiš verfilmt hat. Neben dem Suchen nach Ideen und dem Komponieren an eigenen Alben mag ich die Arbeit an Filmmusik – dort gelten andere Gesetze, du musst musikalisch nah an den Charakteren sein und Dir stehen Möglichkeiten offen, klanglich andere Wege zu betreten – vor Allem, wenn es ein eher rauer Film wie „Nationalstraße“ ist. Außerdem gibt es mir die Chance, mit großartigen Künstlern wie Reentko Dirks zusammen zu arbeiten – Klänge auszuprobieren, zu improvisieren und gemeinsam ein Klangbild für das Bild auf der Leinwand zu schaffen. Ich mag den Film sehr und bin sehr froh, dass er in Tschechien ein absoluter Publikumserfolg war (Platz 1 der Kinocharts). Derzeit entstehen einige Filme mit meiner Musik und es wird bald Neuigkeiten geben.

? Zusammen mit dem Dresdner Duo SOJUS 1 hast Du ganz aktuell eine neue Version von deren „ORWO“-Album-Track „Pato“ eingespielt, die letztendlich ähnlich einer guten alten Maxi-Version aus 12“-Zeiten gelungen ist – wie ist es zu dieser Kollaboration denn gekommen und wird es da vielleicht auch noch mehr davon geben?

Ich verfolge das Dresdner Duo SOJUS1 schon länger – ich liebe es, wie sie Synthesizer und vor allem das Schlagzeug einsetzen – SOJUS1 ist ein sehr eigener Klangkosmos. Umso mehr hat es mich gefreut, dass ich für diese Zusammenarbeit angefragt wurde. Es gab da diese bestehende düstere Synthesizer-Spur, die vor sich hin wabert und ab und an ausbricht und dadurch eine interessante Dramaturgie schafft – ich habe entlang der Spur auf dem Klavier improvisiert und einen etwas wärmeren Klang als Kontrast gesetzt. Der Track „PATO“ ist großartig geworden und fühlt sich für mich wie ein Live-Moment an. Bestimmt wird es auch in der Konstellation einmal live zu hören sein.

? Welche Musik hörst Du privat und hast Du eine aktuelle oder All Time Top-10?

Ich versuche so viel wie möglich neue Musik zu hören, ein paar All-Time Favoriten habe ich natürlich auch. Hier ist eine kleine lose Zusammenstellung aus neuen Funden und Favoriten:

1. Caoimhín Ó Raghallaigh & Thomas Bartlett „s/T“
2. Glenn Gould „Goldberg Variationen (1955)“
3. Ben Lukas Boysen „Mirage“
4. John Coltrane „A Love Surpreme“
5. Julia Holter „In The Same Room“
6. Laura Masotto „Fireflies“
7. Colter Hall „Western Swing & Waltzes And Other Punchy Songs“
8. Luke Howard & Nadje Noordhuis „Ten Sails“
9. Mia Gargaret „s/T“
10. Elton John „Madman Across The Water“

? Was nimmst Du für Dich persönlich aus der Covid-19-Krise mit und sind Deine Pläne für die Zukunft?

Gerade jetzt verändert sich vieles so schnell – global, gesellschaftlich, politisch und zum Teil zwischenmenschlich. Auch habe ich das Gefühl, dass uns diese Krise noch eine Weile begleiten wird. Der Zeitpunkt war zumindest für mich noch nicht da, ein Resümee oder ähnliches zu ziehen und ich denke, dass sich das erst herauskristallisiert, wenn es möglich ist, mit Abstand zurückzuschauen. Darauf bin ich gespannt. Gerade versuche ich einfach weiterzuarbeiten, zu komponieren – derzeit ist eine Live-EP in Vorbereitung, welche im Herbst erscheinen wird. Ich freue mich auch auf die Konzerte, welche im Herbst hoffentlich stattfinden können. Unter anderem werde ich die Musik von „The Soul of Things“ solo und mit meinem Trio in der Elbphilharmonie Hamburg spielen.

? Ich danke Clemens für dieses Interview und wünsche für die Zukunft alles Gute!

Diskografie:

2019 „Remember Tomorrow“ LP/CD Neue Meister
2020 „Plays Sven Helbig“ LP/CD Neue Meister
2021 „The Soul Of Things“ LP/CD Neue Meister

(Marco Fiebag)

 

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