ALLERSEELEN – Morgenröte (CD)

Ein neuer Silberling ist aus Wien eingetroffen. Und gleich vorweg: Es ist ein sehr kurzweiliger und angenehmer Silberling.Gerhard Hallstatt hat mit diesem Album quasi die Vergangenheit in die Gegenwart geholt und erlaubt der Hörerschaft gleichzeitig eine Reise in die Vergangenheit. Einerseits hat er vielen Liedern aus seiner bisherigen Schaffensphase neue Kleider angezogen. Andererseits enthält die zweite Hälfte der CD das erste Tape von Allerseelen aus dem Jahre 1988, das dieser Compilation auch den Namen gab, in leicht gekürzter Fassung.

Gerhard kommt gleich zur Sache und „Löwin“ lässt einen schon hochschrecken bevor man den Sessel nach dem Drücken der Play-Taste überhaupt erreicht hat. Die Rilke-Vertonung „Tanzt die Orange“ erhält hier dann sogar Gitarrenklänge in Schwermetallform, was mich beim ersten Hören erschreckte und hoffen ließ „Bitte keine Hardrock-Versionen des bisherigen Oevres!“ aber nein. Gleich das 3. Stück, „Mädchen“, dessen Text im Grunde genommen stellvertretend für den ersten Teil des Albums steht, denn es machte „sich [recht schnell und nachhaltig] ein Bett in meinem Ohr“, erklingt mit Elementen von Kammermusik sehr wohltuend und angenehm. Sehr abwechslungsreich mal rockig (Jede Welle), mal wie Barmusik mit Chanson-Charakter (Flamme) und mal als Folklore (Tjo tjo tjo di ri), gehen die Lieder vorüber. Letzteres wurde einst für Sturmpercht geschrieben und taucht nun hier in Allerseelen’s Version auf.

Verstärkung erhält Gerhard in vielen Stücken durch „Aima“ deren Stimme die Lieder aber nicht weicher, sondern eher bestimmter und fordernder zeichnet. Zu Aima ist mir nicht viel bekannt, nur dass sie sich jetzt scheinbar fester im Umkreis von Allerseelen bewegt und auch zusammen mit Gerhard Konzerte bestreiten soll(te). Leider kam es bisher aus bekannten Gründen noch nicht dazu. Bei Discogs sind 3 Alben von Ihr gelistet, die dem Genren Non-Music, Classical, Folk, World, & Country, Ambient und Dark Ambient zugeschrieben werden. Tja, wat willste sagen? Den neuen Liedfassungen, die man im letzten Jahr des Stillstands erschaffen hat, steht Aimas Stimme jedenfalls gut zu Gesicht.

Die zweite Hälfte der CD mit besagten ersten Output von Gerhard Hallstatt, der damals noch unter dem Synonym Kadmon agierte, steht im starken Kontrast zu den oben ausgeführten Eindrücken der ersten 10 Lieder. Diese nun folgenden 8 Stücke liegen irgendwo zwischen Industrial und Ambient, und können es mit Klassikern aus dem Hause „Cold Meat Industries“ durchaus aufnehmen. Da ich später auf Allerseelen gestoßen bin, kann ich mehr mit der ersten 10 Liedern anfangen, finde aber auch an Allerseelen’s Kinderstube gefallen. Und immerhin erhält man für wenig Geld quasi gleich zwei Alben geliefert  Je nach Stimmung, sollte man sich aber für eine Hälfte der CD entscheiden. Beides zusammen macht einen irgendwie kirre. (M.W.)

Format: CD
Vertrieb: AORTA