Ian Gittins: THE CURE – Dunkelbunte Jahre (Buch)

THE CURE waren in den 80er Jahren für viele Jugendliche weltweit ein „Türöffner“, eine Zwischenstation oder eine Liebe für immer. Für mich war und ist die britische Band um Robert Smith genau das alles gewesen bzw. immer noch, aber der Reihe nach: Mitte der 80er Jahre in der „grauen“ DDR erwischte mich dieser leicht angeschrägte New Wave/Pop-Sound von THE CURE irgendwie genau auf dem richtigen Fuß und wenn ich auch keinen Zugriff auf die Platten der Band hatte, liefen zumindest deren Songs „Boys Don’t Cry“, „The Lovecats“, „Close To Me“ und „In Between Days“ im Jugendradio DT64 hoch und runter. Dank diverser BRAVO-Artikel und -Poster dauerte es nicht lange und ich sah auch aus wie Robert Smith, was bei uns auf dem Dorf in tiefster sächsischer Provinz nicht ganz ohne Probleme blieb. Mittels schon zigfach überspielten Kassetten-Kopien der Alben von THE CURE merkte ich dann sehr schnell, dass die flotten Pop-Singles der Band nur an der Oberfläche kratzten und darunter ein dunkel-schleppender Sound lauerte, der aus dem Post Punk entstanden war und bald schon eine immer noch gültige Vorlage für Dark Wave & Gothic wurde. Mit den beiden Alben „Kiss Me Kiss Me Kiss Me“ und „Disintegration“ erlebte ich dann in Echtzeit die Hochzeit von THE CURE, hatte mich parallel jedoch auch weiterentwickelt und war längst musikalisch wie optisch in noch wesentlich dunkleren & härteren Gefilden unterwegs. Mit dem Mauerfall öffnete sich dann letztendlich für Musikfanatiker die „Büchse der Pandora“ und THE CURE fanden für mich quasi in den 90er Jahren nicht mehr statt. Zumal ich, bedingt durch den Eisernen Vorhang, nicht einen Original-Tonträger der Band mein Eigen nannte. Geblieben waren einzig die alten Kassetten und mein Tick, mir seit 1986 nicht mehr die Alltags-Turnschuhe zuzubinden. Erst im Sommer 2000 kaufte ich mir aus einer Laune heraus in einem Großmarkt die „Standing On The Beach“-Compilation auf CD und urplötzlich flammte die alte Liebe wieder lichterloh auf. Schnell stand danach die komplette Diskografie im CD-Regal und spätestens 2002 im Berliner Tempodrom zum legendären „Trilogy“-Event war ich wieder ein Fan-Boy. Zwar schaffen es THE CURE seitdem immer noch mühelos, große Stadien und Arenen zu füllen, aber mit keinem der letzten Alben gelang ihnen noch einmal der große Wurf, wie zuletzt 2000 mit „Bloodflowers“. Seit 2008 wartet man nun vergebens auf neues Material von THE CURE, auch wenn Robert Smith nicht müde wird, solches in Aussicht zu stellen. Stattdessen betreibt er Archivpflege mit neu gemasterten Ausgaben der alten Klassiker und hat sich auf den lukrativen Live-Zirkus konzentriert, wo 3 Stunden-Konzerte von THE CURE keine Seltenheit sind. Das zumindest seine Stimme noch Relevanz hat, beweisen seine aktuellen Gastauftritte bei den GORILLAZ und CHVRCHES. Aktuell hat allerdings Bassist Simon Gallup völlig überraschend die Band verlassen und die Zukunft von THE CURE scheint mehr als ungewiss! Ein guter Zeitpunkt also, um innezuhalten und zurückzuschauen. Dafür eignet sich die aktuelle Biografie von Ian Gittins bestens, die im Original unter dem Titel „A Perfect Dream“ 2018 erschienen ist und jetzt beim Hannibal-Verlag in der deutschen Übersetzung vorliegt. Das mit einem Gewicht von 1,5 kg etwas unhandliche Buch im gebundenen Großformat ist auf jeden Fall edel aufgemacht, mit reichlich Hochglanz-Fotos illustriert und bietet auf 240 Seiten fundierte Informationen über den Werdegang der Band von Anfang an. Chronologisch arbeitet man sich im Stile einer sogenannten O-Ton-Biografie durch die „Dunkelbunten Jahre“ von THE CURE, wobei jedes Album zusätzlich einzeln noch näher beleuchtet wird. Neben eigenen geführten Interviews von Ian Gittins mit Mitgliedern der Band und aus deren Umfeld, speist sich ein Großteil der Infos aus der 2005 erschienenen THE CURE-Biografie „Never Enough“, die schon ein Jahr später bei Bosworth in Deutschland verlegt wurde. Ebenso die Memorieren von Gründungs- und Ex-Mitglied Lol Tolhurst namens „Cured: The Tale Of Two Imaginary Boys“, welche bisher leider noch auf ihre Übersetzung ins Deutsche warten und sicher sehr interessant sind. „Dunkelbunte Jahre“ dürfte schon jetzt ein Standard-Werk zu THE CURE sein, das gelungen den Spagat zwischen Bildband und Biografie meistert. Selbst wenn jetzt wirklich nichts mehr von THE CURE kommen sollte, werden Alben wie „Faith“, „Pornography“ und „Disintegration“ oder von mir aus auch der Radio-Hit „Friday I’m In Love“ für immer bleiben… wie auch nicht zugebundene Turnschuhe! (Marco Fiebag)

Format: Buch
Vertrieb: Hannibal
Mailorder: Going Underground
 

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