Nach dem sehr kraftvollen letzten Studioalbum „Am Abgrund“ und dem Live-Album „Flüchtige Küsse“ kommt mit dieser CD ein „Aha“-Erlebnis ans Ohr. Die 4 Elemente Feuer, Wasser, Erde, Luft stehen im Mittelpunkt dieser CD oder zumindest lassen sich ihnen die Lieder zuordnen. Die Pandemie hat das neue Studioalbum „X“ verzögert und so überbrückt diese Werkschau die Wartezeit auf das Irgendwann. Daher sollte man auch kein – wie sonst von den Erben gewohnt – Konzeptalbum erwarten. Der Tonträger ist ein „Rückblick, Einblick und Ausblick, aber in erster Linie auch eine unmissverständliche, künstlerische Klarstellung“ steht auf der letzten Seite des Booklets.
Es fängt sehr düster an. Eine Gitarre, die dem Post-Punk ähnelt weicht dem Flüsternden Sprechgesang, den Oswald Henke wählt, weil er halt nicht singen kann. Er fordert die Hörer einige Male auf mit ihm das Töten zu spielen. Dann wird es (leider) poppiger und ein Hauch von Dancefloor umgarnt das Lied. Tanzbare Stücke sind bei den Erben ja nicht an der Tagesordnung aber hier wippt der Fuß automatisch mit.
Ein Klavier leitet ein verspieltes Lied ein, dass auch ein Kinderlied sein könnte. Fern vom Licht wünscht sich hier jemand. Man fühlt sich an das mittlerweile zum Klassiker gereifte „Vermisster Traum“ erinnert. Zum Klavier gesellt sich noch eine Violine und das war‘s schon mit der Begleitung. Durch die in den letzten Jahren durchgeführten Kammerkonzerte scheint Herr Henke auf den Geschmack gekommen zu sein, denn es folgen danach ausschließlich Kammerstücke auf diesem Album. Diese zurückhaltende Instrumentenbegleitung erlaubt es einem aber sich wieder mehr auf die Texte und Stimmung einzulassen. Aus meiner Sicht sind sie eine Rückkehr zu dem was die Erben in ihren Anfangsjahren ausgezeichnet hat.
„Ich möchte fliegen“, „Zeit zu gehen“ und „Darf ich bitten“ reihen sich in diesen Reigen ein, nur das hier der Sprechgesang sich der Wut nähert und sich damit vom kindlichen Spiel entfernt. Der Teufel bittet zum Diktat und so hört es sich auch an. Mein Highlight ist das Lied „Zwischenzeit“, das in dieser Form sehr stark an „Abseits des Lichtes“ und „Nur Ein Narr“ erinnert. Auf dem Allbum „Dazwischen“ ist es mir kaum aufgefallen aber hier sticht es klar hervor. Es folgen zwei Klassiker: Das bereits erwähnte „Vermisster Traum“ findet hier zusammen mit „Der Weg“ eine Erneuerung, so dass auch sie Johann Wolfgang v. Goethe in der Gestalt live dargeboten hätten werden können, ohne dass dieser die Instrumentierung als sonderbar empfunden hätte.
Es folgen Neubesuche der ersten drei Stücke, die mir – mit Ausnahme von „Spiel mit mir“ – kaum neue Facetten aufzeigen und eher wie ein Feigenblatt erscheinen, um die CD nicht zu kurz ausfallen zu lassen.
Im September kommen die Erben zusammen mit (The Mighty) Sieben auf Tour, die allerdings nicht im Kammerkleid, sondern mit voller Bandbesetzung durch deutsche Städte führen wird. Die hier besprochene CD soll dann auch schon auf dem Gabentisch liegen. Mein Exemplar lag der Elemente-Box bei (siehe Bild), die in streng limitierter Zahl direkt bei Oswald Henke erhältlich war (und vielleicht noch ist) und neben der CD noch 4 Vinyl-Singles und ein Stück Seife (!) enthält. (M.W.)
Format: CD / BOX |
Stichworte: |