Nachdem sich der französische Komponist Yann Tiersen („Die fabelhafte Welt der Amelie“) auf die bretonische Insel Quessant zurückgezogen hat und dort ein recht abgeschiedenes Leben im eigenen Studio namens The Eskal in einer ehemaligen Diskothek führt, wurde auch seine Musik wesentlich ruhiger, karger und introvertierter. Mit dem Album „Eusa“ reduzierte er sich gleich ganz auf dezent-spröde Klavierakkorde und Field-Recordings, um dann auf den beiden Nachfolger „All“ und „Portrait“ wieder eine etwas breitere Instrumentierung sowie Gesang und Drones zuzulassen. Die vor einem Jahr zum RSD veröffentliche 12“ „The Lagniappe Session“ mit drei Cover-Versionen von Francoise Hardy, E.C. Ball und Steve Reich deutete dann schon die etwas elektronische Ausrichtung an, in die das aktuelle Album „Kerber“ jetzt schlägt. Geblieben ist trotzdem das alles dominierende und bedächtig angeschlagene Klavier-Spiel Yann Tiersens, nur pulsieren, zischeln, zirpen und wabern diesmal analoge Flächensounds hypnotisch im Unterbau der Tracks. Das erzeugt in dieser ungemein zarten wie melodischen Kombination einen regelrechten Trance-Effekt mit atmosphärischer Sehnsuchts-Stimmung und vor allem dann, wenn das zarte Spiel Tiersens noch etwas an Fahrt aufnimmt. Produziert wurde das Ganze ein weiteres Mal von Gareth Jones, welcher ja schon mit seiner Arbeit für u.a. DEPECHE MODE und die EINSTÜRZENDEN NEUBAUTEN Musikgeschichte geschrieben hat und insbesondere als Fachmann für das Sampling bekannt ist. Gerade in dem anfangs so unscheinbar klingenden elektronischen Unterbau der 7 Tracks auf „Kerber“ steckt sehr viel Detail-Arbeit und zusammen mit Yann Tiersen ist es ihm gelungen, die einzelnen Teile perfekt zu verschmelzen. Das völlig instrumental gehaltene Album klingt dabei absolut klar und aufgeräumt, was auch mit dem minimalistisch-stilsicheren Cover-Artwork wiedergegeben wird, welches natürlich am besten bei der Vinyl-Ausgabe zur Geltung kommt. Diese gibt es in drei verschiedenen Konfigurationen und zwar als limitierte Kunst-Deluxe-Edition im Clear Vinyl, als weißes Vinyl + Poster und in der Standard-Ausgabe im schwarzen Vinyl. Geschuldet dem analogen Aufnahme-Prozess und einer guten Pressung des Vinyls soll (zumindest) die „durchsichtige“ Deluxe-Variante einen audiophilen Genuss bieten, aber die rauschhafte Musik tut dies an sich auch schon von ganz alleine! „Kerber“ ist mein heimliches Highlight des Jahres, welches ich zwar nicht jeden Tag hören werde, aber wenn, dann wird es sicher noch lange nachhallen! (Marco Fiebag)
Format: LP/CD |
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