Die Tatsache, dass es etwas Neues von NADJA gibt, lässt aufhorchen, auch wenn dies nicht unbedingt etwas sehr Seltenes ist, da NADJA und AIDAN BAKER recht produktions- und veröffentlichungsfreudige Künstler sind, was bei der gewohnt hohen Qualität auch erfreulich ist. Auch die Tatsache, dass das neue Album auf dem renommierten Label Southern Lord erscheint, ist für viele sicher ein besonderes Schmankerl. Passend zum Titel ist das Cover in leuchtendem Rot gehalten und womöglich passend zu den Erwartungen knallt uns das „Intro“ auch gleich mal wunderschönen Gitarren-doom-drone entgegen, dass es eine Freude ist – und man, ja, gerade mit Southern Lord im Sinn sicherlich auch an SUNN o))) denkt. „Luminous Rot“, der zweite Track, zeigt einem aber gleich, dass NADJA hier neues im Sinn hat, denn es erklingt hier nicht nur eher ungewohnter Rhythmus, sondern auch ein ebensolcher, deutlich verständlicher Gesang (auch von LEAH BUKAREFF). Um diesen für NADJA doch ein wenig ungewohnten Sound zu beschreiben, seien hier als mögliche Anklänge JESUS AND MARY CHAIN, MINISTRY oder MY BLOODY VALENTINE genannt. Die Gitarren bleiben weiterhin stark verzerrt und man gönnt den angeschlagenen Saiten auch immer mal wieder ordentlich Raum, sich zu entfalten und auszuklingen, wie es etwa der Beginn von „Cuts in your hands“ zeigt, doch dem Label-Info, dass NADJA sich hier auf kürzere und „more tightly structured“ Songs fokussieren, ist durchaus zuzustimmen. Und das klappt wirklich gut, inwieweit das eine Bewegung vom „ambient“ zu „shoegaze“ ist, mag jeder für sich entschieden.
Auch wenn mir gerade die flächigen, dronelastigen Sounds von NADJA sehr gefallen – „Body Cage“ war quasi das Album, das nach Jahren der Abstinenz wieder E-Gitarren-Sound an meinem akustischen Horizont erscheinen ließ – überzeugt mich auch hier jeder Song, da es weiterhin viel Fläche, Noise und Feedback gibt sowie, und darauf kommt es ja schließlich an, die Stücke interessant und gut komponiert sind. Besonders kommt dies meiner Meinung nach bei „Fruting Bodies“ zur Geltung, wo verzerrter Sound, gelungene Melodie, und präzises Schlagzeug sehr druck- und eindrucksvoll harmonieren. (Ich erlaube mir, in diesem Zusammenhang auch die ebenfalls aus Kanada stammenden BIG BRAVE zu erwähnen, deren neues Album „Vital“ ebenfalls die Tage erscheint, wo Gitarre und Schlagzeug ähnlich gekonnt miteinander verzahnt sind.) Hier klingt NADJA melodisch, aber weit weg davon, gar zu eingängig oder gar in irgendeiner Weise süßlich zu werden, aber das ist NADJA auch wirklich nicht zuzutrauen. Noch einmal härter und v.a. schneller, also mal so richtig schnell, beginnt das letzte Stück, „Dark Inclusions“. Auch hier passen Gitarre, Schlagzeug und Stimme super zusammen, da sie zunächst einmal quasi „alles“ geben, bis sich dann ein besser verständlicher Gesang und bald darauf auch mal ein Break im Rhythmus herausschält – hier sind womöglich die Anklänge an amerikanischen/kanadischen „industrial“ MINISTRY am stärksten. Mit geradezu atemberaubenden bzw. atemlosen Tempo und ebensolcher Kraft prescht dieser Song dem Ende des Albums entgegen, während lediglich der Gesang den „Atem“ und die Ruhe behält.
Über die beeindruckende Diskographie NADJAs habe ich nur einen ansatzweisen Überblick, denke aber, sagen zu können, dass die Band hier neue Wege geht („Song- und Gesang-Orientierung“) ohne dabei ihre alten Qualitäten zu vergessen. Nicht nur für eingeschweißte Fans der Projekte von AIDAN BAKERs interessant, sondern für alle, die gute (post-)moderne bzw. zeitgenössische E-Gitarren-Musik hören wollen, die so viele Genres verbindet bzw. zerstört, dass einmal mehr deutlich wird, dass Musik selten etwas für Schubladen ist… (flake777)
Format: CD / LP |
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