KAUAN – Ice Fleet (CD / LP)

Knapp 4 Jahre nach dem Überwerk „Kaiho“ vertiefen sich die Russen erneut mal wieder in ein spannendes Album-Konzept-basierend auf Aufzeichnungen/Überlieferungen einer Schiffs-Expedition im nördlichen russischen Polarmeer in den 20er Jahren, bei denen russische Forscher auf mehrere Segelschiffe stießen, deren Schiffsnamen unkenntlich gemacht wurden. Außerdem befinden sich Leichen wohl einiger prominenter Persönlichkeiten an Bord dieser Schiffe, ohne ein Anzeichen von Erfrierungen, eher mit Hinweis auf einen grauenvollen Tod, welcher seinerzeit durch die Staatsführung sämtlichst unter Informations-Verschluss gebracht wurde. Akteneinsicht gibt es auch heute zu diesem mysteriösen Ereignissen nur unter besonderen Umständen. Ähnlich der „Sorni Nai“Veröffentlichung seinerzeit, welche die beklemmende Geschichte einiger verschwundener Bergsteiger am Dyatlov-Pass 1959 nachzeichnete, wird auch hier wieder passend zur mal anmutig, mal düster tragischen Spielweise der Russen mit tiefgründigen Inhalt ein großartiges Gesamtkonzept/Werk geschaffen. War seinerzeit der musikalische Wandel zur „Kaiho“ verbunden mit dem Weglassen sämtlicher Growls hin zu ausschliesslich melancholischen Male/Female Vocals, akustisch zwar schwer, langsam und ausufernd, letztlich aber doch dem ursprünglichen Doom Metal Sound der Russen weit hinter sich lassend. Für mich persönlich war das „Kaiho“-Album ein absolutes Monument, ja ein Klassiker, welches so in seiner schieren Kraft/Schönheit einfach schwer zu toppen sein durfte. Dies schürte bei Ankündigung der „Ice Fleet“-Veröffentlichung natürlich große Vorfreude, aber auch die bange Frage, wohin diesmal die Reise gehen dürfte. Glücklicherweise darf konstatiert werden, die Russen haben längst ihr ganz eigenes Terrain abgesteckt, mit sanften, aber weit ausladendem Flügelschlag breiten sich erneut die Kauan-schen Klänge majestätisch aus. Tröpfelnde Piano, schwerelose Synths, dazu die wie immer grosszügigen, langsamen in die Weite driftenden Gitarren/Drums, die komplett ohne Eile diese so typische Cinemascope-artige Athmosphäre erzeugen. Im Vergleich zum eher schwerelosen Vorgänger dürfen Oldschool Fans sich temporär über die Hinzunahme einiger harscher Vocals bzw. schwerer Doom Riffs erfreuen, aber keine Angst, es zerstört die Panorama-like Bilderflut in keinster Weise. Die wie immer sehr Soundtrack-artige Struktur weiß auch auf „Ice Fleet“ jedes Äuglein zu wässern, dazu wird erneut in jeder Sekunde mit jedem Akkord ein Pinselstrich/die perfekte Dynamik/Nuance gefunden, es sitzt wie immer jeder Ton. Auf den knapp 40 min bleibt man bis auf wenige klare und wie benannt auch derbere Vocals, ergänzt um die typischen Sirenenhaften weiblichen Backing Vocals in bekannten Fahrwassern, was ein schnelles Eintauchen, ein Finden des Schlüssel-Moments zu „Ice Fleet“ leicht möglich macht. Man schwebt, man wird phasenweise mit Schwere erdrückt (Swallow the Sun oder Empyrium-Fans aufgepasst) und toll, wie in Song-Übergängen mit dem Knarren der Segel dem Konzept/Geschichte des Albums ein kleines akustisches Wieder-Erkennungs-Moment geschaffen wurde. Die Russen bleiben mit ihren Geschichten, den melancholischen Athmo-Doom/Postrock ihre ganz eigene Liga. Ich kenne seit Jahren keine Band, die ohne viel Aufhebens um sich, weitab des Mainstreams so wundervolle, berührende Songs schreibt, die sich oft in tieftraurig, intensiven Geschichten/Bildern verliert und mit diesem Hauch von Transzendenz/Weltvergessenheit eine qualitativ hochwertige melancholische Kunstform definiert hat, die einfach Konkurrenzlos ist aus meiner Sicht!

(R.Bärs)

Format: CD / LP
Vertrieb: CARGO
 

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