Mogwai feiern Jubiläum. „As The Love Continues“ ist das 10. Studioalbum der Schotten, die gleichzeitig vor 25 Jahren ihre erste Single und damit ihr erstes Lebenszeichen veröffentlicht haben. Von daher erscheint mir der romantische Titel der neuen Platte doch recht passend. 1995 in Glasgow gegründet, machen sie bis heute ernste Gitarrenmusik und gehören zurecht zu den Wegbereitern des Post-Rock. Überlange Titel jenseits vom Radio, anschwellende Sounds, kaum Gesang – und wenn dann nur verfremdet – dazu oft orchestrale Arrangements.Auf dem neuen Album gab es diesbezüglich nur eine kleine Inventur. Laut und Leise wechseln sich in gewohnter Manier ab und werden mit grotesken Songtiteln versehen. Die Keyboards mäandern bestimmt und kontinuierlich wie ein Fluß in seinem noch natürlichen Bett. Die Gitarrenriffs rahmen seine Ufer. Ob mit dem neuen Wurf von Mogwai eine neue Liebe aufkeimt oder die alte Liebe nicht rostet, muss jeder selbst entscheiden. Von mir aus können sie gern ein weiteres Viertel eines Jahrhunderts so weiter machen. Viele der Lieder hauen einen wieder um. Diese Musik eignete sich schon immer für eine Flucht in andere Welten, was in Zeiten von Corvid-19 nicht schaden kann.
Die Rezeptur ist alt aber sie fängt einen immer wieder ein. Von ihren LIVE-Qualitäten will ich hier gar nicht erst anfangen zu schreiben. Es passiert nicht viel Neues auf dem Album aber man möchte es nicht missen. In eine andere Richtung weist jedoch das Stück „Ritchie Sacramento“. Es sticht heraus, weil es an Shoegaze à la Slowdive oder Lush erinnert. Auch wenn Shoegaze und Postrock aus den gleichen Wurzeln trinken, überrascht es doch ein wenig eine so deutliche Reminiszenz bei Mogwai zu hören. In einem Interview wurde dieses Lied als Denkmal für all die Musikerinnen und Musiker beschrieben, die Mogwai beeinflusst haben und bereits verstorben sind. Allerdings heißt es auch, dass ein Bandmitglied den Namen von Ryūichi Sakamoto nicht richtig aussprechen konnte und sich so der Titel ergab. Wie dem auch sei, in seinem Stil steht dieses Lied im gewohnten Soundgebilde etwas exponiert da. Man denkt zwar „Gerne mehr davon!“ aber ist dann auch wieder mit sich im Unreinen, weil man diesen Stil ja – wie erwähnt – von anderen Bands und Musikprojekten kennt und Mogwai ihre eigene Nische in Post-Rock-Genre besetzen, die sie – aus meiner Sicht – bisher auch sehr zufriedenstellend ausgefüllt haben. Eine leichte Verlagerung hin zu Pop-Elementen ist nicht zu leugnen, was ihnen (zumindest im Raum Berlin) auch etwas mehr Radiopräsenz eingebracht hat. „Drive Fantasy“ passt zum Lockdown, wenn man seine eigene Fantasie fahren bzw. reisen lässt und schon mal in Gedanken Trockenübungen für die Zeit macht, in der Konzerte und Zusammenkünfte wieder möglich sind. Bei „Midnight Flit“ wirkte sogar Herr Atticus Ross von den Nine Inch Nails mit, indem er die Streicher arrangierte.
Die Schotten haben wieder hart an der Musik gearbeitet, die sich weiterhin mit instrumental ausschweifenden Liedern durch die 2 LPs bewegt. Es sind genügend Songs der gewohnten brachialen Gangart vorhanden. Die Liebe geht weiter wie zum Licht am Ende des Tunnels, um hier mal schön pathetisch den Rausschmeißer aus dieser Rezension einzuleiten. Meine Empfehlung: Kaufen und sich forttreiben lassen. (MW)
Format: CD / 2LP |