Überraschung, die Norweger bleiben sich mal von einem zum nächsten Album in ihrer Stilistik treu. Nein nicht ganz..mit „Drone Activity“ schlich sich 2019 noch ein lupenreines Drone/Ambient Werk dazwischen. Grundsätzlich wechselt das Norweger-Chameleon das Sound/Atmosphäre-Bild in den letzten 25 Jahren von Album zu Album. Von lupenreinen Folk/Black Metal Ufern über elektronisch/trippigen Rock zu avantgardistischen Electronica/Ambient/Klassik-Anwandlungen waren die Veränderungen so weitreichend, blieben Ulver nicht desto trotz unter Metal-Fans/Hipstern und offenen Musikhörern in all den Jahren eine der wichtigsten Hausnummern in Sachen nordisch progressiver Klänge. Mit dem vorletzten Album „The Assassination..“ aus dem Jahre 2017 huldigte man bereits knietief den glorreichen 80s-und die Norweger taten dies mit einem breiten wohltuend wölfischen Grinsen, schaffte man mit dieser Platte eine perfekte dunkle Pop-Veröffentlichung, die perfekt auf K. Rygg´s(Garm) großartige Stimme zugeschnitten war, ließ sich Melancholie und 80s Seligkeit lange nicht so gut munden. Nicht zu vergessen, die dazu perfekt inszenierte, ausgeleuchtete trippige Live-Show seinerzeit. Wie oben bereits formuliert, lässt sich mit dem neuen „Flowers of Evil“ konstatieren, die Norweger haben Gefallen an dieser Art Synth-Pop gefunden, erneute bedeutungsschwangere Sounds und Texte, welche die glorreichen und qualitativ guten Mitt-80s zurückholt, natürlich mit der Studio-technischen Raffinesse der Neuzeit in Einklang gebracht. Knapp 38 min warme Flächen, entspannte Grooves, über denen sich die Ausnahme-Stimme Rygg´s variabel austoben darf. Wer anerkennt wie geil und dekadent seinerzeit Bands wie Frankie goes to Hollywood waren und sich vorzustellen wagt, wie es klingt, wenn versierte Musiker wie die Norweger, die schon in wahrlich vielen, trippigen Sound-Welten herum experimentierten, der darf sich auf eine Variante Nostalgie-Rhythmen freuen, die erneut mit apokalyptischen, biblisch Augenzwinkernden Texten über Atomwaffen, brennenden Kirchen, Sekten-Irrsinn, dem letztlich nie endenden Wahnsinn der Menschheit mit all Ihren Verirrungen phrasiert. Fette pulsierende warme Beats im fast ausschließlich sanften Midtempo, ergänzt um eine „der Stimmen schlechthin“, angenehm poppig, schmissig wie im vorab ausgekoppelten „Russian Doll“ oder das schön dancige fließende „Machine Guns and Peacocks Feathers“ stehen stellvertretend für ein wunderbares Retro-Pop Album, was seine unterschwellige Dunkelheit nie verleugnet, aber durchgehend den Fuß wippen lässt. Im Vergleich zum extraordinären Vorgänger fehlen mir hier zwar die ganz großen Momente, aber von einem Qualitätsverlust kann man nicht reden. Das Album macht Spaß, die Stimme Rygg´s wie immer voller Eleganz/Pathos, verführen die jederzeit melancholisch hypnotischen Songs zu permanenten Replay und wenn man berücksichtigt, in welchen Mittelmaß eine der Größen wie Depeche Mode mittlerweile Alben veröffentlicht, gibt es hier tatsächlich eine adäquate Alternative, weil letztlich doch jeder Song mit sehnsüchtiger Hingabe dem Ohr schmeichelt. Ich hoffe die Norweger bleiben dieser Stilistik treu und kredenzen in Zukunft ein richtig großes Überwerk hierzu, man hat permanent das Gefühl, das dieses noch bevorsteht. Bis dahin genieße ich erneut diese leider nur knapp 40min.
(R.Bärs)
Format: CD,Vinyl |
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