John O’Connell: Bowies Bücher – Literatur, die sein Leben veränderte (Buch)

Viel ist über David Bowie und seine Vorreiter-Rolle bzw. sein Einfluss auf die allgemeine Musikgeschichte schon geschrieben worden, aber seit seinem unerwarteten wie so plötzlichen Tod wird er auf einen Sockel gehievt, der ihm zwar gebührt, jedoch auch nicht wirklich notwendig gewesen wäre. Seine umfangreiche Diskografie wird seit dem gnadenlos ausgeschlachtet bzw. wiedergekäut und selbst seine vor Jahren noch als Ramsch vom Wühltisch deklarierte Vinyl-Ware aus den 80ern ist inzwischen zu hochpreisigen Raritäten geworden. Dabei wird immer mehr ausgeblendet, dass nicht alles von David Bowie immer gut und wegweisend war und als Beispiel seien hier seine orientierungslosen 90er Jahre angeführt. Doch die Zeit scheint für ihn zu arbeiten und aktuell erfährt ja sogar sein beliebiges „Schweine-Rock“-Projekt TIN MACHINE eine völlig ungeahnte neue Aufwertung! Doch nun zum vorliegenden neuen Buch über David Bowie, welches 100 Bücher porträtiert, die ihn am meisten beeinflusst und sein Leben verändert hätten. Drei Jahre vor seinem Tod hat er diese Liste erstellt und dabei gleich selbst Revision betrieben, doch dazu später mehr! David Bowie hat sehr viel gelesen und bei seinem Reise-Tross soll immer eine mobile Bibliothek mit über 1000 Büchern im Schlepptau gewesen sein, was heute in Zeiten von E-Book-Reedern geradezu verrückt klingen mag! Auf jeden Fall waren darunter viele Klassiker der Literatur von u.a. Camus, Eliot, Döblin, Faulkner, Fitzgerald oder Isherwood, aber auch seiner Zeit verstörende Werke, wie zum Beispiel „Clockwork Orange“, „Lolita“, „Der Outsider“, „1984“, „Kaltblütig“ oder „Letzte Ausfahrt Brooklyn“. Der freie Journalist John O’Connell stellt jetzt diese 100 vom Meister höchstpersönlich auserkorenen Werke einzeln in knappen Essays vor, setzt diese im Kontext zum Künstler, streut kurzweilig Anekdoten über David Bowie ein, verknüpft jeweils einen Song von ihm dazu und gibt weiterführende Literatur-Tipps oben drauf. Dies geschieht wirklich in einer leicht zu lesender Art, die jedoch zu keiner Zeit oberflächlich oder seicht wirkt, sondern locker und trotzdem ungemein informativ rüber kommt. Der schon weiter oben angesprochene Wermutstropfen ist allerdings das völlige Ausblenden seiner Zeit als „Thin White Duke“ und der damit verbundenen Lektüre, die sich aus magischen, okkulten und bis hin zu faschistoiden Werken von u.a. Aleister Crowley, Knut Hamsun oder Trevor Ravencroft speiste. Eigentlich unverständlich, da diese Phase ja letztendlich in der legendären „Berlin“-Trilogie mit seinen Alben „Station To Station“, „Low“ und „Heroes“ mündete! John O’Connell mutmaßt zu dieser Entscheidung Bowies, dass dieser wahrscheinlich die für ihn so schreckliche wie deprimierende Zeit im Drogennebel nicht noch einmal Revue passieren lassen wollte. Ironie des Schicksal ist dafür aber, dass sein Label RCA zum Record Store Day 2018 das bisher unveröffentlichte Live-Album „Welcome To The Blackout“ aus dem Jahre 1978 gerade mit einem Cover versah, auf dem David Bowie den Hitler-Gruß auf der Bühne andeutete! Trotz dieser nachträglichen und zu akzeptierenden Beschönigung der Liste durch David Bowie, ist „Bowies Bücher“ eine interessante Sammlung und gleichzeitige Empfehlung wichtiger Literatur-Tipps, die auf ihn Einfluss genommen haben, wie ebenso seine Musik auf andere Künstler. Der handliche Band mit knapp 400 Seiten im Taschenbuch-Format eignet sich auch sehr gut zum querlesen und somit als ständiges Nachschlagewerk, welches man immer wieder gerne aus dem Regal nimmt. (Marco Fiebag)

Format: Buch
Vertrieb: Kiepenheuer & Wisch
 

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