Kinder des 80er-Jahre Undergrounds erinnern sich möglicherweise noch an das US-Industrial, Noise & Power Electronics-Projekt BLACKHOUSE, welches innerhalb des Genres zu den Pionieren der amerikanischen Szene gehört. Kuriosität des Projekts ist die Fokussierung auf christliche Themen, die das Konzept von BLACKHOUSE vorgeben und immer wieder stolz betont haben, die ersten gewesen zu sein, die im Industrial-Genre den christlichen Markt bedienen. Was in den USA innerhalb des Undergrounds für Provokation gesorgt hat, lässt sich hierzulande wohl eher mit einem müden Lächeln abtun.
In der unübersichtlichen Gesamtdiskographie hat sich Brian Ladd mit allerei schrägen Klangcollagen und Synthesizer-Effekten beschäftigt und ist eigentlich in jedem Subgenre der ganz frühen Industrial-Tage präsent, ob nun ausladende Avantgarde-Kompositionen, experimenteller Noise, wabernder Dark Ambient oder rhythmischer Proto-Industrial-Rock.
Für alle Sammler früher analoger Krachmusik hat Dark Vinyl in Zusammenarbeit mit Brian Ladd nun den ersten Teil seiner Diskographie in einer liebevollen und akribisch zusammengestellten Collectors Edition veröffentlicht. Im dazugehörigen Booklet beschreibt Ladd in ausführlichen Liner Notes die Entstehungsgeschichte der einzelnen Studioalben . So erfährt man das ein Großteil des Frühwerks ausschließlich aus semiprofessionellen Demo- und Improvisationsaufnahmen besteht, was Ladd ehrlich reflektiert und sich selbst fragt, warum zum Beispiel Alben wie „5 Minutes After I Die (1986)“ oder „Holy War (1987)“ seinerzeit so populär waren?
Der Reiz dieser Veröffentlichung ist wohl die vollständige Komplettierung seiner hierzulande nur schwer erhältlichen Studioalben. Auch wenn Brian Ladd des Öfteren auf dem Wave Gotik Festival in Leipzig live zu erleben war, das Spätwerk seiners Ouvres zieht mittlerweile doch ein ganz anderes Publikum als noch das experiemtierfreudige Frühwerk an, welches heute vor allem historischen oder antiquitären Reiz hat.
Musikalisch erinnern die ersten Soundexperimente durchaus an THROBBING GRISTLE, WHITEHOUSE, frühe CURRENT 93 oder BOYD RICE bzw. NON. Besonderen Widererkennungswert erhält das Projekt durch die markanten, verzerrten Stimmexperimente, die eine bedrohliche Atmosphäre vermitteln. Wie sehr man sich textlich tatsächlich mit dem Christentum beschäftigt, kann ich beim besten Willen nicht heraushören.
Insgesamt ist die Zusammenstellung sehr heterogen, so dass sich beim Hören zwar viel entdecken lässt, das Gesamtvergnügen aber auf der Strecke bleibt, da man nicht so Recht die unterschiedlichen Stimmungen einordnen kann und die chronologische Form eher Mittel zum Zweck ist. Insgesamt hat die Zusammenstellung einen musealen Charakter für Sammler. Neue Hörerschichten werden BLACKHOUSE wohl kaum erreichen. Ob eine zweite Edition und Veröffentlichung der Jahre ab 1990 geplant ist, steht aktuell noch nicht fest. (Dimitrios Charistes)
Format: CD |
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