Ziemlich überraschend verkündete Peer Lebrecht, der Sänger der Berliner Dark Wave-Band GOLDEN APES, vor kurzem seine Pläne für ein Solo-Projekt namens VOYNA. Dieses möchte er jetzt gerne per Crowdfunding finanzieren, wie auch schon das letzte Album „Kasbek“ seiner Band. Darüber haben ich ihm ganz schnell mal ein paar Fragen gestellt:
? Warum jetzt kurz nach Eurem „Kasbek“-Album ein Solo-Album von Dir – kannst Du Dich bei den GOLDEN APES nicht mehr genug ausdrücken?
Die Idee für dieses Projekt hatte nicht im Geringsten mit der Qualität oder Quantität meiner Ausdrucksmöglichkeiten bei den APES zu tun, ganz im Gegenteil. Um ehrlich zu sein ist mein Einfluss in der Band groß genug, um ausreichend Platz für die eigene Kreativität zu finden. Nein, es ging nicht um Restriktionen (wie viele Chartplatzierungen dieses Wort in den vergangenen Wochen gut gemacht hat!), oder kreative Klaustrophobie, es war vielmehr der Wunsch nach einem kompromisslosen, eigenverantwortlichen Abdruck eines kreativen und emotionalen Hier und Jetzt, meines Hier und Jetzt. Ich gestehe, dass mich die Idee relativ kurzfristig und unvorbereitet fand und vermutlich wäre es ohne die Zäsur, die wir uns selbst durch die Arbeit an „Kasbek“ zugefügt haben nie dazu gekommen, aber so war es ein richtiger Entschluss im richtigen Moment. Wir befanden uns nach der Veröffentlichung des Albums in einer Art Schwebezustand (und ja, es gab Momente in denen ich nicht wusste wie und ob es weitergeht) und dennoch waren da so viele Ideen im Kopf, die ich festhalten wollte. Zu welchem Zweck auch immer. Und nach und nach wurde das Ganze kompakter und komplexer… und fühlte sich gut an. Und an diesem Punkt hatte VOYNA den Zustand einer Idee verlassen…
? Statt Deines eigenen Namens läuft Dein Solo-Projekt unter dem Banner VOYNA, was für mich nach dem russischen Wort für Krieg klingt – liege ich da richtig und warum diese Wahl?
Respektable Sprachkenntnis! In der Tat ist война die Herkunft des Namens. Ich gestehe eine tiefe Affinität für das Kyrillische zu haben. Die visuelle Ästhetik, der Klang, die Atmosphäre… für mich hat das Wort einen unglaublich schönen Klang und in seiner Adaption eine unglaublich visuelle Harmonie – und gleichzeitig ist die Bedeutung im größtmöglichen Kontrast dazu. Und genau dieser Dualismus war so reizvoll für mich, weil er sich in gewisser Weise auch in der Musik von VOYNA widerspiegelt. Darüber hinaus ist der Begriff „Krieg“ für mich mehr als Panzer und Kanonen, sondern steht auch für Konflikte und Reibung an sich, für Siegen und Verlieren, Schmerz und Hochgefühl, Okkupation und Aufgabe… für die Hürden und Barrieren des Ich in all seinen Formen. Im Grunde eine Fortführung des „Riot“-Gedankens vom gleichnamigen Album…
? In wie weit wird sich der Sound von VOYNA zu dem von den GOLDEN APES unterscheiden und welche persönlichen musikalischen Einflüsse kommen jetzt von Dir zur Geltung?
Der wohl wichtigste Aspekt, in Bezug auf die Frage und auch für mich, ist die Tatsache, dass VOYNA völlig autark von der Geschichte und vom Canon der GOLDEN APES ist und ich somit nie in die Verlegenheit kam stilistische Zweifel zu hegen. Ja, die DNA ist mit Sicherheit auf beiden Seiten ähnlich, da es bei beiden Projekten um Musik geht, die ich mag, die mich berührt und beeinflusst hat, die für mich als Vokabular funktioniert. Sei es Post-Punk, New Wave, Dark Wave… generell die 80er natürlich, weil dies das Jahrzehnt meiner musikalischen Sozialisierung war, aber ich glaube (entscheiden müssen dies andere) in der Interpretation dessen bin ich viel freier und experimentierfreudiger herangegangen. Es schwebte eben kein Damokles-Label über mir, weil es schlichtweg noch keins gibt und das war ein unglaublich luxuriöser und befreiender Zustand. Natürlich hätte ich Songs wie „The Fractal King“ oder „Swarmlands“ auch mit den APES machen können, aber dann hätten sie anders geklungen bzw. nach den GOLDEN APES eben.
? Wird es Gastbeiträge von anderen Musikern auf „The Cinvat Bridge“ geben?
Ja, die wird es definitiv geben, schon allein weil ich als Multi-Instrumentalist eine komplette Niete bin. Alle 14 Songs auf dem Album sind daheim auf dem Synthesizer entstanden, klangmalerisch Gitarren und Bässe imitierend, aber erst mit den Austausch durch „richtige“ Instrumente sind die Songs wirklich zum Leben erwacht. Eine große Hilfe dabei ist Thommy Hein, mit dem ich das Album in seinem Studio auch produzieren werde und ich bin unsagbar stolz und glücklich darüber, dass niemand Geringeres als Denis Ivanov von BRANDENBURG Gitarrenparts zu „The Cinvat Bridge“ beisteuern wird. Darüber hinaus wird es höchstwahrscheinlich auch ein Duett geben, aber mehr dazu später…
? Das Album willst Du jetzt mit einer Crowdfunding-Kampange finanzieren und hast dafür 7000 Euro veranschlagt, was ich irgendwie recht mutig finde, da Ihr ja selbst mit den GOLDEN APES beim letzten Album „Kasbek“ gerade mal 6000 Euro aufgebracht habt?
Nun ja, etwas Mut und Risiko gehören wohl nun mal dazu, schätze ich. Darüber hinaus ging es mir ja auch nicht um das Füllen des Topfes am Ende des Regenbogens, sondern um wohl kalkulierte und überlegte Notwendigkeit. Sicherlich ist die veranschlagte Summe kein Trink- oder Taschengeld, aber Studiokosten, Produktionskosten und der Wunsch das qualitativ bestmögliche Resultat für das Album zu erzielen wollten halt ihren Tribut gezollt haben. Und so gesehen bin ich bei all den Berührungsängsten, die das Thema Geld mit sich bringt sogar recht bescheiden geblieben und wie sagt man doch so schön „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“!
? Abschließend noch eine Frage zu Deiner Band, welche jetzt plötzlich nur noch zu dritt ist – was ist passiert und wie geht es hier weiter?
Um ganz ehrlich zu sein sind die GOLDEN APES schon seit den Konzerten im vergangenen November zu viert und momentan scheint es so als würde die Besetzung auch eher mehr als weniger werden. Aber was war passiert? Wie oben kurz erwähnt hatte die Arbeit an „Kasbek“ zu einer ungewollten aber unvermeidbaren Zäsur innerhalb der Band geführt. Es traten Unebenheiten und Risse zutage, die vorher niemand bemerkt zu haben schien, oder nicht bemerken wollte. Letztendlich waren wir in jener damaligen Besetzung 6 Jahre zusammen gewesen und da war es fast schon eine Frage der Zeit bis sich Richtungen, Ansichten und Vorstellungen zu verschieben beginnen. Ich haderte eine lange Zeit mit der Frage warum das ausgerechnet während der Arbeit an einem für uns so wichtigen Album wie „Kasbek“ passieren musste, ich bin mir allerdings jetzt sicher dass dies genau der Grund war. Aber so viel zu Gestern… Ich mag es was und wer die Band im Moment ist und die Tatsache, dass wir gerade dabei sind an neuen Songs zu arbeiten, lässt mich neugierig und aufgeregt nach vorn schauen!
? Danke für dieses kurze Interview und viel Erfolg bei der Kampagne!
(Marco Fiebag)
https://www.startnext.com/voyna
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