Rund 30 Jahre lang war Mick Harvey der musikalische Assistent von Nick Cave, sei es nun bei THE BOYS NEXT DOOR, THE BIRTHDAY PARTY oder THE BAD SEEDS gewesen. Was diese drei Jahrzehnte überdauernde fruchtbare Zusammenarbeit am 22.09.2009 abrupt wie unerwartet beendet hat, ist bis heute aber leider nie so richtig geklärt worden oder zur Sprache gekommen. An seiner musikalischen Freiheit kann es eigentlich nicht gelegen haben, denn Mick Harvey hat ja noch zu THE BAD SEES-Zeiten einige Solo- und Soundtrack-Alben aufgenommen, u.a. bei CRIME & THE CITY SOLUTION, ONCE UPON A TIME und THE MINISTRY OF WOLVES mitgespielt und intensiv mit PJ Harvey, Anita Lane und Roland S. Howard zusammen gearbeitet. Seine letzte Veröffentlichung war 2018 die Kollaboration mit Christopher Richard Barker unter dem etwas sperrigen Titel „The Fall And Rise Of Edgar Bourchier And The Horrors Of War“, was den Schrecken des ersten Weltkrieges zum Thema hatte und sich dann als eher sanftes Folk-Album entpuppte. Das aktuelle Album schließt daran jetzt zumindest thematisch im ersten Teil an, wenn es auch musikalisch völlig anders gelagert ist. „Waves Of Anzac“ ist der Soundtrack zu einer australischen TV-Doku über die Familiengeschichte von Schauspieler Sam Neill („Jurassic Park“, „Das Piano“), welche eng mit dem Australisch-Neuseeländischen Expeditionskorps (ANZAC) im Ersten Weltkrieg verwoben ist, jedoch auch darüber weiter hinaus geht. Getragene Streicher und melancholische Klavier-Akkorde dominieren hier die 21 kurzen instrumentalen Tracks, die in Bezug Klang und Arrangement her an die letzten Werke von Yann Tiersen erinnern. Der zweite Teil des Albums ist dagegen ein Soundtrack für die „Kids Off Nauru“-Kampagne in Australien, welche sich für Asyl suchenden Kinder einsetzt, die sich vor Australien auf der Insel Nauru in Offshore-Lagern befinden. Dieser 4teilige Abschnitt ist dann ähnlich instrumentiert, wirkt jedoch etwas Kammermusik artiger und im Tempo forscher. Letztendlich funktionieren beide Soundtracks zum Glück auch getrennt von den dazugehörig bewegten Bilder und den bestimmenden „schweren“ Themen, weshalb das Album auch für die Neue Klassik-Fraktion interessant sein dürfte. Leider wurden bzw. musste auf der Vinyl-Ausgabe im ersten Teil des Albums einige Tracks weggelassen werden, diese sind dann jedoch zumindest mit dem beiliegenden Download-Code hörbar. Für solche Art von Musik und Soundtracks im allgemeinen, bietet sich meiner Meinung nach sowieso nur das CD-Format an! (Marco Fiebag)
Format: LP/CD |
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