Als MILA MAR vor zwei Jahren mit der EP „Haime“ völlig unerwartet wieder auf der Bildfläche erschienen, gab Sängerin Anke Hachfeld folgendes zu Protokoll: „Es ist gut so, wie es jetzt ist, es fühlt sich richtig an“. Vorausgegangen war dem Comeback eine etwas unglücklich verlaufene Solo-Karriere im Deutsch-Pop-Bereich von Anke Hachfeld unter dem Banner Milu, welche letztendlich aber zur Wiederauferstehung von MILA MAR und einer deutlichen Rückbesinnung auf den spirituell entrückten Pagan-Sound ihrer Anfangstage führte. Allerdings dementierte man 2018 noch Pläne für ein Album und kurz nach der EP verließ Musikerin Katrin Beischer schon wieder die Band, was die weitere Zukunft von MILA MAR zumindest fraglich machte. In der Zwischenzeit wurde dann der Backkatalog von MILA MAR erstmals im Vinyl-Format veröffentlicht und um so überraschender jetzt doch noch das neue Album „Harar“, welches gleich vornweg genommen auch ihr bisher stärkstes geworden ist! Vom Sound her sind die insgesamt 10 neuen Songs (übrigens keine Überschneidung mit der „Haime“-EP) deutlich reduziert auf wuchtig-federnden Drums & Percussion, Cello, Drehleier, Flöte und dezente Elektronik, was jedoch keineswegs das Klangbild dünn oder minimal, sondern luftig und dicht zugleich erscheinen lässt. Für stimmliche Fülle sorgt dann die 4 Oktaven umfassende Vokal-Performance von Anke Hachfeld, die mit ihrer phonetischen Phantasie-Sprache einfach nur atemberaubend schön anzuhören ist! Atmosphärisch bewegt sich das Album, ähnlich wie schon die „Haime-EP“ in einer ungewöhnlichen, aber absolut stimmig-verführerischen Mischung aus dunkel-nordischen und melodisch-orientalischen Einflüssen. Thematisch dreht sich „Harar“ um die gleichnamige Stadt in Äthiopien, in der der Legende nach im 16.Jahrhundert Einklang zwischen den Menschen und Raubtieren herrschte, sowie an diesem Ort mehrere verschiedene Religionen friedlich zusammen lebten. Passend dazu die Cover-Fotomontage eines Hyänen-Kopfes mit dem Gesicht von Anke Hachfeld, was auf den ersten Blick bedrohlich erscheinen mag, aber irgendwie auch ungemein anziehend wirkt. Dieser betörende Widerspruch kann ebenso gleich für das ganze Album stehen, welches zusätzlich vom Klang her hervorragend produziert ist! Ein Beweis dafür ist auch das Weglassens des kurzen Titels „Tre“ auf der Vinyl-Ausgabe, was bei der Gesamtspielzeit von 45 Minuten des Albums eigentlich für dieses Format noch machbar gewesen wäre, aber eben etwas zu Lasten des exzellenten Sounds gegangen wäre. Außerdem muss ich sagen, dass bei der Vinyl-Version das Cover-Artwork wesentlich besser zu Geltung kommt und die CD-Ausgabe im sich billig anfühlenden Digipack dagegen etwas lappig wirkt. Mit „Harar“ sind MILA MAR jetzt endgültig wieder zurück und wenn die Corona-Krise überstanden ist, kann man sich sicher auch auf eine gewohnt intensive Live-Darbietung des neuen Albums freuen. (Marco Fiebag)
Format: LP/CD |
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