Ein Interview mit Eugen Balanskat über sein Leben und DIE SKEPTIKER

DIE SKEPTIKER sind inzwischen die dienstälteste ostdeutsche Punkband und gleichfalls in Ost und West beliebt. Seit 1986 sind diese (nur unterbrochen durch eine Pause zwischen 2000 und 2006) nun schon aktiv und haben insgesamt 8 Studio-Alben, ein Live-Album und zwei Compilation veröffentlicht. Deren aktuelles Album „Kein Weg zu weit“ ist auch schon wieder zwei Jahre her, die Band seit dem aber sehr erfolgreich auf Tour. Im Fokus des folgenden Interviews soll diesmal allerdings deren Frontmann Eugen Balanskat stehen, welcher über die vielen Jahre das einzig konstante Mitglied der Band ist. Außerdem ist er im vorigen Jahr 60 Jahre alt geworden, hat seinen ersten Gedicht-Band „Innenfrost“ vorgestellt und ist eine überraschende Kollaboration mit ROME eingegangen.

 

 

 

 

 

? Lieber Eugen, heute soll es mal mehr um Deine Person gehen und weniger um Deine Band DIE SKEPTIKER, obwohl das natürlich nicht ganz ausbleiben wird – als 1986 DIE SKEPTIKER in der DDR auf der Bildfläche in der Punk- bzw. Underground-Szene erschienen, war das einerseits eine völlig neue musikalische Qualität der Musik, Texte und vor allem des Gesangs, aber auch Dein optisches Erscheinungsbild war irgendwie „anders“! Nicht nur Deine Stimme schien klassisch geschult, sondern auch Dein Äußeres erinnerte weniger an Punk, sondern eher an das eines existentialistischen Dandy. Wie bist Du damals mit der Szene in Berührung gekommen und kam es zur Gründung von DIE SKEPTIKER?
Ich war lange Zeit auf der Suche nach einer Band, habe mich bei einigen vorgestellt und vorgesungen, aber das war nie so richtig gut. Eine Gruppe wollte mich zum Heavy Metal überreden, was nicht so ganz meins war, eine andere hatte dämliche Texte, die ich aber unbedingt singen sollte, na und in diesem Stile immer mehr. Das war nervenaufreibend für alle Beteiligten und sehr unergiebig. Ich arbeitete damals in einem Verlag und unterhielt mich natürlich auch mit den Kolleginnen und Kollegen über meine Freizeitaktivitäten und der Suche nach einer passenden Band für mich. Eines Tages sagte mir eine, der besagten Kolleginnen, dass sie von ihrer Tochter gehört hätte, dass in Randberlin ein paar junge Leute eine neue Truppe aufbauen wollten und bestrebt wären, musikalisch neue Wege zu beschreiten. Das klang vielversprechend, sie besorgte mir den Kontakt und ich fuhr hin. So ein Kennenlernen aus dem Kalten war noch nie so richtig mein Ding, wir stellten uns in deren Probenraum und waren doch alle irgendwie verklemmt, weil keiner so richtig sagen konnte, wie genau man sich denn ausrichten wolle musikalisch. Bis dato hatte diese Truppe Südstaatenrock gespielt und wollte sich verändern oder erneuern. Südstaatenrock wäre auch nicht so mein´s gewesen. Da die Situation doch irgendwie verklemmt war, einigten wir uns darauf, zum besseren Kennenlernen, die örtliche Kneipe gleich schräg über die Straße aufzusuchen. Gedacht getan und einige Biere später standen wir wieder im Probenraum und sofort flutschte es mit uns gemeinsam und eine erste Nummer entstand. Wenn mich nicht alles täuscht war das damals „JaJaJa“, natürlich noch ohne Text, so in Pseudo-Englisch für den Gesang und das Silbenmaß aber immerhin, der Bann war gebrochen, und wir hatten alle sofort Lust auf mehr davon und in diesem Stile. Das war der Beginn einer nunmehr 34 jährigen Bandgeschichte, die bis heute zu meiner großen Freude anhält. Um ein eigenes Profil zu entwickeln spielten wir am Anfang auch vieles nach, von Bands die wir mochten, um darüber unseren Stil zu finden, was ja auch gelang. Das waren unter anderem Songs von IDEAL, PVC, DEAD KENNEDYS oder NIna Hagen, die zu dieser Zeit wegen ihrer Ausreise in den damaligen Westen schon verboten war. Nach einem halben Jahr Proberei standen wir schon bei unserem ersten Auftritt, zu dem 500 Besucher gekommen waren, natürlich ganz viele Freunde und Bekannte, aber nicht nur. Es hatte sich selbst in Berlin schon herumgesprochen, das am Rande der Stadt eine neue frische Band aufspielen würde, DIE SKEPTIKER und man war gespannt…
Vom ersten Tage unseres öffentlichen Auftrittes waren wir in der Szene als neues, dolles Ding durchgestellt und hatten sofort enormen Zulauf. Das war dann sozusagen auch der erste Kontakt mit anderen Bands, weil wir gleich zu Festivals eingeladen wurden und man uns überall so richtig abfeierte.

? Der schnelle Erfolg von DIE SKEPTIKER in der Punk-Szene der DDR, welche dann schon bald unter dem Banner „die anderen Bands“ firmierte, bescherte Euch aber auch viele Neider und so lehnten gerade die ach so authentische „Assi- & Müllpunk“-Fraktion DIE SKEPTIKER damals vehement ab und man streute üble Gerüchte, welche aber natürlich Quatsch waren! Wie hast Du diese Situation damals selbst empfunden?
Ja es gab wohl viel Neid, das Einzige was ich wirklich bedauerte, war die Tatsache, das einige Musiker in der Provinz verfolgt und mit Knast bedacht wurden für Dinge, die in Berlin möglich waren. Daraus ergaben sich leider viele Missverständnisse und letztendlich ist das Schnee von gestern. Es gab viele blöde Gerüchte mit 0 Wahrheitsgehalt, die mit unserer Lebensrealität nichts zu tun hatten. Festzuhalten bleibt, dass wir nie eine Note oder eine Silbe unserer Sachen geändert haben und ich mich immer noch freue, dass wir 100%ig unser Ding durchgezogen haben. Angefeindet wurden wir oft auch von Musikern, von denen sich später herausstellte, dass sie mit der Stasi gemauschelt hatten, was bei uns nie der Fall war, auch wenn oft Falsches erzählt wird.

? Viel ist über Deine bisherige Biografie nicht in Erfahrung zu bringen und was ist dran an der Info einer unehrenhaften Entlassung aus der NVA?
Ich war während des Armeezeit des öfteren im Objektknast und das dann doch so häufig, dass man Leute meines Schlages erst zwei Tage nach dem offiziellen Entlassungstermin ziehen ließ. Das war die schlimmste Zeit meines Lebens und ich glaube richtiger Knast wäre auch nicht übler gewesen als das, was ich dort erleben musste.

? Obwohl DIE SKEPTIKER erfolgreiche Platten bei Amiga und Rough Trade veröffentlicht haben, konntest Du nie richtig von Deiner Band leben bzw. warst immer zu Gelegenheitsjobs gezwungen. Ich habe gelesen, dass Du Berufsausbildungen als Schlosser und Buchhändler hast, diese jedoch nie ausgeübt und trotzdem bis zum heutigen Tage immer schwere Arbeit verrichtet hast! Mit was hast Du Dein Geld zum Überleben verdient bzw. welcher Arbeit gehst Du aktuell gerade nach, wenn Du nicht mit DIE SKEPTIKER auf Tour bist?
Das ist nicht ganz richtig, denn ich habe sowohl als Schlosser, als auch als Verlagsbuchhändler jeweils für einige Jahre gearbeitet. Die Musik trieb mich aber dazu, nach der Wende in die Selbstständigkeit zu gehen mit dem Versuch davon zu leben, was grandios scheiterte. Ich wollte mir aber nicht irgendwann vorwerfen, mich nicht zu 100% eingesetzt zu haben. Ich tat es und landete auf dem Boden der Realität der besagte, ohne Job kann ich mir das musizieren nicht mehr leisten. So verdingte ich mich als Messebauer, LAN-Techniker und Veranstaltungshelfer oder Hand und bin heutzutage in einer Firma für Veranstaltungsservice gelandet. Dieser Job gibt mir aber soviel Freiheit, nebenher auch auf Tour gehen zu können mit meiner Band, was ich sehr zu schätzen weiß. Am liebsten arbeite ich aktuell im Theater auf dem Schnürboden oder auch als Spotfahrer, das ist eine sogenannte Lichtkanone.

? 2019 bist Du 60 Jahre alt geworden und wenn auch Deine Haare inzwischen weiß sind, ist Deine Stimme immer noch brillant wie eh und je – hast Du eine klassische Gesangsausbildung und wie trainierst Du Deine Stimme bzw. hältst Dich fit?
Ich habe keine abgeschlossene Gesangsausbildung, zwar besuchte ich für 2,5 Jahre eine Musikschule als Vorbereitung für ein geplantes Musikstudium, aber das hat nicht viel gebracht. Die Lehrer waren in ihrer Wissensvermittlung eher dürftig, sie wollten das man Dinge kann, die sie vorher nicht mal richtig erläutert haben, wie man das denn hinbekommt. Ich war für das klassische Fach eingeteilt und nachdem ich in die Rocksparte wechseln wollte, wurde das abgelehnt und ich schmiss es deshalb hin. Aus dem Musikstudium wurde auch nichts, weil man mir einen fehlenden Klassenstandpunkt bescheinigte, an der Musikhochschule Hans Eisler. Das war natürlich noch zu DDR Zeiten. Ich nahm Privatstunden und die haben mich dann wirklich weitergebracht. Leider waren die mit 50 Mark pro Stunde auch sehr teuer und ich konnte mir das nach einiger Zeit dann nicht mehr leisten. Trotzdem bin ich meinem damaligen Lehrer dankbar dafür, mich auf den richtigen Weg gebracht zu haben. Heutzutage mache ich tägliche Gesangsübungen um die Stimme geschmeidig zu halten, Ausnahmen gibt es nur bei Krankheit, oder wenn die Stimme anderweitig angegriffen ist. Fit halte ich mich durch Vitamine und habe ja einen Job in der Veranstaltungsbranche, der teilweise körperlich sehr fordernd ist.

Foto: Karlvis Pressler

? Ich weiß ja, dass Du schon immer ein Faible für die alten UFA-Schlager und -Filme hast und ich hatte damals vor 20 Jahren nach dem Ende von DIE SKEPTIKER das Gefühl, als Du danach mit ROTER MOHN bzw. ROTORFON unterwegs warst, dass Du Dich jetzt erst richtig verwirklichen kannst. Leider wurde das ja vom Publikum und den alten Fans nicht so richtig angenommen und 6 Jahre später gab es plötzlich DIE SKEPTIKER wieder – wie ist Deine Meinung über diese Phase Deines Lebens mit etwas zeitlichen Abstand jetzt?
Weil mich die falschen Gerüchte, welche über meine Band gestreut wurden, die nie etwas mit unserer Lebensrealität zu tun hatten, echt nervten, habe ich die Gründung von ROTER MOHN bzw. später ROTORFON wie einen Befreiungsschlag empfunden. Es war nur bedauerlich, dass diverse Skeptiker Fans nicht verstanden, das ROTORFON konzeptionell etwas völlig anderes waren, als das, was ich vorher getrieben habe, also unpolitisch, Spaß pur und ausschließlich auf alte Tonfilmschlager beschränkt. Als die ersten „Straßenkampf“-Rufe bei ROTORFON ertönten, bereute ich fast, diese mit Ex-DIE SKEPTIKER auf den Plakaten beworben zu haben. Festzuhalten bleibt aber, dass es mir unwahrscheinlichen Spaß gebracht hat mit ROTORFON zu musizieren. Leider war der Zuspruch des Publikums nicht groß genug, um das dauerhaft fortzuführen. Wir haben insgesamt zwei CDs produziert und hatten eine dritte in Vorbereitung, zu der es aber durch den Bruch der Band leider nicht mehr kam.

? 1998 hatten DIE SKEPTIKER mit dem Album „Wehr Dich!“ ihren Tiefpunkt erreicht und obwohl es ein wirklich gutes Album war, wollte man Euch kaum noch hören und sehen! 20 Jahre später spielt Ihr inzwischen wieder vor vollen Häusern und die letzte Tour war sogar komplett ausverkauft – ist das nicht Wahn- und Irrsinn zugleich bzw. verstehe einer die Leute oder?
Ja viele Bands zerbrechen wahrscheinlich daran, wir hatten uns deshalb ja auch aufgelöst, aber ich bin sehr glücklich darüber, dass wir 2006 einen Neustart wagten, der bis heute trägt. Nach einigen Jahren Pause, hatte uns das Publikum scheinbar doch vermisst, als Bestandteil der Musikszene.

? Mit Rotzbomb Records hattet Ihr Euch nach der Reunion sogar selbstständig gemacht und zwei Alben veröffentlicht. Die letzten zwei Alben erschienen dann aber über Destiny Records – warum?
Wir wollten den Vertrieb und die organisatorischen Dinge wieder in professionelle Hände geben. Ein Label zu führen geht nicht mal so nebenbei, da muss sich jemand richtig drum kümmern, und das alles neben Beruf und Musik zu realisieren ist fast nicht machbar.

? Zur Tour anlässlich Deines 60. Geburtstages gab es kein neues Album von DIE SKEPTIKER, sondern mit „Innenfrost“ einen Lyrikband, der 60 Gedichten von Dir enthält, die eigentlich nichts mit Deiner Band zu tun haben, sondern eher recht intime Einsichten in Dein Leben zu geben scheinen?! Wenn man diese dann auf sich wirken lässt, hat man einerseits das Bild eines sehr einsamen und verletzlichen Eugen vor sich, der sich nach Liebe sehnt – stimmt das und was gibt es zum Thema Eugen und die Frauen zu sagen, denn auf Facebook hast Du „verwitwet“ im Status angegeben?
Einsam und verletzlich – ja stimmt schon, offener oder nackter als in Gedichten kann man sich denke ich nicht präsentieren, insofern täuscht der Eindruck natürlich nicht. Obwohl ich 23 Jahre mit meiner verstorbenen Frau zusammen war, hatte ich davor und danach lange Phasen des Alleinseins und der Einsamkeit, die ich dann auch in meinen Gedichten verarbeitete und verarbeite. Mit nunmehr fortgeschrittenem Alter wird es ja auch nicht unbedingt leichter eine neue Partnerin kennenzulernen. Ich fand das Werben und „erobern“ einer Frau bis heute immer sehr schwierig, keine Ahnung wieso. Doch – vielleicht weil mir eine gewisse Leichtigkeit des Seins fehlt, obwohl ich nicht wie ein Trauerkloß herum schleiche. Letztendlich muss man aber mit jeder Situation zurechtkommen egal, was man sich wünscht.

? Andererseits ist auch eine gewisse Naturverbundenheit zu erkennen, was mich jedoch schon etwas überrascht, da ich weiß, dass Du überzeugter Städter bzw. Berliner bist oder?
Überzeugter Städter – na ja, die Annehmlichkeiten kultureller Vielfalt sind auf dem Lande halt nicht so gegeben. Andererseits mag ich schon Natur und Tiere, allerdings in verträglichen Dosen, ein Mückenschwarm am Baggersee würde sicher keine Begeisterungstürme in mir auslösen. Da wäre es dann vorbei mit der Naturschwärmerei.

? Wie wurde „Innenfrost“ denn von den Fans angenommen und sollte es nicht ursprünglich auch eine CD mit den darauf eingesprochenen Gedichten geben?
Ich bin nicht unzufrieden, denn nach der Tour bin ich fast bei Kostendeckung gelandet und habe eine zweite Auflage schon in Auftrag gegeben. Obwohl eine Mailadresse im Impressum angegeben ist, erreichten mich darüber keine Nachrichten oder Einschätzungen. Wenn sich jemand dazu äußerte, dann meist über Facebook oder im persönlichen Gespräch. Negative Reaktionen habe ich keine bekommen, obwohl ich die durchaus mit einkalkulierte, weil ja nicht alles was man so verzapft, den Leuten auch gefallen muss. Das mit der CD habe ich einfach zeitlich noch nicht geschafft, die ist aber nur aufgeschoben und wird kommen, nur wann kann ich noch nicht sagen. Letztendlich betreibe ich solche Sachen ja neben meinem Job und der Musik und wenn ich etwas veröffentliche, soll es auch gut sein.

? Ein weiteres exklusives Merchandising-Produkt auf der letzten Tour war die limitierte Single von ROME, auf der Du zusammen mit Jerome Reuter den DIE SKEPTIKER-Klassiker „Hinter den Mauern der Stadt“ neu interpretiert hast! Dieses Experiment scheint ja aufgegangen zu sein, denn die auf 500 Exemplare limitierte Single ist inzwischen ausverkauft – wie kam es zu dieser eher ungewöhnlichen Kollaboration und woher kennt Jerome DIE SKEPTIKER, zumal ROME ja aus einer völlig anderen Szene kommen?
Woher Jerome DIE SKEPTIKER kennt weiß ich nicht, aber über seinen Merchandiser, den Sams, hat er angefragt, ob ich mit ihm zusammen „Hinter den Mauern der Stadt“ neu aufnehmen würde, wegen des Jubiläums 30 Jahre Mauerfall. Er schickte mir die Musik zu, sie gefiel und ich sang meinen Part drauf. Was er dann gesungen hat, fand ich auch ganz toll und unsere Stimmen harmonieren sehr gut miteinander. Ich habe noch 50 von den Singles übrig, die wird es dann im April auf unserer nächsten Tour geben.

? Wird es eine weitere Zusammenarbeit mit ROME oder eventuell auch andere Kollaborationen geben?
Wir haben vor, noch weitere Stücke gemeinsam anzugehen, da wir beide fanden, dass es eine tolle Zusammenarbeit war.

? Mir ist jetzt mal wieder eingefallen, das damals 2006 Euer Reunion-Konzert in Dresden aufwendig gefilmt wurde und es geplant war, dieses auf DVD zu veröffentlichen – was ist aus diesen Plänen geworden?
Ich weiß nicht mal mehr, wo das Material geblieben ist, kann diese Frage also gar nicht beantworten.

? Macht es Dich stolz, es mit „Dada in Berlin“ auf Platz 25 zwischen PUHDYS, SILLY, KARAT, CITY etc. der besten 100 Ost-Songs geschafft zu haben, welche 2019 über Radio Eins sehr medienwirksam gekürt wurden?
Ich habe mich auf jeden Fall sehr darüber gefreut, dass nicht nur die üblichen Verdächtigen genannt und gespielt wurden, sondern wir eben auch dabei waren und „Dada in Berlin“ ist ein Titel, der immer noch gerne vom Publikum gehört und betanzt wird. Der ist sozusagen einer unserer Klassiker geworden, den wir natürlich bei jedem Konzert spielen.

? Für Facebook hast Du ein Video mit dem Song „Der Schoß“ gemacht, welches sich ganz aktuell mit der gesellschaftlichen Lage unseres Landes auseinandersetzt, aber nicht unter dem Banner DIE SKEPTIKER firmiert – ein erster Vorbote für ein Solo-Album?
Ich wollte das Stück schon gerne mit der Band umsetzen, was aber leider nicht geklappt hat. Den Kollegen gefiel nicht was mir vorschwebte, und mir gefiel nicht was von deren Seite kam, und da ich der Urheber des Songs bin, habe ich es dann letztendlich mit der Unterstützung von Dominik, einem unserer beiden Gitarristen, so gestaltet, wie ich es für gut halte. Für mich war es wichtig den Text zu veröffentlichen und das auch zeitnah. Das hatte für mich absolute Priorität, weshalb ich es ja auch sofort in´s Netz stellte, ohne darauf zu warten, dass es vielleicht irgendwann auf einer Platte erscheint. Es war mir als Statement zur aktuellen politischen Lage wichtig. Material hätte ich für zwei Solo-Scheiben, da es viele Sachen von mir gibt, die nicht so richtig zum DIE SKEPTIKER-Sound passen, „Der Schoß“ wäre aber eigentlich perfekt gewesen. Ich bleibe da auf jeden Fall dran, es zieht sich alles leider zeitlich, da ich bei der musikalischen Umsetzung doch auch Unterstützung benötige, da ich ja nicht selber Instrumente spiele. Und wenn der Band die Sachen nicht zusagen, muss ich auch von anderen Musikern Unterstützung suchen. Alles natürlich neben meinem Job und den Aktivitäten bei DIE SKEPTIKER. Weil ich unsicher darüber war, ob man mir auch andere Töne abnehmen würde, habe ich im letzten Jahr auch mal einen sehr reduzierten Song von mir ins Netz gestellt („Innenfrost“), mit Klavierbegleitung und einem Text, über das schmerzliche Ende einer Liebe. Die Reaktionen darauf waren durchweg positiv, weshalb der Entschluss in mir reifte, in Zukunft auch noch mit anderen Sachen in Erscheinung treten zu wollen. Hauptpriorität haben bei mir immer DIE SKEPTIKER, aber ich habe eben auch Sachen die da nicht passen und trotzdem das Licht der Welt erblicken sollen. So ist es ja auch mit meinem Gedichtband „Innenfrost“ – es sollen einfach weitere Facetten aufgezeigt werden, als nur die politische, die ich zwar gerne bediene, aber es gibt eben auch noch andere Themen.

? Die gerade angesprochene politische Atmosphäre in Deutschland erinnert nicht nur mich an die Weimarer Republik bzw. die später 20er bzw. frühen 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts – siehst Du das ähnlich?
Leider ja und ich finde es entsetzlich wie wenig unsere Politiker der etablierten Parteien aus den Erfahrungen von Weimar gelernt zu haben scheinen. Für mich ist da ganz viel politische Dummheit, Ignoranz, und Machtversessenheit am Werke, und das scheinbar ohne Geschichtsbewusstsein. Nach meiner Meinung gehört eine rassistische, menschenverachtende Hetzer-Partei wie die AFD nicht beobachtet sondern verboten. Es ist mir fast unerträglich, wie viel Medienpräsenz man diesen Rattenfängern einräumt, und ihnen damit die Möglichkeit gibt, ihr Gift zu verbreiten. Des weiteren könnte ich platzen bei dem Gedanken, dass diese Inhumanisten auch noch von Steuergeldern finanziert und gemästet werden. Das ist alles so parallel zur Weimarer Zeit, dass es einen nur entsetzen kann. Wir dürfen nicht nachlassen uns täglich dagegen zu stellen. Für mich ist es ein ganz eindeutiges Staatsversagen, wenn man Hetzreden im Bundestag nicht kategorisch unterbindet und mit Rauswurf der Personen und dieser Partei ahndet. Wenn der Souverän eines Landes das Volk ist, dann sollte auch der Wille der Mehrheit durch die von ihm gewählten Vertreter durchgesetzt werden. Bei der RAF haben sie damals auch mit aller Macht draufgeschlagen, bis Ruhe war, das erwarte ich jetzt ebenfalls auf die AFD bezogen.

? Als Interessent der bereits erwähnten 20er und 30er Jahre kennst Du sicher die großartigen Volker Kutscher-Romane bzw. die daraus abgeleitete TV-Serie „Babylon Berlin“ – wenn ja, wie ist Deine Meinung darüber?
Ich habe mehrfach versucht die Serie zu schauen, und es passte immer nicht so richtig zu meiner Stimmung, als ich mich dann aber eines Tages darauf einließ, war ich doch schnell gefesselt, von dem Gezeigten. Jetzt erwarte ich mit Spannung und Vorfreude die Ausstrahlung der neuen Folgen, die hoffentlich bald auch im Öffentlich Rechtlichen gesendet werden. Ich finde es auch toll, dass die Serie international sehr erfolgreich war, was bei einheimischen Produktionen ja nicht sehr oft gelingt. Ich hoffe nur, dass Niveau und Spannung weiterhin gehalten werden.

? Welche Musik hörst Du privat und bist Du Vinyl- oder CD-Hörer?
Da ich beruflich, also bei meinem Job, zwangsläufig ganz viele Konzerte höre, tue ich das in der Freizeit nicht mehr so oft wie früher. Ich bin sehr stimmfixiert und mag zum Beispiel die Tenöre der Schellackzeit. Neuere Sachen so was wie TURBOSTAAT, BLACK SABBATH, SEX PISTOLS, BILLY TALENT um nur einige zu nennen. Von ganz aktuellen Sachen habe ich keine Ahnung. Ich kaufe mir immer noch Tonträger und wandele sie für den mobilen Einsatz in MP3s um, obwohl das eigentlich eine echte Vergewaltigung des Sounds ist, aber die Bequemlichkeit moderner digitaler Geräte, lässt mich das trotzdem tun. Ich will wieder übergehen zum Hören von Vinyl, weil man sich der Musik dann konzentrierter hingibt, da der Genuss derselben mit einem gewissen Aufwand verbunden ist.

? Ich danke Eugen für dieses ausführliche Interview und wünsche alles Gute für die Zukunft. Den Gedichtband „Innenfrost“ kann man übrigens unter innenfrost@online.de bestellen oder natürlich auch auf der aktuellen Tour von DIE SKEPTIKER erwerben!

– Marco Fiebag –

 

 

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