NITZER EBB – Body Of Work (4LP)

NITZER EBB waren schon immer meine liebste EBM-Formation und auf keine traf die Genre-Bezeichnung Electric Body Music besser zu, als auf sie. Stark beeinflusst von DAF, setzten NITZER EBB ebenfalls auf minimale Sounds und eine mörderische Bassline, verzichteten dabei jedoch völlig auf das leicht „schwuchtliche“ Element des deutschen Electro-Pionier-Duos. Im Gegensatz zu anderen ebenfalls wegweisenden EBM-Bands wie FRONT 242, FRONT LINE ASSEMBLY oder SKINNY PUPPY waren NITZER EBB durch Douglas McCarthy mit einem Frontmann gesegnet, der neben seiner kraftvollen Ausstrahlung, auch mit einem ebenso tönenden Organ ausgestattet war. Die ersten Singles und das Debüt „That Total Age“ waren damals ein atemlos hämmernder Rausch aus „Muskeln & Hass“ und wenn auch das Folge-Album „Belief“ das Tempo deutlich drosselte, war dieses Werk immer noch ein brutales Manifest der EBM. Mit dem dritten Album „Showtime“ integrierten NITZER EBB dann Einflüsse aus dem Jazz („Lightning Man“) und dem Hip Hop („Fun To Be Had“) in ihren sonst so knochentrockenen Body-Sound, was Anfangs bei den Fans für einige Irritationen sorgte. Deren Toleranz wurde mit dem folgenden Album „Ebbhead“ weiter belastet, denn NITZER EBB waren Vorband von DEPECHE MODE gewesen und hatten dabei mit Alan Wilder Freundschaft geschlossen, der dann eben jenes Album produziert hat und der Pop nun Einzug hielt. Mit diesem Album wurde Douglas McCarthy auch zum richtigen guten Sänger bzw. seine Stimme äußerst variable, was letztendlich auch zu einigen Gastrollen beim RECOIL-Projekt von Alan Wilder führte. Selbst wenn sich die alten Hardcore-Fans von NITZER EBB mit dieser Phase der Band teilweise schwer taten, wurden bis dahin alle 4 Alben Klassiker des Genres und klingen selbst heute immer noch sehr frisch. Leider kann man das vom Album „Big Hit“ nicht behaupten, welches drei Jahre nach „Ebbhead“ erschien und eine völlig ausgebrannte wie orientierungslose Band präsentierte. „Big Hit“ war der Versuch, auf die damals gerade grassierende Crossover-Welle aufzuspringen, aber die Fans gingen diesen Weg von NITZER EBB mit Gitarre, Bass und Schlagzeug nicht mit, zumal die meisten Songs des Albums wirklich nicht gut waren. Folgerichtig löste sich NITZER EBB nach dem Flop von „Big Hit“ auf und Sänger Douglas McCarthy zum vielbeschäftigten Gast-Vokalisten wurde. 2007 dann die lang erwartete Live-Reunion und 2010 gab es mit „Industrial Complex“ sogar ein neues Album, welches wieder Back To The Roots ging, jedoch nicht auf Mute Records erschien und irgendwie nicht die Beachtung fand, die es eigentlich verdient hatte. 2018 veröffentlichten Pylon Records in Amerika eine qualitativ hochwertige Vinyl-Box mit den Alben ihrer Mute-Phase, die einen sehr guten Absatz fand und vereinzelt anberaumte Gigs waren ebenso schnell ausverkauft. Inzwischen scheint dadurch auch wieder das Interesse von Mute Records geweckt zu sein und bevor man den Backkatalog für Europa wieder neu auflegt, erscheint aktuell erstmals die Compilation „Body Of Work“ von 2006 im aufwendigen 4fach Vinyl-Format. Diese ultimative Zusammenstellung enthält alle Single-Auskopplungen von NITZER EBB in chronologischer Reihenfolge und zusätzlich diverse B-Seiten-Tracks und die wichtigsten Remixe dazu. Das Material wurde in diesem Zuge noch einmal neu gemastert, was man wirklich deutlich hören kann bzw. selbst ich habe neue Sounddetails entdecken können, die ich so auf den alten Platten und CDs nicht wahrgenommen habe! Gepresst auf jeweils zwei rote und weiße Vinyl-Platten und mit einem Booklet wie Download-Code ergänzt, eignet sich dieses Prachtstück von Werkschau bestens, in den schweißtreibenden und trotzdem wandelbare Electro-Sound von NITZER EBB einzutauchen. (Marco Fiebag)

Format: 4LP
Vertrieb: Mute / PIAS
 

Stichworte:
, , , , , , , ,