VIVIE ANN – When the Harbour Becomes The Sea (CD)

Nur durch Zufall entdeckte ich seinerzeit die Live Acoustic Platte von VIVIE ANN mit Arbeitstitel „Live in the Living Room“ , die sechs hauchzarte und getragene Singer Songwriter Tracks präsentiert. Fast mußte ich an die nicht minder talentierte, aber leider schon von uns gegangene EVA CASSIDY denken. Die neue Veröffentlichung nun mit dreizehn neuen Songs der begnadeten Sängerin, die frisch und voller Leidenschaft, mit exzellenten Texten aus dem Leben und VIVIE ANN`S warmer und kraftvoll, prägnanter Stimme daher kommen, entfalten sich beim Durchhören sogleich in ihrer vollkommen Bandbreite. Hier ist der Künstlerin eine grandiose neue Platte gelungen. Die junge Sängerin beherrscht viele Instrumente, Sie schreibt, singt, musiziert seit Sie ein kleines Mädchen is. Sie steht für Schönheit, Willensstärke und kommt äußerst authentisch daher und hat die Musikgene praktisch in die Wiege gelegt bekommen. Die 27 jährige hat schon viel erlebt, die Tochter zweier Musiker kennt das Künstlerleben von Klein auf, als Kind schlief sie Backstage im Keyboard Case des Vaters, während die Eltern auf der Bühne standen. Schnell galt sie als Ausnahmetalent im Musikzirkus, doch es kam erstmal anders. Nach dem Abitur wurde VIVIE immer wieder von sogenannten transitorisch ischämischen Attaken geplagt.  Hierbei geht es um Durchblutungsstörungen im Gehirn, die mit Migräne-artigen Attacken einhergehen und zum Schlaganfall führen können. Nun scheint die Krankheit überwunden, doch VIVIE ist bewußt, das sie in der Zeit dem Tode mehrmals knapp entronnen ist. Doch nun zur Musik : Ihre musikalische Ausrichtung würde ich als Alternativ Folk Pop, Indie Rock mit episch orchestralen Einflüssen charakterisieren , teils klingt es ruhiger und sinfonischer und gerade bei letztgenannten kommt einem etwas die ebenso großartige FLORENCE AND THE MACHINE in den Sinn. Bei den ganz ruhigen Liedern wird auch schon mal an LONDON GRAMMAR oder LORDE, BIRDY und DAUGHTER gedacht. Die Wahlhamburgerin zaubert mit Ihrer Band ihre so ganz eigene, gleichzeitig zarte, wie kraftvolle und elegante Melange und die geht voll ins Ohr und ebenso mitten ins Herz, ein richtiges Gänsehautfeeling  tut sich auf. Das Debütalbum “ „Flowers and Tigers“ das über Crowdfunding umgesetzt wurde, erzählte schon mit spielerischer Leichtigkeit große Geschichten und nahm das geneigte Publikum mit auf eine Reise bei der es bei jedem Hören immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt, der Albumtitel war hier Programm. Auch die neuen Tracks wurden wieder von der Natur und dem Leben selbst inspiriert, vereinen gleichzeitig die Armut, Stärke, Eleganz sowie Zartheit, Lieblichkeit mit der wunderschönen, sinnbildlichen Gewalt der See. Die neue Platte kommt also ganz nach der Protagonistin VIVIE ANN, die sich selbst als mal laut, mal leise, mal kantig, mal glatt, mal kratzig, mal weich bezeichnet. Auch VIVIE ist mal melancholisch, aber gleichzeitig auch fröhlich und hoffnungsvoll, diese wechselnden Dynamiken finden sich natürlich auch in Ihren Songs wieder. Gezupfte Gitarre, ein luftiger Beat, dezente Synths und eine zerbrechliche Stimme. Schon die neue Singe „Obsolete Majesty“ klingt very cool und beiläufig, das man zunächst nicht auf die Idee käme, dass sich dahinter eine echtes, aufwühlendes Beziehungsdrama verbirgt. Es geht in dem Song um das Scheitern ihrer höchsten Majestät, der Liebe. Denn wenn diese blass und fahl wird und nur noch die Sehnsucht bleibt nach den anfänglichen Funken, der einst war, erlischt das Feuer fast gänzlich und die tiefen Wunden und Schicksale dahinter, lassen sich nicht mehr reparieren. Das außergewöhnliche Video zum Song untermauert nochmal die Thematik des Titels, im tiefsten Winter lief VIVI dafür an der Küste Islands im weißen Unterkleid und barfuß durch schneebedeckte Landschaften. Die Wassertemperatur lag bei 0 Grad und die Lufttemparatur bei – 12 Grad und es wurde alles Rückwärts und im doppelten Tempo gedreht, so das VIVIE Teile des Textes in doppelter Geschwindigkeit rückwärts singen mußte. Aber die Mühe hat sich gelohnt, es ist ein Video entstanden, das die wunderbare Kraft und die starke Emotion der Liedes nochmal untermauert. Man spürt förmlich nach, wie sich die Geschichte der unerfüllten Liebe beim Track in den kalten und erstarrenden Bildern wie von selbst erzählt. Auch die anderen Tracks auf dem Werk wie der Opener „Cold Water“ erzählt von genau so einem wie in der Plattenbenennung erwähnten…When the Harbour…“ Moment, nach der Strophe bricht der der Refrain mit unerwarteter Euphorie herein. VIVIE erzählt die kleinen Dramen des verworrenen Lebens und das immer mit einer selbstbewußten Attitüde. So pendelt das Album zwischen leisen, intimen Momenten und wilden, explosiven Ausbrüchen, manchmal sogar innerhalb des selben Songs wie bei „Windmills“. Die großartige Stimme von VIVIE zeigt Sie bei „Loverboy“, einem Lied das man auch zum nächsten 007 BOND einsetzen könnte. In der Frau schlummern halt jede Menge Talente. Bei „No End“ endet schließlich und endlich alles in einem furiosen Gitarrenfinale, Vorhang zu und den Beifall genießen heißt es dann. Man sollte sich auf das Album einlassen, es ist vielschichtig und tiefgehend und mit jedem weiteren Hören entdeckt man ein wahres musisches Kunstwerk, das nachhallt. Für mich die Entdeckung des bisherigen Jahres und man darf bei Ihrer Tour im Wonnemonat Mai auf die Liveumsetzung  der Songs sehr gespannt sein.

(S.Erichsen)

Format: CD
Vertrieb: Soulfood
 

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