LAIBACH – The Sound Of Music (CD / LP)

Im Jahr 2015 erhielten LAIBACH die Einladung, einige Konzerte in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang zu spielen. Die Band um Sänger Milan Fras nutzte die Gelegenheit, ein schon länger gehegtes Projekt umzusetzen: die Bearbeitung des Erfolgsmusicals The Sound of Music von Richard Rodgers und Oscar Hammerstein aus dem Jahr 1959, dessen Verfilmung 1965 zu einem der erfolgreichsten Musikfilme aller Zeiten wurde. The Sound of Music erzählt die Geschichte der Trapp-Familie, einem österreichischen Vorläufer der Kelly Family, und dies reichlich garniert mit zuckersüßestem Alpenkolorit. Historischer Hintergrund ist der Anschluss Österreichs an das Dritte Reich 1938. Während der Film in Deutschland kaum bekannt ist, genießt er in den USA und vielen asiatischen Ländern Kultstaus. Japanische Reiseunternehmen etwa bieten Touren zu den Originalschauplätzen im Salzburger Land an, und in Nordkorea wird er sogar von regierungsoffizieller Seite promotet: Kinder in Uniform, die gemeinsam mit ihrem Vater musizieren, ist natürlich ganz nach dem Geschmack der kommunistischen Machthaber. Hier setzt dann auch die seit Jahrzehnten bewährte Entlarvungsstrategie von LAIBACH an. Einmal mehr legen die Slowenen die autoritär-manipulativen Mechanismen frei, die die Werke der populären Massenkultur mit der Propagandaindustrie totalitärer Systeme gemeinsam haben. Im Falle Nordkoreas paart sich mörderische Menschenverachtung mit Bildern vermeintlich fröhlicher Menschen, die in perfekt inszenierten Massenchoreographien auf Plätzen und in Stadien tanzen. So entsteht der Eindruck, als hätten sich in dem asiatischen Staat die finstersten literarischen Dystopien mit einen bonbonbunten Broadwaymusical verbunden. Durch die Intervention von LAIBACH fällt dieser Eindruck auch auf The Sound of Music und das System, das es hervorgebracht hat, zurück.

Ihre Interpretation der Sound of Music-Titel haben LAIBACH nun, endlich, möchte man sagen, im Studio eingespielt und veröffentlicht. Auf den pathetischen Bombast früherer Jahre verzichtet die Band mittlerweile und liefert stattdessen allerlieblichsten Elektropop, angereichert mit Streichern und Kinderchor. Stellenweise, etwa bei The Lonely Goatherd, erinnert das an die weihnachtlich gestimmten WHAM!. Das alles schmeichelt den Ohren, doch lauern gerade hier die Fallstricke: die Bisse dieser Ohrwürmer sind schmerzhaft, vor allem, wenn man sich auf das oben Gesagte besinnt. Dennoch: vielleicht waren es ja doch nicht die Sanktionen von Donald Trump, die zur jüngsten Entspannung zwischen Nord- und Südkorea geführt haben, sondern LAIBACH mit ihrer völkerverbindenden Musik…  (M. Boss)

Format: CD / LP