Der Postpunk Nachwuchs schläft nicht. Dies bewiesen gerade in den letzten Jahren die Auftritte vieler junger Bands wie Soft Moon, Lea Porcelain, Suir, Motorama, The Winter Severity Index+++und den jetzt aktuell zu besprechenden Whispering Sons aus Belgien z.B auf dem WGT bzw. deren fast durchweg tolle Longplayer. Die Belgier sind nach einer bis dato EP endlich mit einem kompletten Longplayer zur Stelle-pünktlich zur Uhren-Umstellung..den Einzug der kalten, tristen Jahreszeit. Dieses kalte, beklemmende Moment ist auch Kern der Musik der Belgier, wühlen Sie schwer in den minimalen, zerrenden Klängen des Cold Wave und Post Punks der 80er. Drum-Patterns, nörglige Goth-Delay Gitarren, schön im Vordergrund drängende Bassläufe und die mit hohem Wiedererkennungswert zu nennende Stimme von Sängerin Fenne Kuppens. Wer das Vergnügen hatte, die jungen Belgier bereits live erleben zu dürfen, der wird um die minimale, aber sehr drückend intensive Performance wissen, welche vor allem die Jungenhafte Sängerin mit Gestik/Mimik und ihrer Grabesstimme zu erreichen vermag. Das begeistert, holt den Hörer mit einer natürlich zur Schau gestellten Intensität ab, die für so eine junge Band schon beeindruckend ist. Nach der EP „Endless Party“ aus dem Jahr 2015 hat man sich in Brüssel für 10 Tage mit den angesagten Produzenten Folders&Vliegen (u.a. Sophia,El Guapo) ein Studio-Stelldichein geliefert, um in Nuancen eine neue aktuellere Sound-Ästhetik zu finden. Den Whispering Sons gelingt dieser Spagat aufs Vortrefflichste, vereinen sich wie bei den eingangs erwähnten jungen Post-Punkern auch hier schwer verzweifelte 80er Jahre Düsternis mit diesem Sound-Verständnis aus dem Hier und Jetzt, was diese gewisse Nähe zu angesagten Alternative-Acts nicht leugnen lässt und die Band nicht im blossen Anachronismus verkommen lässt. Songs wie „hollow“, „waste“ oder das verzweifelte „No Time“ mit seinen drängenden Bassläufen stehen exemplarisch für dieses spezielle Whispering Sons-Aroma , dieses Lauern, dieses unruhige Moment in der Stimme, im Song-Aufbau, was Kuppens irgendwann exaltiert kippen lässt, voller Leidenschaft. Das ist eines der herausstechenden Merkmale der Belgier, die gerade Live aufs eindringlichste diesen Aufwühl-Moment, dieses sich zuspitzende dynamisch aufs Feinste heraus zu kitzeln in der Lage sind. In diesen Momenten spitzen die Belgier die Dynamik-Kurve sehr eindringlich zu, und gerade live entlädt sich dieser Blitz bei Sängerin Fenne auf irgendwie bizarre, aber sehr sympathische Weise und geht 1:1 auf den Zuschauer/Hörer über. Dezente elektronische Einschübe wie im minimalen „Skin“, im verschleppten Slo-Mo Tempo mahnend, beschreiben das Gefühl von Distanz und Entfremdung, welches den Belgiern als Hauptinspiration für die neuen Songs als Konzept-Fundament zur Verfügung stand. Das aktuelle Werk „Image“ beschreibt einen eher bewegungslosen Zustand, in dem das Beobachten über dem Handeln steht, spiegelt die Künstlichkeit der Dinge und versucht doch, an Idealen festzuhalten. Die Dreiviertelstunde verharrt im tristen urbanen Zeitgeist..grau, dystopisch, mahnend, unterschwellig aggressiv bis zu verzweifelter Leere. Alles in minimalen Melodie-Mustern, die der Sängerin den Raum verleihen, den Sie stets und ständig über jeden Album-Track zu nutzen weiß. In dieser sehr dichten Sound-Geflecht verliert man sich all zu schnell, wissen tanzbare Mid-Tempo-Hits wie „Stalemate“ oder „dense“ einfach jedem Fan dunkler Sounds zu begeistern, währenddessen einsame Nacht-Sequenzen wie „Skin“ oder das schwer entrückte „No Image“ beste Isolations-Szenarien zaubern, das Herz schwer machen. Ganz den kraftvollen Vibe ihrer Live-Momente kriegen die Belgier nicht auf Platte konserviert, nichtsdestotrotz für Fans Old-Schooliger, aber auch zeitgeistigen Post-Punks/Wave eine lohnende Entdeckung.
(R.Bärs)
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