CEEYS – Waende (LP/CD)

Das klassische Duo CEEYS besteht aus Klavier und Cello bzw. den beiden Brüdern Sebastian und Daniel Selke, die in den 80er Jahren in Ostberlin sozialisiert wurden und seit dem diese prägende Zeit mit ihrer Musik versuchen in Klänge zu kleiden. Aufgewachsen in der Zeit des sogenannten real existierenden Sozialismus, genauer gesagt in der Plattenbausiedlung Marzahn-Hellersdorf, erlebten sie das letzte „graue“ Jahrzehnt der DDR intensiv mit und verarbeiteten ihre Erinnerungen daran schon auf dem letzten Album „Concrete Fields“. Das aktuelles Werk „Waende“ schließt jetzt nahtlos daran an und verweist im Titel auf den Mauerfall bzw. die sogenannte Wende und gleichzeitig auch auf die dünnen Betonwände von Marzahn-Hellersdorf. Die Zeit nach dem Mauerfall wird ja auch gern als „das wunderbare Jahr der Anarchie“ bezeichnet, aber neben der Aufbruchstimmung herrschten damals auch viele Zweifel und Ängste vor. Als wäre die minimale Musik von CEEYS an sich nicht schon melancholisch genug, drückt somit der konzeptionelle Hintergrund des Albums ebenfalls mächtig auf das Gemüt des geneigten Hörers, welcher eventuell eine ähnliche Werdegang wie die Selke-Brüder erfahren hat. Die dezent elektronische Unterstützung des Klavier-Cello-Sounds wird dabei durch originale analoge Synthesizern aus ostdeutschen und sowjetischen Klangschmieden bestritten, die mittels moderner Filter, Tremolos und Echos verfremdet werden. Im Verbund mit dem repetitiven Akustik-Spiel der Brüder ergibt das letztendlich einen leicht warmen dronigen Fluss, durch den die akustischen Töne wie herbstliche Tupfer wahrgenommen werden. In meiner subjektiven Wahrnehmung symbolisieren diese die vielen schönen Momente in der DDR, die es ja unbestritten gab und entwerfen trotz aller Minimalität letztendlich ein dichtes wie meditatives Hörbild einer längst vergangenen Zeit. Mag das Album auch auf den ersten Eindruck sperrig und experimentell erscheinen, gewinnt es bei konzentrierten Hören schnell an Struktur und Atmosphäre. Das Umsetzung von CEEYS beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Musik, denn begleitend dazu entstanden die Fotos für das Artwork mit originalen DDR-Equipment der Marken Reflekta und Zeiss. Dem nicht genug, gibt es noch im umfangreichen Booklet zum Hintergrund des Albums und den einzelnen Tracks zweisprachig ausführliche Infos. Das alles macht „Waende“ rundherum zu einem überaus spannenden und interessanten Konzept-Album über ein fast spurlos verschwundenes Land! (Marco Fiebag)

Format: LP/CD
Vertrieb: Neue Meister / Edel
 

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