1991 war „Das Boot“ ja quasi der erste deutsche Techno-Hit, welcher dem damaligen Underground-Sound half, in den Mainstream anzukommen und den Weg für SCOOTER, MARUSHA und andere Knallchargen zu ebenen. Seit dem gilt ja auch das Gesicht von U96, welches durch einen gewissen Alex Christensen dargestellt wurde, als Superproduzent und insbesondere diverse Privat-TV-Sender beriefen sich später auf seine „Expertenmeinung“. Fakt ist jedoch, das U96 nie wieder ebenbürtig an ihren ersten Erfolg anknüpfen konnten und in Folge recht ziellos auf die verschiedenen Trends der nächsten Jahre aufzuspringen versuchten, sei es nun Trance, Euro Dance, Hip Hop oder letztendlich sogar Deutsch Pop gewesen. Nach einer langen Pause taucht jetzt U96 wieder auf und überraschend ist Alex Christensen gar nicht mit an Bord! Offiziell heißt es nun, dass die Köpfe hinter dem Projekt schon immer Hayo Lewerentz und Ingo Hauss waren, die ja ebenfalls bei BOYTRONIC ihre Finger im Spiel haben. In den vergangenen Jahren scheint sich auf jeden Fall einiges angesammelt zu haben, denn das neue Album „Reboot“ von U96 bietet ganze 17 Tracks auf der Haupt-CD, wie noch eine Bonus-CD mit weiteren 8 Tracks beiliegt. Heraus gekommen ist dabei ein bunter Reigen aus verschiedenen Stilen, der zum Teil zwar recht beliebig erscheinen mag, jedoch auch ganz gut unterhalten kann. So dürfte die erste Single „Angels“ mit Gastsängerin Terry B! klar dem angestaubten 90er Euro Dance-Genre zugerechnet werden, welche aber unerwartet frisch und knackig ausgefallen ist. Ein weiterer überraschender Knaller ist „Zukunftsmusik“ in bester KRAFTWERK-Manier, für das Ex-Roboter Wolfgang Flür als Sänger gewonnen werden konnte und der beim „Hildebrandslied“ gleich noch mal ran durfte. Mit Joachim Witt steht dann ein weiterer Veteran der deutschen Musikgeschichte für U96 zur Verfügung und der mit „Quo Vadis“ ebenfalls eine sehr gute Leistung abliefert, wie eine etwas teutonisch-bombastische Facette bei U96 einbringt. Die anderen Tracks auf „Reboot“ sind dann ausnahmslos elektronisch treibender Natur mit Vocoder- oder Autotune-Vocals und streifen Genre wie Electro, Synth Pop, Minimal und natürlich Techno. Einiges klingt sogar ähnlich APOPTYGMA BERZERK und neben den bereits erwähnten Tracks mit Wolfgang Flür und Joachim Witt dürften insbesondere „60 Seconds“ und „Monkeys“ als Anspiel-Tipps für die „schwarze“ Szene geeignet sein. Im Laufe des Albums scheut man auch nicht vor einigen sperrigen Klängen und Richtungswechseln zurück, die man so von U96 nicht erwartet. Ich selbst hätte es nicht für möglich gehalten, jemals etwas positives über U96 berichten zu können, aber man sollte bekanntlich nie nie sagen und muss gestehen, das mir „Reboot“ sehr gut gefällt und das Album richtig gute Laune macht, wie ordentlich in die Beine fährt. Auf der Bonus-CD befinden sich übrigens die 6 Tracks der „Dark Matter“-EP, die bisher nur im Vinyl-Format erschienen ist und zusätzlich noch zwei Remixe bietet. Einer davon natürlich zu „Zukunftsmusik“ und die Fortsetzung der Arbeit mit Wolfgang Flür ist übrigens schon beschlossene Sache und ein komplettes gemeinsames Album in Arbeit. Man darf darauf gespannt sein, ob diese Kollaboration dann auch im Full Time-Format funktionieren wird und Substanz hat. Bis dahin ist der „Reboot“ von U96 auf jeden Fall schon mal geglückt! (Marco Fiebag)
Format: 2CD |
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