Wieder mal was „neues – altes“ von Elektroprojekt PARADE GROUND aus Brüssel. „Sanctuary“ ist der direkte Nachfolger vom 2007er Release „Rosary“ und trotz einer vielfältigen , groß angelegten Diskographie das insgesamt erst dritte „richtige „Album. Es wurde natürlich wieder von den beiden Protagonisten und Brüdern Jean Marc Pauly und Pierre Pauly, die seit 1981 aktiv sind, eingespielt und produziert. PARADE GROUND galten lange als die kultigen Elektro Pioniere der alternativen Independent Musikszene. Außerdem saß an den Reglern der neuen Platte kein Geringerer als Patrick Codenys von FRONT 242, was man teilweise unterschwellig auch wahrnimmt. In den letzten Jahren wurden zudem von bundesweiten Kultlabels wie Other Voices, Dark Entries und Infacted Classixx die etwas älteren Tracks der Belgier auf ehemals herkömmlichen Tonträgern wie Kassette und CD wiederveröffentlicht, wie eben auch nun das neue Werk „Sanctuary“. Beinflußt wurden PARADE GROUND zum Anfang ihrer Karriere von britischen Gruppen wie DRAHT, MAGAZINE und den BUZZCOCKS und irgendwie nähert sich das belgische Duo dieser Musikausrichtung auch wieder an. Die frühen Bands der End 70er / Anfang 80er Jahre aus dem EBM / Punk Bereich entwickelten sich größtenteils aus der Aggressivität des Punk heraus und gingen dann in den New Wave / New Romantic Ära der Mitte 80er Jahre nahtlos über. Man könnte also sagen, von der eisigen und radikalen Kältewelle hinüber zu mehr tanzbaren Sounds mit waviger Rhythmik und ausschließlich synthetischen Melodien. Diese musikalischen Wege und Umsetzungen kann man auch sehr gut in der Historie von PARADE GROUND verfolgen. Die Klänge von „Sanctuary“ erinnern ebenfalls ab und zu an die guten alten EBMler FRONT 242, ansonsten würde ich die generelle Mixtour als düsteren Dark Wave / Post Punk meets Cold Synth Wave bezeichnen, eigentlich dem Markenzeichen von PARADE GROUND. Die neue Platte ist nun aber eine sehr uneingängige, intensive, raue und teils etwas schräg avantgardistische oder auch experimentielle Angelegenheit und Ausrichtung im Sinne von Elektronischer Klangerzeugung geworden. Der dancige EBM Sound mit schnellen Rhythmen und echten Drums, fetzigen Bass und noisiger E Gitarre sowie den exclusiven Synthsounds geht diesmal in eine andere Richtung. PARADE GROUND klingen auf der neuen Platte eher weniger synthetisch als auf den bisherigen Alben, das ist in meinen Augen auf jedem Fall u.a. dem Gitarreneinsatz geschuldet. Die 14 Songs mit einer Gesamtspielzeit von 50 Minuten und eindringlichen Vocals bewegen sich im Dunstkreis der 80er Jahre, nur was früher am Synthiepop z.b. von AND ONE, GARY NUMAN und am EBM von INVINCIBLE SPIRIT, A SPLIT SECOND kratzte und diesen in vielen, älteren Songs auslebte, klingt auf dieser CD diesmal wie gesagt etwas mehr nach schweren Klängen in der Art wie JOY DIVISION, BAUHAUS , ALIEN SEX FIEND oder SUICIDE und SWANS. Die Platte ist sicherlich keine leichte Kost, so wie die eher eingängigen elektronischen Frühwerke von PARADE GROUND. Hier wird man sich wohl neue Hörerkreise erschließen müssen, denn die alten Fans, die auf poppige Melodien gehofft haben, könnten mit dem neuen, eher barschen Werk überfordert sein. Der neue Klangkosmos ist aber zeitlos, hypnotisch, kraftvoll und irgendwo auch markant, die traditionellen Songstrukturen wurden zugunsten von experimentellen, improvisierten, und einer einzigartigen, künstlerischen Kraft aufgegeben. Tip : Bitte keine Einzeltracks anklicken, sondern das Album einmal komplett durchhören, erst dann erschließt sich eventuell dem alten sowie neuen Hörer die nun etwas andere Ausrichtung von PARADE GROUND.
(S.Erichsen)
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