Die einzig wahren JOY DIVISION-Erben. Die NEW ORDER für die neue Generation. Besser als INTERPOL! Die Superlative und Referenzen überschlagen sich, wenn es um die britischen Indie-Waver EDITORS geht. Doch kann die talentierte Combo um den charismatischen Frontmann Tom Smith auf ihrem sechsten Album gänzlich überzeugen?
Als Symphatisant erster Stunde ist es schwierig eine EDITORS-Platte zu besprechen, bin ich einerseits bestens mit dem Schaffen der urspünglich im Indie-Rock beheimateten Band aus Birmhingham vertraut. Begeistern konnten sie mich allerdings – wie höchstwahrscheinlich die Masse ihrer Anhänger – erst wirklich mit dem großatigen dritten Album „In this light and in this evening“, dass mit einer Mischung aus DarkWave, Electro-Pop und hymnischen modernen Rocksongs ein Hit-Feuerwerk sondersgleichen ablieferte und für die BLACK-Leserschaft zum persönlichen Inventar gehören sollte. Es folgte eine solide aber etwas zu größenwahnsinnige Stadion-Rock-Platte (The Weight Of Your Love), mit cheesy Mitsings-Refrains und kitschigen Balladen und eine interessante Hinwendung zum weniger kommerziellen Kammerpop („In Dream“). Wohin will der Sechser nun auf Album Nummer Sechs?
Drei Jahre haben sich EDITORS für ihr Folgewerk Zeit gelassen. Drei Jahre, um dann nur eine „okaye“ Platte abzuliefern? Sind die eigenen Erwartungen zu hoch? Ist das Potenzial ausgeschöpft? Moment. EDITORS sind noch immer eine überaus musikalische und experemtierfreudige Band. Eingängige und dennoch komplexe Pop-Arrangements wechseln sich mit der deutlichen Liebe zu analogen Synthesizern-Hymnen ab, nur um dann in typischer Britrock-Manier wieder das eigene Düster-Image zu dekonstruieren.
Zeitlos, das ist ein Begriff, den ich gerne mit EDITORS verbinde. Denn auch wenn ihre ersten beiden Alben stilistisch und musikalisch sicher zu den schwächeren gehören und den Weg der Selbstfindungsphase einleiten, finden sich doch bereits dort die Stärken der Band, allen voran das unverkennbare Bariton von Tom Smith sowie die Melodieverliebtheit und bandtypische Eingänigkeit ohne dadurch an Tiefe zu verlieren. Vor allem ist es Seele, die ihre Musik schmückt. Ganz so dunkel wie 2009 wird es zwar auch auf „Violence“ nicht mehr, doch die melancholische Schwärze und der adrette Look bleiben weiterhin Markenzeichen.
Auch wenn der eröffnende Sechsminüter sich noch an „The Weight Of Your Love“ anlehnt und eine tanzbare Rocknummer aufs Parkett schmettert, begeistert die Band ab dem zweiten Song, wenn den charakteristischen Elektronikeinflüssn dezent bis omnipräsent („Darkness At The Door)“ Einklang gewährt wird. Die erste Single-Auskopplung „Magazine“ hat dann wieder den Wumms einer knackigen Nummer mit Widererkennungswert und hymnischem Power-Refrain. Stylisches Video inklusive.
Insgesamt neun Stücke in knapp 45 Minuten, das ist kompakt und dem Zeitgeist geschuldet; ist die heutige Aufmerksamkeitsspanne der anvisierten Anhängerschaft sicher nicht auf Albumlänge programmiert. Für Die-Hard-Fans und echte Musikfreunde gibt es aber noch eine lohnenswerte Limited Edition mit Bonus-Tracks. Produziert wurde das Werk übrigens von Leo Abrahams (Wild Beasts, Florence And The Machine) sowie Benjamin John Power (Blanck Mass, Fuck Buttons), die der edlen Hülle noch einen warmen und druckvollen Mantel verpassen durften.
Viel Gerde um Nichts? EDITORS liefern mit „Violence“ eine überdurchschnittlich gute Platte ab. Für die Maßstäbe, an der man diese Band misst, ist das ein akzeptables Urteil. Alles andere wäre übertriebene Erwartungshaltung.Ob der ganz große Wurf mit Album Nummer Sieben noch kommen wird? Oder wird „In this light and in this evening“ auf Ewig das persönliche Opus Maximum bleiben? Den kommerziellen Erfolg gönne ich dieser Band dennoch von ganzem Herzen. Eine Durchschnittsplatte der EDITORS ist immer noch um Längen besser als der ewige Versuch dutzender Klon-Bands aus aller Welt den einzig wahren Joy Division-Sound kopieren zu wollen ohne den Mut aufzubringen sich weiterzuentwickeln. Und wer Musik wirklich lebt und liebt, aber auch ein Verständnis für Musiktheorie mitbringt, der ist sicher auch bereit die stilistische Entwicklung seiner Lieblingsband mitzugehen.
(D. Charistes)
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