Als Anfang 2017 KLEZ.E mit ihrem vierten Album „Desintegration“ relativ unerwartet nach langer Pause einen ungewöhnlichen Stilwechsel hinlegten, hätte ich ehrlich gesagt nicht gedacht, das dies von Erfolg gekrönt sein wird, doch der Reihe nach: KLEZ.E waren in den Nuller-Jahren eine der vielen neuen deutschsprachigen Gitarrenbands und dabei relativ unauffällig. 2009 erschien mit „Vom Feuer der Gaben“ ihr bis dato letztes bzw. drittes Album und danach konzentrierte sich Bandkopf Tobias Siebert auf seine Produzententätigkeit für unter anderem KETTCAR, PHILLIP BOA & THE VOODOO CLUB oder ME AND MY DRUMMER. Anfang des Jahres dann plötzlich „Desintegration“ und KLEZ.E im neuen (und doch so altem Sound) und zum Trio geschrumpft. Tobias Seibert sah dabei jetzt aus wie Robert Smith und auch alles andere klang wie deutete auf THE CURE. Insbesondere bezog er sich auf das große „Disintegration“-Album der Kult-Band, welches ja damals gerade 1989 in die Zeit des Mauerfalls fiel und für Ostler Tobias Siebert (und viele andere auch) der Soundtrack für diese unruhige Epoche war. Mit „Desintegration“ nahmen KLEZ.E diesen Faden „der Schicksalsmelodie für den kommenden Aufstand“ nach fast 30 Jahre wieder auf und ließen die Gitarren flangern, den Bass grummeln, elegische Synths und die Drums stoisch marschieren. Oben drauf gab es lethargisch-wimmernden Gesang und deutsche Texte mit zum Teil aktuell politischer Gewichtung. Das dieses Konzept aufging, davon zeugte eine fast komplett ausverkaufte Album-Tour, der aktuell gerade eine weitere in größeren Hallen folgt. Ebenso wie THE CURE, die im Anschluss an „Disintegration“ das Live-Album „Entreat“ veröffentlichten, schieben jetzt KLEZ.E mit „November“ gleiches nach. Aufgenommen an verschiedenen Orten der Frühjahrs-Tour, bietet „November“ insgesamt 15 Tracks, wobei auch einige ältere Song dem aktuellen tristen Düsternebel-Sound angepasst wurden, was dann überraschend gut funktioniert. Allgemein sind die Songs zum Teil mehr in die Länge gezogen bzw. ausufernd, was ich irgendwie auch besser finde und mit „Raupe“ gibt es sogar einen neuen mit oben drauf. Die Aufnahmequalität der Livemitschnitte ist sehr gut und selbst die euphorischen Publikumsreaktionen werden atmosphärisch wiedergegeben, aber leider fand auf der Vinyl-Ausgabe der Song „Im Raum mit Toten“ keinen Platz mehr. Da ich persönlich bei Live-Alben jedoch meist die CD-Variante bevorzuge, stellt das zumindest für mich kein Problem dar und am Ende finde ich „November“ sogar noch kompakter bis besser gegenüber dem eigentlichen „Desintegration“-Album. (Marco Fiebag)
Format: 2LP/2CD |
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