Sie sind laut, sie sind schrill, sie sind catchy und sie sind wahnsinnig. Der Franzose Franck Hueso ist das, was man gegenwärtig einen viralen Hype nennt. Mit seinem dramatisch-tanzbaren Synthwave-Techno, Marke 80er-Jahre, hat er sich in den letzten drei Jahren eine enorme Fangemeinde erspielen können. Unermüdliches Touren, konstante Qualität und eine geheimnisvolle Identität, die es zu schützen gilt, machen CARPENTER BRUT zu einem der interessantesten Projekte der Synthwave-Szene. Vor kurzem wurden die drei bisher veröffentlichten EP´s zu einer CD-Compilation namens „Trilogy“ zusammengefasst. Der französische Neon Demon, der bei Konzerten mit Drummer und Gitarrist performt, und stilistisch das Beste der letzten beiden JOHN CARPENTER-Alben herauskitzelt ist vor allem live eine ekstatische Erfahrung. Goblin-Prog, Italo Disco und 80s-Feeling wurden schon lange nicht mehr so intensiv zusammengefasst. Es wurde daher dringend Zeit, bei dem ominösen Produzenten, dessen Herz für den Metal schlägt, anzuklopfen und zum Gespräch zu bitten.
? Hallo Franck, schön, dass du Zeit für das Interview gefunden hast. Lass uns über euer Lieblingszeitalter, die 1980er sprechen. Was fasziniert dich bis heute an dieser schillernden Ära?
Die 80er waren verrückt: Verrückte Musik, verrückte Typen, verrückte Filme. Alles war irgendwie so abgedreht. Die Unterhaltungsindustrie hatte die Wohnzimmer mit neuen Spielkonsolen voll im Griff, neue Technologien dominierten den Markt, wie Walkmans oder Home Computer. Filme wurden gewaltige Blockbuster und Special Effects in hatten ihre glorreiche Zeit. Es ist, als ob du eine Überraschungsbox mit den unterschiedlichsten Zutaten und Gegenständen mischt. Daraus entstammt meine Inspiration. Aus einer Zeit, in der das Leben irgendwie magisch und aufregend war. Das waren für mich die 1980er!
? Du selbst entstammst der Metal-Szene. Kannst du uns ein wenig über deine musikalische Sozialisation erzählen und wie aus diesem Zusammenhang CARPENTER BRUT entstanden sind?
CARPENTER BRUT ist mein Soloprojekt. Auch wenn ich live mit Gitarrist und Drummer performe, komponiere ich ausschließlich alleine. Diese Art der Musik ist alleine wesentlich einfacher als mit einer Band zu generieren – und ich möchte auch keine Kompromisse mit einem Haufen voll von Dickköpfen eingehen. Ich war immer ein Kind der Subkultur, habe viel Metal gehört, war aber auch dem Mainstream nicht abgeneigt. Ich behaupte nach wie vor, dass die Subkultur immer den kulturellen Mehrwert gegen den Mainstream gewinnen wird – vor allem aus künstlerischer Sicht. Dennoch findet man in beiden Welten herausragende musikalische Qualität. Früher in den 80ern konnte man noch davon ausgehen, dass eine Produktion mit fettem Budget einen großartigen Film zur Folge hat. Heute ist es das Gegenteil: Desto teurer die Produktion, desto mieser der Film.
? Hast du eine Antwort darauf, warum dieses Synthwave-Ding gerade in der Metalszene so gut ankommt?
Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung. Vielleicht weil tatsächlich viele Synthwave-Komponisten aus dem Metal kommen und diese oft traditionell oft der Symphonischen Musik bzw. Klassik entstammen. Tatsächlich ist dieses Subgenre fast überall in der Metalszene populärer als in der Electro-Szene. Ich würde es aber nicht als Hype oder Trend bezeichnen, dafür ist der Sound ohnehin zu cheesy. Ich liebe es, mächtigen Typen in schwarzen Black Metal-Shirts dabei zuzusehen, wie sie zu Synthwave abtanzen. Nun gut, die Themenspanne bleibt für sie zumindest gleich: Tod, Horror und Gewalt (lacht).
? Wie entsteht dein charakteristischer Sound? Hast du gesagt, „ich steh auf John Carpenter und Tangerine Dream – und jetzt mische ich das und schaue mal, was dabei rauskommt, wenn ich noch meinen Metal Background integriere“?
Du kannst noch das französische Dance-Projekt JUSTICE als weitere Inspirationsquelle hinzufügen. Ich war schon immer daran interessiert, gute Musik miteinander zu kombinieren. Ich kann kein Instrument gut spielen, also habe ich mich für den Synthesizer entschieden. (lacht) Es ist schlichtweg das einfachere Instrument als beispielsweise die Gitarre. Daher konnte ich auch nie wirklich ein Metalprojekt im Alleingang starten, auch wenn mich das immer gereizt hat. Ich wollte aber schon in meiner Vision etwas völlig eigenständiges machen und nicht nur eine weitere beliebige Metalband sein. Daher ist CARPENTER BRUT auch kein Projekt, das Metal mit Synthesizern spielt, sondern ein Projekt, das dunkle und groovy Musik gleichzeitig vereinen soll. Und gerne noch mehr darüber hinaus.
? CARPENTER BRUT sind vor allem eine Band für alle Horror-Fanatiker. Deine Artworks leben von dieser trashigen B-Movie Ästhetik. Was sind deine Lieblingsfilme und Regisseure?
Als ich jung war, habe ich mir massenweise Horrorfilme reingezogen. Allerdings habe ich die Hälfte der Filme schon wieder vergessen. Mein absoluter Liebling bleibt aber THE THING neben BLADE RUNNER oder ROBOCOP, was wiederum keine wahren Horrorfilme sind. Ich erinnere mich auch noch an NECROPILIAK und natürlich TEXAS CHAINSAW MASSACRE, BRAINDEAD, BAD TASTE oder STREET TRASH – die sind dazu noch viel witziger! Klar hat mich das geprägt, aber nein, ich könnte keine repräsentative Liste erstellen.
? Deine Musik hat eine sehr eigenständige und ausgeprägte Atmosphäre. Wie komponierst du dramaturgisch? Sind da zuerst Bilder, Narrative, die die Songs als Gerüst darstellen?
Ja, tatsächlich möchte ich im Song eine Geschichte erzählen. Ohne den passenden Inspirationsgedanken könnte ich keine gute Musik produzieren. Auf „Paradise Warfare“ beispielsweise ist die Grundidee, dass Zombies am Venice Beach herumlungern und gelangweilt sind. Dann sehen sie einen Jogger vorbeikommen und beschließen zu rennen und ihn zu jagen. Sie kriegen ihn, fressen ihn auf, langweilen sich aber anschließend weiter. Klingt logisch, oder? (lacht) Da ich ohne Lyrics arbeite, ist meine Kunst die Message über eine abgedrehte Stimmung zu generieren.
? Ist es für dich generell wichtig, Kompositionen mit einem visuellen Startpunkt zu beginnen oder funktioniert dein kreativer Prozess restriktiv? Und was kannst du uns in diesem Zug zur Kooperation zum TURBO KILLER-Video erzählen?
Du brauchst einen Fixpunkt, sonst wanderst du umher und verirrst dich irgendwann im Prozess des Songschreibens. Das ist für mich auch der Grund, warum ich die Ideen auch in thematischen EPS oder Alben zusammenfassen möchte. Nur so kann ich Gedankenexperimente abschließen. Für das Video zu TURBO KILLER habe ich Seth Ickerman gefragt, ob er nicht eines dieser geheimen Videos in petto hat und tatsächlich wurde ich nicht enttäuscht. Die Visual Effects sind wirklich beeindruckend und das gesamte Video ist ein aufregeneder Trip. Szenario, Cast, Visual Effects sind von ihm – dennoch konnte ich meinen Beitrag für dieses schräge Univerusm erfüllen.
? Gibt es weitere artverwandte Genre-Künstler, die du an dieser Stelle empfehlen kannst?
Wenn du du auf CARPENTER BRUT stehst, wirst du folgende Projekte mögen: VOLKOR X, DAN TERMINUS, GOST; PERTURBATOR, TOMMY 80s. Wer sich im Allgemeinen für Synthetic Music interessiert, sollte auf Facebook der gleichnamigen Gruppe beitreten. Das ist ein großartiges Forum, um neue Musik zu entdecken und Gleichgesinnte zu treffen.
? Wann dürfen wir mit neuer Musik von CARPENTER BRUT rechnen?
Wahrscheinlich nicht vor 2018. Bisher groove ich noch mit der „Trilogy“ durch die Welt. Ich habe einfach zero time!
Vielen Dank für das Interview.
(D. Charistes)
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