Für einige Jahre waren die Doors meine unangefochtene Lieblingsband und ihr Sänger Jim Morrison mein absoluter Abgott. Die Doors-Platten liefen bei mir in Endlosschleife und ich war bestrebt, alles an deutschsprachiger Literatur über die Band und ihren Frontmann in die Finger zu bekommen – und da zeichnete sich das Angebot Mitte der 1980er-Jahre vor allem durch Übersichtlichkeit aus. Mittlerweile hat sich das Bild deutlich gewandelt, scheint doch jeder, der mal irgendwie mit Jim Morrison zu gehabt hatte, auch ein Erinnerungsbuch oder einen Roman über „seine Zeit“ mit „seinem Jim“ geschrieben zu haben. Dies vor Augen fragt man sich zunächst, ob die nun im Hannibal-Verlag erschienene Doors-Monographie der Musikjournalistin und Rock-Historikerin Gillian G. Gaar wirklich nötig war, um nach einem raschen Blick in das Buch zu dem Schluss zu kommen: ja, sie war durchaus nötig.
Gaar zeichnet zunächst, beginnend mit kurzen Lebensbeschreibungen der Band-Mitglieder Jim Morrison, Ray Manzarek, Robbie Krieger und John Densmore, die Geschichte der Doors nach: die Gründung der Gruppe 1965 in Los Angeles, die ersten Auftritte, der kometenhafte Aufstieg nach Veröffentlichung des Debutalbums The Doors 1967, schließlich der skandalreiche Niedergang, der 1971 mit dem Tod Morrisons in Paris endete. Gemeinhin enden Biografien über die Doors an diesem Punkt, nicht jedoch bei Gaar: sie, und dies macht die besondere Bedeutung ihres Buchs aus, erzählt auch die Geschichte der Doors nach Jim Morrison. So berichtet sie vom Versuch der überlebenden Mitglieder, die Doors als Trio weiterzuführen und stellt die bis zur endgültigen Auflösung der Gruppe 1973 entstandenen Alben Other Voices und Full Circle vor. Ferner zeichnet Gaar die mehrfachen Versuche einer Reunion nach sowie die damit verbundenen Rechtsstreitigkeiten um Namensrechte, bei denen sich die Parteien Manzarek / Krieger auf der einen und Densmore (gemeinsam mit der Familie von Jim Morrison) auf der anderen Seite juristisch bekämpften. Dieser Konflikt wurde erst nach dem Tod von Ray Manzarek 2013 gänzlich beigelegt.
Abgerundet wird der Band durch Kurzvorstellungen sämtlicher Studioalben der Doors durch namhafte Musikjournalisten wie Harvey Kubernik oder Domenic Priore, einer Liste sämtlicher Live-Auftritte der Doors sowie einer Auswahl-Diskographie. Ferner finden sich in dem üppig illustrierten Buch bisher noch nie oder nur selten gezeigte Fotos (etwa von Morrison und seiner Dauer-Lebensgefährtin Pamela Courson) sowie zahlreiche Abbildungen von Doors-Memorabilia, die den besonderen Geist der späten 1960-Jahrer mit ihrer ganz eigenen Ästhetik wieder lebendig werden lassen. So erweist sich Gillian G. Gaars Monographie als eine wahre Fundgrube, für den Altfan ebenso wie für alle diejenigen, die die Doors gerade erst für sich entdeckt haben.
M. Boss
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