Da ist noch nicht mal Sommer (und es wird wohl auch keiner werden) und schon steht der Herbst vor der Tür. Genauer gesagt HERBST IN PEKING und mit ihnen DAS Album des Jahres 2016! Seit einigen Jahren ist die Band aus der ehemaligen DDR in verschieden Besetzungs-Konstellationen wieder richtig aktiv und hat inzwischen neben Rex Joswig als unbestrittener Kopf des Projektes, zusammen mit Thor Sten Beckmann und King Snow an den Gitarren sogar eine gewisse Kontinuität erreicht. Das dieses Trio nicht nur Live sehr gut harmoniert, bewies ja schon die großartige „The Tyger & The Fly“-EP im Jahre 2014, der nun endlich ein komplettes Album folgt. Dieses ist genau genommen ja erst das zweite richtige Vollzeit-Werk nach „Feuer Wasser & Posaunen“ von HERBST IN PEKING, wenn man das Live-Debüt, die Remix-CD, die Mini-Alben und EPs mal außen vor lässt. Und es ist mal wieder überraschend anders geworden und wartet mit einer subtilen Minimalität und Direktheit auf, die ich so von der Band nicht unbedingt erwartet hätte. Der Dub-Einfluss der letzten Jahre spielt bei den insgesamt 9 neuen Songs auf „Splitter der Schöpfung“ kaum mehr eine Rolle und ist einem eher härteren wie straighten Beat und einer gewissen latent-aggressiven Stimmung gewichen. „Bang Bang“, „Immer wenn es regnet“, „Ich bin nichts“ und „Der jüngste Tag“ sprechen hierfür eine klare Sprache, wobei es in der Tiefe dieser Songs gefährlich brodelt, ohne das es letztendlich zum großen Ausbruch kommt – genial in dieser Form! Bei „Sehn=Sucht“ wird ein weiteres Mal die herrliche Poesie von „Der Mond“ aufgegriffen, welche ja schon durch die legendäre „Grenzpunkt Null“-Radiosendung und von der bereits erwähnten „The Tyger & The Fly“-EP bekannt sein dürfte. Die faszinierenden Verse werden hier in ein Off Beat-Rhythmus-Korsett gepresst und dezent wie wahnsinnig hypnotisch durch eine herrliche Gitarrenmelodie veredelt. Ähnlich bezaubernd in seiner Instrumentierung ist „In kalter Nächte Lauf“, dessen Text für HERBST IN PEKING-Verhältnisse zwar absolut banal ausfällt, aber einfach nur schön ist. „Downtown Sirius Bar“ und „We Are Instruments“ sind dann ausufernde Trance-Songs im Stile ihres Klassikers „Shame“ und laden förmlich zum weg driften aus dem Hier und Jetzt ein. Der abschließende „Dunkler Shanty“ fällt in der Instrumentierung mit Akustik-Gitarre und Heimorgel etwas aus dem Rahmen und war ja eigentlich schon auf der Best Of „Ex Oriente Lux 1987-2012“ zu finden. Jener stammt noch aus einer Session der HIP-Besetzung mit Tom Krimi und Alex Istschenko, wäre allerdings viel zu schade gewesen, um auf der limitieren Best Of sein verstecktes Dasein zu fristen. Auf „Splitter der Schöpfung“ findet er jetzt als Ausklang einen gebührenden Platz und beschließt das Album in bester Maritim Noir-Manier. Nach mehrmaligen intensiven Hören entwickelt das Album ein ungeahntes Suchtpotential, welches sich bei nur einmaligen Antesten nie einstellen bzw. überhaupt erschließen würde und deshalb gebt ihm itte nicht nur eine Chance! Die CD ist direkt über die Homepage der Band und natürlich auf den Konzerten der Herbst-Tour erhältlich. (Marco Fiebag)
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