THE BLACK HEART REBELLION – People, When You See The Smoke, Do Not Think It Is Fields They´re Burning (LP)

the black heart rebellion coverBelgien, und immer wieder das vor kontemporärer Innovationskultur übersprudelnde Städtchen Ghent in Ostflandern, hauptsächlich aber der philosophische Überbau des Church-Of-Ra-Zirkels – liefert gegenwärtig die besten Bands im Dunstkreis Sludge, Post-Hardcore und Black Metal. THE BLACK HEART REBELLION stehen zwar noch etwas im Schatten ihrer großen Brüder AMENRA, OATHBREAKER und WIEGEDOOD, liefern mit ihren Alben aber regelmäßig gleichbleibend hohe Qualität ab.

Mit „People, When You See The Smoke, Do Not Think It Is Fields The´re Burning“, ihrem dritten Album in zehn Jahren Bandgeschichte, scheint die Transformation der Selbstsuche vorerst abgeschlossen zu sein. Nach experimentellen Anfangstagen und Straucheln in Postrock, Screamo und Post-Hardcore besinnen sich die sechs Musiker auf ihre naturalistische Dark Folk-, Ritual-, Tribal- und Doom-Tradition, geben dieser mit einem kryptisch-poetischen Artwork einen Rahmen und liefern für viele Anhänger des exquisiten Zirkels eine der TOP 10-Platten des Jahres ab. Ende Oktober auf dem Ghenter Sub-Label 9000 Records via Consouling Sounds veröffentlicht, ist es spätestens jetzt an der Zeit, diese interessante Ausnahmeband kennen zu lernen. Denn wenn das US-Subkultur-Portal und Szene-Organ CVLT NATION die Platte zu einer der zehn besten und relevantesten Scheiben des Jahres wählt, muss aufgehorcht werden.

THE BLACK HEART REBELLION setzen sich mit ihrem uniquen Sound, der bei geeigneter Stimmungslage beinahe schon festlich anmuten kann, ein eigenes Denkmal. Wo früher noch elegische Songstrukturen dominierten, kreischende Wutausbrüche mit stimmungsvoll melancholischen Gitarrenparts gekoppelt waren, besinnt man sich fortan auf archaische Strukturen, puristisch-hölzerne Percussion und der Rückbesinnung auf Natur und Spiritualit sowie komplementäre Besinnung auf biblischer Bilder, wie es schon zu Zeiten von „Har Nevo (2013)“ Tradition hatte – jener Berg, von dem aus Moses nach jahrzehntelanger Wanderung das Land der Verheißung erblickte. Alles wirkt wie in einen Schleier gehüllt. So minimalistisch, nebulös und leise die Platte erstmals erscheint, so abwechslungsreich und detailverliebt bleibt jeder Hördurchgang auf ein Neues eine beseelte Entdeckungsreise durch durchdachte Gefilde aus Rhythmik, Lyrik und Religiösität.

Ästhetik und das Streben nach literarischen Bezügen sind, neben dem fast schon rituellen praktizierenden Schamanismus während ihrer Live-Shows, ein weiteres Trademark der Belgier. Tituliert ist die Platte nach einem Poem des Japaners Baika Kitagawa, während sich der Sechser konzeptionell unter anderem mit einem goldenen Artefakts namens „Hobo“ beschäftigt, welches unter dem siberischen Volksstamm der Yakut verehrt wird. Auch der Bezug auf Animismus, einer schriftlosen Religion, die vor allem bei indogenen Völkern verbreitet ist, trägt zur geheimnisvollen Grundstimmung der Platte bei. Sie lädt zwangsweise zum Selbsstudium und Mehrwissen ein. Ja, TBHR sind eine Band, die es schafft den Gang in die Bibliothek zu beflügeln. Musik, die parallel laufen darf, während Lektüre zu Alchemismus und Okkultismus auf dem Nachttisch liegt.

Scheint der intellektuelle Gestus zuerst abzuschrecken, öffnet sich bei näherem Betrachten eine Pforte ins Licht. Hat man den puristischen Grundsound schließlich verinnerlicht tritt die Sucht ein. Das Streben nach Verständnis und Wissen. Wer oder was ist diese Band? Was wollen sie tatsächlich ausdrücken? Rätselhaft, mysteriös, manchmal gar weltfremd und isoliert scheint sich die Band in ihrer eigenen Welt gänzlich wohlzufühlen, begeistert erstmalige Showbesucher vor allem live durch ihre unahbare Intensität. Es bleibt ein philosophisch-angehauchter Atlas zu einer tief verbundenen naturmystischen Liebe und dem innerlichen Streben nach Perfektion eines sektenartigen Kollektivs.

THE BLACK HEART REBELLION sind eine Band, die nicht stehenbleiben wird, die sich stets weiterentwickeln möchte, sich dennoch Traditionen verpflichtet sieht und deren kommende Alben gar einen gänzlich anderen Sound tragen werden. Sie möchten Songs schreiben, die die Seele berühren und den Kopf anregen. Das ist ihnen mit den acht neuen Werken (zwei auf jeder Vinylseite) gelungen. Besonders schön sind die Stücke unter weiblicher Beteiligung von Annelies Van Dinter, die das repetetive Schlagzeug- und hypnotische Gitarrenspiel, garniert mit ausdrucksstarken Sprechgesang, mit ihrer Feminität und Zärtlichkeit zwischen all der Verkopftheit veredelt.

Irgendwo zwischen CAN, CRIPPLED BLACK PHOENIX, SWANS, AMENRA und CULT OF YOUTH liegt der Grundstein zum tieferen Verständnis dieses Überalbums, dass, wenn man sich darauf eingelassen und die dazugehörigen Querbezüge studiert hat, einen Platz als langjähriger Begleiter im eigenen Leben antreten wird.

(Dimitrios Charistes)

Format: LP
Vertrieb: 9000 Records
 

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