Die Alben von Sergiy Fjordsson tragen schwer depressive Titel wie „Ein Ort zum Sterben“, „Der Schein des Schwärzesten Schnees“ oder „Abstrakter Wald“. Kenner der Codes wissen nach umgehender Analyse von Schwarzweiß-Ästhetik und schwermütigem Grundtenor gleich, dass es sich bei MOLOCH um ein zutiefst suizidales Depressive Black-Metal Projekt handelt. Bereits im April erschienen, gerade aber jetzt im klirrenden Winter sein Potenzial entfachend, bringt uns das Ein-Mann-Black-Metal-Projekt MOLOCH aus der Ukraine ein zutiefst bedrückendes Album in die Vorweihnachtszeit – übrigens sein bereits 95. Tonträger. Viel Spaß beim Sammeln. Bereits die Bilder auf der Homepage des Musikers zeugen von einer tiefen Naturverbundenheit und gleichzeitiger Weltabgeschiedenheit, die der Musiker pflegt. Vor allem schneebedeckte isolierte Wanderhütten in tiefster Waldespracht scheinen die Faszination des Eigenbrödlers zu erwecken. Mit seinen mannigfaltigen Veröffentlichungen auf diffusen US-Kleinstlabels, darunter aber auch so illustren Namen wie Cold Spring, scheint es Fjordsson eine Herzensangelegenheit zu sein, die finstersten Stunden seiner Seele in Musik zu transformieren. Womöglich wäre er sonst längst tot. War das zu abgedroschen?
Fjordssons Mission räudigen, rohen Oldschool-BM zu liefern, erfüllt er auf seinem neuesten Werk, dass wie die Platten von DBM-Ikone XASTHUR enormen Qualitätsschwankungen unterworfen ist. Während sich stilistisch alles zwischen der ewigen Wiederholung von DARKTHRONE oder BURZUM-Motiven in dilettantischer Low-Fi-Aufnahmequalität mit zum Anschlag aufgedrehten Reverb dreht, wirken die neun Stücke oft fragmentarisch und unfertig. Schön, dass man aus Marketing-Gründen, dies als „Dissonant Black Metal“ verkaufen und so auf eine abgesteckte Käuferschicht hoffen darf. Das Depressive Black Metal mittlerweile zu einem eigenen Markt innerhalb der Nische geworden ist, ist längst kein Geheimnis mehr. Doch viele der Stücke zeugen von einem dilettantischen Improvisationstheater, welches die ewige Frage aufwirft, ob denn heutzutage alles verwertbar ist und veröffentlicht werden muss. Das beeindruckendste Element an „Die Isolation“ sind noch die stimmungsvollen schwarzromantischen Songnamen wie „Die letzten Strahlen der Sonne verblassen in der Kälte der Apathie“ oder „Das Leben ist wie ein verwunderter Vogel, der langsam vom Himmel fällt“. Den Exotenbonus gibt es für das Festhalten der ukrainischen Sprache. Mit dem zwanzigminütigen Track 9 „Abgrund meines Wesenz“ gibt es noch obligatorisch wabernden VELVET CACOON-Dark Ambient.
Hin- und hergerissen zwischen stiller Faszination und kopfschüttelnder Haltung einer rasch anschreitenden Kommerzialisierung eines Subgenres komme ich zu dem Urteil, dass dieser Durchschnitts-Release melancholische Neueinsteiger bei Erstkontakt durchaus infizieren kann und zu „unterhalten“ vermag. Kenner finsterster BM-Kunst lächeln und hören weiter die unvergessenen untoten Originale STERBEND, NOCTURNAL DEPRESSION oder ABYSMALL SORROW.
Eine persönliche Empfehlung für qualitativ-haltbaren DBM gebe ich an dieser Stelle auch noch auf den Weg. Mit „Lupus Est Homo Homini“ von Tempers Creature, die für viele Genre-Fans das DBM-Album des Jahres veröffentlicht haben, gibt es hochwertig-mystische Klangeskunst, die bevorzugt in unbeleuchteten Höhlen konsumiert werden darf. Falls das für die noch vitale Anhängerschaft noch zutreffen mag.
(Dimitrios Charistes)
Format: Tape/CD/LP |
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